Viktor Emil von Gebsattel (1883-1976) - Leben und Werk

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-33246
http://hdl.handle.net/10900/45220
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2008
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Sonstige
Gutachter: Hirschmüller, Albrecht Professor (Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2008-03-27
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Medizingeschichte <Fach> , Analytische Therapie , Phänomenologische Psychologie
Freie Schlagwörter: Geschichte der Psychiatrie , Anthropologische Psychotherapie
History of medicine , History of psychiatry , Psychoanalysis , Anthropological psychotherapy
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Aus dem Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Tübingen Direktor: Professor Dr. Dr. U. Wiesing Burkhard Scheible: Viktor Emil von Gebsattel (1883-1976) – Leben und Werk Med. Diss. Tübingen 2008 Abstract Die vorliegende Arbeit will den bisher nicht unternommenen Versuch wagen, Gebsattels Leben möglichst detailliert nachzuzeichnen, auch wenn – bedingt durch das Fehlen eines Nachlasses und die geringe Zahl erhaltener Briefe – nur lückenhaftes Quellenmaterial existiert. Wertvolle Informationen konnten aus verschiedenen Archiven, vor allem aber von Gebsattels Tochter, die sich zum Interview bereiterklärte, gewonnen werden. Gebsattels primär anthropologisches Anliegen soll aus seiner Verwurzelung im Katholizismus einerseits, seiner philosophischen, psychoanalytischen und medizinischen Ausbildung andererseits erklärt werden. Viktor Emil Freiherr von Gebsattel wurde 1883 in München als erster Sohn des Generals der bayerischen Kavallerie Konstantin von Gebsattel geboren. Er erhielt im katholisch-konservativ geprägten Elternhaus eine strenge Erziehung, die auf eine militärische Karriere hin ausgerichtet war. Eine dauerhafte Versteifung des Kniegelenks, die aus einem Jagdunfall resultierte, machte eine militärische Verwendung unmöglich, so dass Gebsattel zunächst die Diplomatenlaufbahn anstrebte. Nach dem Abitur studierte er deshalb in Berlin Jura, wandte sich aber rasch der Philosophie zu, da er von Wilhelm Dilthey, einem Hauptvertreter der damals sich entwickelnden und geradezu populär werdenden Lebensphilosophie, stark beeindruckt war. Studienreisen führten Gebsattel früh nach Paris, wo er von Henri Bergson, dem wichtigsten französischen Lebensphilosophen, beeinflusst wurde. Gebsattel wechselte nach München und promovierte bei Theodor Lipps, wo er die phänomenologische Methode kennenlernte, die für ihn und seine Auffassung von Psychotherapie lebenslang bestimmend sein würde. In München war Gebsattel mit dem Philosophen Max Scheler, der in seinem Denken Phänomenologie und den für Gebsattel stets leitenden Katholizismus vereinigte, eng befreundet. Während mehrerer Jahre als Privatgelehrter lernte Gebsattel zahlreiche Angehörige der geistigen und künstlerischen Elite Europas kennen, so die Dichter Hofmannsthal und Rilke und die bildenden Künstler Rodin und Slevogt; in München verkehrte er im Kreis um Stefan George, wo er unter anderen Ricarda Huch traf, mit der er lange korrespondierte. Sich seiner Eignung zum Schriftsteller nicht sicher, suchte Gebsattel neue Interessensfelder und kam über Lou Andreas-Salomé, mit der ihn Rilke bekannt gemacht hatte, in Kontakt mit der Psychoanalyse. Er gehörte zunächst zum engeren Kreis um Freud, hielt aber stets eine gewisse Distanz zu den sich bald bildenden Strömungen innerhalb des Verfahrens; eine eigene Schule gründete Gebsattel auch später nicht. Von 1913-1920 absolvierte er zusätzlich ein Medizinstudium und wurde unter Kraepelin in München zum Psychiater ausgebildet, während er in privater Praxis schon früh psychoanalytische Behandlungen selbständig durchführte. Nach einer persönlichen Krise, die Gebsattel kurzzeitig zum Jünger des Wanderpredigers Leonhard Stark machte, übernahm er in Berlin für einige Jahre eine Position in der psychiatrischen Klinik Westend, bevor er 1925 sein eigenes Sanatorium in Fürstenberg an der Havel eröffnete. In den während dieser Zeit entstandenen Aufsätzen entwickelte Gebsattel sein vorwiegend anthropologisches Interesse: der Mensch erscheint darin als ein stets im Werden Begriffener, und Hemmungen dieses Werdens verursachen psychiatrische Störungen wie Depression oder Zwang. Eng verwandt in seinem Denken ist Gebsattel Ludwig Binswanger und Erwin Straus. Nachdem 1939 Gebsattels Klinik als Lazarett beschlagnahmt worden war, wechselte er nach Berlin, wo er in eigener Praxis sowie als Lehranalytiker am sogenannten Göring-Institut tätig war. Zum NS-Regime verhielt er sich ablehnend, trat aber nicht in offene Konfrontation. Die Anstellung im staatlichen Institut verschaffte ihm, der mit zahlreichen Gegnern des Regimes eng befreundet war, einen gewissen Schutz. Nachdem sein gesamter Besitz von einem Bombentreffer zerstört worden war, ging Gebsattel kurzzeitig an die Wiener Zweigstelle des Instituts, nach Kriegsende dann nach Überlingen, wo seine Töchter ein Haus besaßen. Mehrere Jahre leitete er ein Sanatorium in Badenweiler und war Dozent an der Universität Freiburg, bevor er 1950 als Professor an die Universität Würzburg wechselte und dort das erste universitär angesiedelte Institut für Psychotherapie begründete. Als Mitherausgeber mehrerer Zeitschriften und Bücher gehörte Gebsattel zu den wichtigsten Vertretern einer anthropologisch-phänomenologisch orientierten Psychotherapie, die die Werkzeuge der Psychoanalyse zwar nutzte und schätzte, deren System allein aber für zu mechanistisch hielt. Gebsattel leitete noch als über 80-jähriger sein Institut; 1976 starb er in Bamberg.

Abstract:

Aus dem Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Tübingen Direktor: Professor Dr. Dr. U. Wiesing Burkhard Scheible: Viktor Emil von Gebsattel (1883-1976) – his life and works Med. Diss. Tübingen 2008 Abstract Subject matter of this dissertation is the biography of Viktor Emil von Gebsattel (1883-1976), a German physician, psychoanalyst and philosopher. As there doesn’t exist a complete estate, few personal letters, information from several archives, and interviews with Gebsattel’s daughter in Munich were the most important sources. The aim of Gebsattel’s scientific studies is anthropological: a very personal, special idea of man, resulting from Catholic tradition and scientific education. Gebsattel was born in Munich in 1883, his father Konstantin von Gebsattel was general of the Bavarian cavalry. Heading for a military career also, an injury of his right knee forced Viktor Emil von Gebsattel to look for a civil profession. To become a diplomat, he studied law in Berlin, but changed to philosophy soon. He was influenced by Wilhelm Dilthey, Henri Bergson, and Theodor Lipps. In Munich, where he passed his doctoral exams in philosophy, Gebsattel met Max Scheler. Scheler’s combination of Catholicism and phenomenological philosophy opened a way for Gebsattel to unite both systems in his own life and scientific work. In the early 20th century, Gebsattel got in contact with several famous artists and writers, eg Hugo von Hofmannsthal, Ricarda Huch, Rainer Maria Rilke, and Auguste Rodin. He took part in the first congress of psychoanalysis in Weimar and became a convinced, but more distant supporter of Freud. In 1913, he took up studies in medicine and passed a training as a psychiatrist in Kraepelin’s University Hospital of Psychiatry in Munich. He moved to Berlin and opened an own sanatorium in Fürstenberg/ Havel. During this time most of his scientific essays were published. Gebsattel’s idea of human being is a lifelong development, and inhibition of this will cause psychiatric disorders such as depression or neurosis. Similar views have been pronounced by Ludwig Binswanger and Erwin Straus. In 1939, Gebsattel’s sanatorium was occupied by the German army and turned into a military hospital. Gebsattel continued his work in Berlin as an instructor in the so-called Göring-Institut. Despite Gebsattel had many friends who opposed N.S. regime, he avoided direct confrontation. After a bomb had destroyed Gebsattel’s house and complete property in 1943, he moved to Vienna. He took over the management of the former institute of the WPV, now just a branch of the Berlin institute. As WW II had been finished, Gebsattel became a professor in Freiburg and head of the University Hospital of Psychiatry in Würzburg, where he founded the first institute for psychotherapy in a German university. Until he died in 1976, Gebsattel remained one of the most important representatives of a phenomenological and anthropological form of psychotherapy in Europe.

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