Inhaltszusammenfassung:
Ziel: Bei der Beratung onkologischer Patienten gewinnen neben onkologischen Gesichtspunkten auch die funktionellen Aspekte zunehmend an Bedeutung. Das Prostatakarzinom stellt ein typisches Beispiel für eine Malignomerkrankung dar, bei der aufgrund der Existenz von mehreren Therapiealternativen die funktionellen Ergebnisse insofern wichtig sind, als dass sie wesentliche Facetten der Lebensqualität, nämlich Sexualitäts- und Miktionsfunktion beinhalten. Da Patienten im klinisch organbegrenzten Tumorstadium asymptomatisch sind, kommt einer ausführlichen und umfassenden Aufklärung in Bezug auf mögliche Nebenwirkungen eine ganz besondere Bedeutung zu. In der Literatur sind für Patienten nach radikaler Prostatektomie häufiger Beeinträchtigungen bezüglich der Sexualität und der Miktionsfunktion, und für Patienten nach Strahlentherapie hauptsächlich Proktitis-assoziierte Nebenwirkungen beschrieben worden. Da in Tübingen beide Therapieformen in grossem Umfang angeboten werden, sollte in der vorliegenden Arbeit am eigenen Patientenkollektiv Unterschiede bezüglich der Lebensqualität untersucht werden.
Material und Methoden: Es wurden hierzu insgesamt 165 Patienten der Universitätsklinik Tübingen ausgewählt, die im Jahr 2003 therapiert wurden. Davon wurden 100 Patienten in der Klinik für Urologie mittels radikaler retropubischer Prostatektomie inklusive pelviner Lymphadenektomie (RP) therapiert und 65 Patienten in der Klinik für Radioonkologie durch eine Strahlentherapie der Prostataloge einschließlich der Samenblasen und des lokoregionären Lymphabflussgebietes (ST). Diesen Patienten wurden per Post zwei standardisierte, international gebräuchliche, reliable und validierte Fragebögen zugesandt, der EORTC QLQ-C30 und der EORTC QLQ-PR25. Die Ermittlung der Unterschiede erfolgte mittels Varianzanalysen. Um eine annähernde Normalverteilung der Daten zu erhalten, wurden diese einer Arcus-Sinus-Transformation unterzogen. Zusätzlich wurde eine Adjustierung der Irrtumswahrscheinlichkeit nach Bonferroni- Holm durchgeführt.
Ergebnisse: Der Median des Alters lag bei den Patienten nach radikaler Prostatektomie bei 62 und bei den Patienten nach Strahlentherapie bei 69 Jahren. Signifikante Unterschiede ergaben sich bezüglich der physikalischen Funktion sowie der Darmfunktion zugunsten der prostatektomierten Patienten. Andererseits beklagten operierte Patienten signifikant häufiger Probleme mit der Harnkontinenz. Unterschiede bezüglich der globalen Lebensqualität und der Sexualität konnten nicht festgestellt werden.
Schlussfolgerung: Zusammenfassend decken sich die Daten der Tübinger Patienten mit den Daten der internationalen Literatur, nach denen beide Kollektive insgesamt gute Gesamtscores bezüglich der allgemeinen Lebensqualität erreichen. Operierte Patienten haben typischerweise Probleme mit der Miktion, während in der Kohorte nach perkutaner Strahlentherapie häufiger Darmprobleme angeben werden. Untersuchungen zur Lebensqualität stellen einen wichtigen Bestandteil der klinisch-onkologischen Forschung dar, da Aspekte der Lebensqualität zur besseren Information der behandelnden Ärzte und somit potentiell zu einer Erweiterung des Spektrums onkologischer Therapiemodalitäten beitragen. Untersuchungen wie die hier vorgestellte unterstreichen darüber hinaus die Wichtigkeit der interdisziplinären Kooperation, welche für eine erfolgreiche Behandlung onkologischer Patienten eine unabdingbare Voraussetzung darstellt.
Abstract:
Aim: Besides oncological aspects there is an increasing importance of the functional aspects in consulting oncological patients. The treatment of the prostate cancer includes multiple therapy options. Hence, the functional aspects achieve major importance, because they include essential facets of the quality of life such as function of the micturition and sexuality. In the early stage of the prostate cancer the patient mostly does not show any clinical symptoms. Therefore it is very crucial to clarify all the potential side effects to the patient which may emerge by the provided treatment. Former studies showed that patients after radical prostatectomy often suffer of sexual and micturition dysfunction. However patients treated with radiation therapy are more likely to show proctitis as a side effect. Since in Tuebingen radical prostatectomy and radiation therapy are performed on patients suffering of prostate cancer, the aim of this study was to determine the quality of life comparing both therapies against each other.
Materials and Methods: In overall 165 patients, which were treated in the year 2003 at the University Hospital of Tuebingen, were selected for this study. In 100 patients a prostatectomy was performed, on the other 65 patients, radiation therapy was done. All of these patients received via post two international common, standardised, reliable and validated questionnaires, such as EORTC QLQ-C30 and EORTC QLQ-PR25. The varieties were evaluated using variance analysis. For an approximate normal distribution an Arcus-Sinus-Transformation was performed. Further the data was adjusted using Bonferroni-Holm.
Results: The median age of the patients with prostatectomy was 62 years compared to the patients with radiation therapy, it was 69 years. Significant differences were detected concerning physical functions as well as colon function for the benefit of surgical treatment. Contrariwise surgical patients suffered significant more often of aconuresis. Differences concerning the quality of life or of the sexual function were not detected comparing both treatments.
Conclusion: Summarised the obtained data of our study corresponds very well with data known from the literature. Quality of life studies are important components in clinical-oncological research, because they offer valuable clues of possibilities how to treat patients according to their ailment and requirements. Further this study shows, that interdisciplinary co-operation between different departments is crucial and essential in oncological treatment.