Inhaltszusammenfassung:
Es wurden folgende Arbeitshypothesen überprüft:
1. Paracetamol führt im Tiermodell, insbesondere in der Kombination mit Coffein, bei freier Substanzwahl zu einem kontrollierten, flexiblen Einnahmemuster und schließlich zur Ausbildung einer Sucht.
2. Individuelle Verhaltensmerkmale der Tiere lassen Rückschlüsse auf das Einnahmeverhalten zu.
3. Coffein und Paracetamol besitzen psychomotorische Effekte, dabei agieren die Effekte von Coffein und Paracetamol nach akuter Verabreichung nicht-additiv miteinander. Zudem wirkt sich die akute Verabreichung von Paracetamol, Coffein oder einer Kombination beider Substanzen auf das Verhalten der Tiere einerseits und auf das anschließende Konsumverhalten der Tiere andererseits aus.
Ad 1.
Im Verlauf des Langzeit-Trink-Wahlversuchs fanden sich mehrere Indizien für das Vorliegen eines kontrollierten Konsums, entsprechend der zweiten der vier Phasen des Konzeptes des freien wahlweisen Zugriffs auf die Substanzen. Als erstes Indiz zeigte sich, dass Änderungen der Haltungsbedingungen Einfluss auf die freiwillig eingenommenen Tagesdosen hatte. Das zweite Indiz fand sich in der Stabilität des Einnahmeverhaltens, die sich nach der Eingewöhnungsphase einstellte.
Der spontane Anstieg der konsumierten Substanzmenge, wie er in der Phase 3 des oben genannten Konzeptes beschrieben wird, fand sich in der vorliegenden Studie nicht. In der vierten und letzten Phase war ein überschießender Wiedereinstiegswert zu beobachten, der einerseits an den von Sinclair und Senter (1968) beschriebenen Alkohol-Deprivationseffekt erinnert, anderseits aber auch wie ein Einstiegswert substanznaiver Tiere gewertet werden könnte. Nach Vergällung der Substanzlösungen mittels Chinin ging der Konsum auf ein Minimum zurück. Somit kam es nicht zum Kontrollverlust als Nachweis einer Suchtentwicklung.
Ad 2.
Die durch die Aufzeichnung der tetradischen Encounter gewonnen Kenntnisse über die individuellen Verhaltensmerkmale der Tiere ließen sich in der vorliegenden Arbeit nicht in einen Zusammenhang bringen mit den von ihnen konsumierten Substanzdosen.
Ad 3.
Bei der Verhaltensaufzeichnung nach Akut-Applikation der verschieden Substanzlösungen im Akutversuch fanden sich keine eindeutigen Hinweise auf das Vorhandensein psychomotorisch dämpfender Effekte des Paracetamols. Die Beobachtungen aus dem Langzeit-Trink-Wahlversuch lassen aber die Schlussfolgerung zu, dass Paracetamol psychotrope, belohende und wirkungsverstärkende Eigenschaften besitzt
Die motorisch erregenden Eigenschaften des Coffeins konnten nach Akut-Applikation beobachtet und nachgewiesen werden. Die lokomotorische Aktivität nahm hier signifikant zu.
Eine nicht-additive Interaktion der Substanzen konnte in der vorliegenden Studie nicht nachgewiesen werden. Bei forcierter Verabreichung von Paracetamol fanden sich keinerlei psychomotorisch dämpfende Effekte. Die Effekte von Coffein und der beiden Kombinationen unterschieden sich nicht signifikant von einander.
Das Konsumverhalten der Tiere wurde für den Fall der hochdosierten unfreiwilligen Verabreichung von Coffein dahingehend beeinflusst, dass die nachfolgende freiwillige Einnahme von Paracetamol signifikant vermindert war.