Objektive Untersuchung von Hang-Over-Effekten mit dem Pupillographischen Schläfrigkeitstest (PST)

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-29159
http://hdl.handle.net/10900/45052
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2007
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Sonstige
Gutachter: Wilhelm, Barbara PD Dr. med.
Tag der mündl. Prüfung: 2006-11-07
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Oxazepam , Schlafforschung
Freie Schlagwörter: Pupillographischer Schläfrigkeitstest , Hang Over Effekt , Baldrian Melisse Präparate
Pupillographic Sleepiness Test , Hang Over Effect , Oxazepam , Valerian Lemon Balm , Sleep Research
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Einleitung: Der Pupillographische Schläfrigkeitstest (PST) ist ein objektives Verfahren zur Beurteilung von Tagesschläfrigkeit. Gegenstand der vorliegenden Arbeit war zunächst die Frage, inwieweit die Gabe von 10 mg Oxazepam einen Hang-Over-Effekt am Morgen nach abendlicher Einnahme zeigt und ob dieser Effekt gegebenenfalls mittels PST erfassbar ist. In der darauf folgenden und auf den Ergebnissen dieser Pilotstudie basierenden, plazebokontrollierten Studie nach GCP (good clinical practice) sollte Oxazepam als Verum fungieren und festgestellt werden, ob Songha® Night, ein Baldrian-Melisse-Präparat, ebenfalls Überhangeffekte zeigt oder nicht. Methoden: In beiden Studien wurde der PST verwendet; dieser besteht aus einer elfminütigen Messung spontaner Pupillenoszillationen in Dunkelheit mit monokularer Infrarot-Video-Pupillographie. Die Untersuchung findet unter Genussmittelkarenz nach einer Vorbereitungsphase motorischer Ruhe statt. Wichtig sind die Vermeidung von Lichteinflüssen und akustischen Reizen. Das Messergebnis erhält man direkt nach Messende in Form des ln PUI (Pupillenunruheindex); hierbei bedeuten höhere Werte vermehrte Tagesschläfrigkeit. Des Weiteren kamen noch eine VAS (Visuelle Analogskala) sowie die SSS (Stanford Schläfrigkeitsskala) als subjektive Methoden zur Erfassung von Schläfrigkeit zum Einsatz. An der Oxazepam-Pilotstudie nahmen zehn gesunde, männliche Probanden mit einem Durchschnittsalter von 29,1 Jahren teil. Diese wurden an zwei Tagen mit einer Woche Abstand zu drei verschiedenen Zeitpunkten (08:00 Uhr, 09:30 Uhr und 11:00 Uhr) mittels PST, VAS und SSS untersucht, einmal nach abendlicher Einnahme von 10 mg Oxazepam und einmal ohne Medikation. In die Songha® Night-Studie wurden 54 Probanden aufgenommen, 33 Frauen und 21 Männer mit einem Durchschnittsalter von 34,9 Jahren. Sie wurden in randomisierter Reihenfolge den drei unterschiedlichen Behandlungsphasen (10 mg Oxazepam, Songha® Night und Plazebo) zugeordnet, welche jeweils eine Woche dauerten und gefolgt wurden von einer Woche Wash-out. Der Ablauf der einzelnen Messvormittage gestaltete sich identisch wie in der Oxazepam-Pilotstudie (s.o.). Ergebnisse: In der Oxazepam-Pilotstudie konnte der gesuchte Effekt von Oxazepam in Form einer Erhöhung der ln PUI-Werte gefunden werden. In der Songha® Night-Studie konnten die Hypothesen der Nicht-Unterlegenheit von Songha® Night gegenüber Plazebo und Oxazepam bestätigt werden, nicht jedoch die der Überlegenheit gegenüber Oxazepam (n=53, least square means Behandlung – Baseline: Songha® Night 0,0609, Oxazepam -0,0190, Plazebo -0,0064). Sämtliche Substanzen bewirkten nur subtile Veränderungen, auch die beiden subjektiven Skalen VAS und SSS zeigten keine Zunahme unter Medikation. Die Differenzen zur Ausgangsmessung zwischen ln PUI und VAS/SSS korrelierten bei Betrachtung aller drei Bedingungen sehr gut (n=53, mittlerer Korrelationskoeffizient für ln PUI/VAS 0,44; zu acht von neun Zeitpunkten signifikant). Diskussion: Das pflanzliche Hypnotikum Songha® Night führt nach abendlicher Einnahme während der ersten Tageshälfte weder objektiv noch subjektiv zu einem Hang-Over-Effekt. Die in der Pilotstudie geprüfte Verumkontrolle (10 mg Oxazepam) führte in der Songha® Night-Studie nicht zu dem erwarteten Überhangeffekt. Als mögliche Gründe hierfür kommen in Frage: Offenes Studiendesign im Pilotversuch, die geringe Anzahl von Probanden (n=10), zufallsbedingte Selektion dieser Gruppe, zu niedrige Dosierung des Benzodiazepins. Einige Gründe für die widersprüchlichen Ergebnisse wurden überprüft und bestätigten sich nicht. Am ehesten sind die Ergebnisse der Pilotstudie als zufallsbedingt aufzufassen. Schlussfolgerung: Der Begriff „Hang-Over-Effekt“ ist in der Literatur inkonsistent beschrieben. So stellt sich die Frage, ob sich Hang-Over-Effekte mehr im Bereich der Schläfrigkeit oder doch eher in dem der Müdigkeit abspielen. Ergebnisse verschiedener Studien deuten darauf hin, dass durch Substanzen der Benzodiazepin-Gruppe unter Umständen selektiv bestimmte kognitive Funktionen oder psychische Einstellungen verändert werden. Ein solcher Prozess könnte somit durchaus auch noch am Morgen nach abendlicher Einnahme bestehen, dies wurde in unseren Untersuchungen nicht überprüft. Ein Hang-Over-Effekt in Form von Sedierung liegt aber eindeutig nicht vor. Es wäre interessant, weitere Medikamente der Benzodiazepin-Gruppe oder andere klassische Hypnotika hinsichtlich der Frage eines Überhangeffektes mit dem PST und kognitiven Tests zu prüfen, um dadurch Aufschluss über das Vorliegen und vor allen Dingen die Art des Hang-Over-Effektes zu bekommen.

Abstract:

Introduction: Well-known disadvantages of classical hypnotics are drowsiness and sleepiness in the morning hours after application the evening before. In the present studies the Pupillographic Sleepiness Test (PST) was used as an objective measurement of daytime sleepiness. Aim of the first trial was to investigate the quantity and time course of the hang-over-effect of 10 mg Oxazepam. Purpose of the second one (according to GCP-standard = good clinical practice) was to determine the presence of a hang-over-effect in healthy volunteers the day after the administration of Songha® Night tablets (120 mg Valerian/ 80 mg Lemon balm) compared to 10 mg Oxazepam and placebo. Methods: The PST consists of 11 minutes recording of spontaneous pupillary oscillations in darkness and automated data analysis. Parameter of evaluation is the natural logarithm of the pupillary unrest index (ln PUI). Higher values of this index express increased daytime sleepiness. Additionally people had to fill in subjective scales concerning sleep quality (VAS = visual analogue scale) and sleepiness (SSS = Stanford Sleepiness Scale and VAS). In the open Oxazepam-study ten healthy male subjects took part and were examined on two days with one week interval at three different time points (8:00, 9:30, 11:00 a.m.), once with and once without 10 mg Oxazepam the evening before. For the GCP-controlled Songha® Night study 54 subjects (21 men and 33 women, mean age 34,9 years) were randomized and treated with the three medications (Songha® Night, 10 mg Oxazepam, placebo) for one week followed by one week´s wash-out period. The examinations took place at the same time-points as in the pilot trial. Results: In the Oxazepam-study subjects showed higher values of the ln PUI under treatment, the expected hang-over-effect was found. In the Songha® Night study the non-inferiority hypothesis of Songha® Night compared to placebo and Oxazepam was confirmed in the primary analysis of efficacy, while the superiority to Oxazepam was not (n=53, least square means for effect of treatment: Songha® Night 0,0609, Oxazepam -0,0190, Plazebo -0,0064). The subjective perception of sleepiness by VAS and SSS showed no increase in sleepiness after the three treatment periods either. The differences from baseline in PUI and VAS/SSS by medication correlated closely at all three conditions (n=53, mean correlation coefficient 0,44; significant at eight out of nine time points). Discussion: As the PST has been applied to detect even subtle changes in central nervous activation in other studies this method was expected to reveal potential sedative effects related to a hang-over after treatment with hypnotics. Valerian/lemon balm caused no sedative effects during the first half of the day neither in objective measures nor in subjective perception. In contradiction to the results of the preceeding open pilot study with 10 mg oxazepam, the positive control did not cause the expected hang-over either in the main trial. Issues such as differences in subject selection, sample size, treatment duration, results by random in the first study, underdosage of the benzodiazepine and open study design may be possible reasons for the lack of repitition of this finding. Conclusions: Hang-over-effects are described rather inconsistently in the literature. The question is whether such effects consist of sleepiness (decreased central nervous activation) or rather subtle changes of cognitive or mental functions. It seems promising to investigate other benzodiazepines or classical hypnotics by the PST to get more information about the existence and character of so called hang-over-effects.

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