Inhaltszusammenfassung:
Die allogene Stammzelltransplantation (allo-SZT) ist heute eine erfolgreiche und etablierte Option in der Therapie der ALL bei pädiatrischen Patienten. Das Wiederauftreten der Grunderkrankung ist die Hauptursache für das Misslingen der Transplantation. Die Erfolgsaussichten für die Therapie des Rezidives sind wesentlich schlechter im Vergleich zur Erstbehandlung. Daher liegt das Ziel darin, das Auftreten des Rezidives zu verhindern.
Ziel dieser Arbeit war es herauszufinden, ob es möglich ist, mit Hilfe der Überwachung der minimalen Resterkrankung (MRD) in Peripherblutproben bei Patienten nach allo-SZT eine Patientengruppe zu identifizieren, welche ein hohes Risiko trägt ein Rezidiv zu erleiden. Diese Patientengruppe könnte von einer rechtzeitig durchgeführten adjuvanten Immuntherapie profitieren und somit ein offenes hämatologisches Rezidiv verhindert werden. Zusätzlich wurde noch untersucht, inwiefern sich die gemessenen Werte zwischen Knochenmark und Peripherblut unterscheiden. Bisher wur-den zumeist Knochenmarkproben zur Analyse der MRD eingesetzt. Wäre es möglich das Knochenmark als Probenma-terial durch das Peripherblut zu ersetzen, könnte den kleinen Patienten die psychisch und physisch traumatisierende Knochenmarkpunktion erspart werden. Außerdem könnte die Überwachung der MRD im Peripherblut in wesentlich kürzeren Intervallen stattfinden. Ein sich entwickelndes Rezidiv könnte somit frühzeitiger entdeckt werden. Die Mes-sung der minimalen Resterkrankung erfolgte durch die PCR-Analyse klonspezifischer DNA-Rearrangements der Im-munglobulin (Ig)- und T-Zell¬rezeptor (TCR) Gene mit der Real-time PCR unter Verwendung der TaqMan-Technologie. Mit dieser Methode war es möglich bei 96,7% der Patienten eine geforderte Sensitivität vom mindestens 1 x 10-3 zu erreichen. Bei der Großzahl der Patienten konnte eine maximale Sensitivität von 1 x 10-5 erzielt werden, d.h. Detektion eines Leukämieblasten in 100 000 Blutzellen.
Von den 90 untersuchten Patienten erlitten 26 Patienten nach der allo-SZT ein Rezidiv. Bei 25 dieser 26 Patienten konnte vor Diagnose des Rezidives eine MRD-Last im Peripherblut festgestellt werden. Diese 25 Patienten gehörten alle zur Gruppe MRD high, welche definiert wurde durch eine MRD-Last in einem Bereich > 1 x 10-4 . Im Median konnte 68 Tage vor Diagnose des Rezidives der erste positive MRD-Befund erhoben werden. Von den 8 Patienten, welche ebenfalls eine positive MRD-Last aufwiesen, aber in einem Bereich < 1 x 10-4, verblieben alle in kompletter Remission.
Mit Hilfe der Analyse der Dynamik und Höhe MRD im Peripherblut unter Verwendung der Real-time PCR, kann also eine Patientengruppe identifiziert werden, die MRD high Gruppe, welche eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Rezidives nach allo-SZT besitzt. Inwiefern diese Patienten von einer auf der Dynamik und Höhe der MRD basierenden adjuvanten Immuntherapie profitieren, müssen weitere prospektive Studien zeigen.
Beim Vergleich des Vorkommens und der Höhe der MRD zwischen Peripherblut und Knochenmark des gesamten Patientenkollektives zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Patienten mit einer T-ALL und einer Vorläufer B-ALL. Im Falle der Patienten mit einer T-ALL war der Nachweis und die Höhe der MRD zwischen Knochenmark und Peripherblut vergleichbar. Dies führt zur Annahme, dass es möglich ist, bei den Patienten mit einer T-ALL die Überwa-chung der MRD im Peripherblut mit vergleichbarer Aussagekraft wie im Knochenmark durchzuführen.
Bei den Patienten mit einer Vorläufer-B-ALL waren im Gegensatz dazu die MRD-Werte bei 84,4% der Probenpaare im Knochenmark deutlich höher. Hierbei lässt sich keine klare Beziehung zwischen der unterschiedlichen Höhe der Werte im Peripherblut und Knochenmark nachvollziehen. Aber auch bei dieser Patientengruppe lässt sich eine Vorhersage im Peripherblut machen, wenn die Dynamik der MRD-Werte und auch die Peripherblutproben, zu denen keine korrespon-dierende Knochenmarksproben existieren, mit einbezogen werden. Bei genauer Betrachtung der MRD-Verläufe der Patienten, welche ein Rezidiv erlitten haben, zeigte sich, dass sich die Dynamik der MRD besser in den Peripherblutp-roben beurteilen lässt, welche in wesentlich kürzeren Abständen gewonnen werden können. Bei 9 Patienten war es so möglich die MRD-Last im Peripherblut früher als im Knochenmark zu detektieren. Bei 6 Patienten wies die Knochen-markprobe früher eine positive MRD-Last auf. Bei keinem der Patienten trat der Fall ein, dass nur im Knochenmark eine MRD-Last nachweisbar war und sich im Peripherblut keine MRD-Last nachweisen ließ.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Überwachung der MRD im Peripherblut geeignet zu sein scheint, rechtzeitig Patienten mit einem hohen Rezidivrisiko zu erkennen. Die Indikation für eine weitere Therapie wurde bei den unter-suchten Patienten auf der Basis der Chimärismusuntersuchung gestellt. Die Überwachung der MRD im Peripherblut könnte ein wichtiger ergänzender Baustein sein, um zusammen mit der Untersuchung des hämatopoetischen Chimäris-mus dem Ziel näherzukommen, das Auftreten des Rezidives nach der allo-SZT zu verhindern.