Inhaltszusammenfassung:
Das Noonan-Syndrom (OMIM 163950) ist eine vielschichtige Entwicklungsstörung, die durch Auffälligkeiten im Bereich des Gesichts, Herzfehler, Minderwuchs, verspäteten Eintritt in die Pubertät sowie geringer mentaler Retardierung charakterisiert ist. Darüber hinaus führt das Noonan-Syndrom zu kongenitalen Herzfehlern wie der Pulmonalstenose und der hypertrophen Kardiomyopathie.
Im November 2001 publizierten Tartaglia et al., dass die Ursache des Noonan-Syndroms in Mutationen auf der PTPN11 (OMIM 176876), einem Gen, welches die zytosolische Phosphotyrosin-Phosphatase SHP-2 (src homology region-2 domain phosphatase 2) codiert, zu suchen ist. Sie zeigten auf, dass Mutationen in diesem Bereich bei 40 bis 50% der untersuchten Fälle vorhanden sind.
In der vorliegenden Arbeit erfolgte die Untersuchung von 29 Personen, die sich in den letzten fünf Jahren mit den drei typischen Anomalien eines Noonan-Syndroms oder einer Pulmonalstenose in der endokrinologischen Ambulanz der Kinderklinik in Tübingen vorstellten. Hierbei wandte man eine PCR-Etablierung mit anschließender Sequenzierung der Patienten-DNA an. Es erfolgte eine nähere Untersuchung der 15 codierenden Exons des PTPN11-Gens, sowie eine retrospektive Untersuchung der klinischen Merkmale und der auxiologischen Daten der GH-IGF-1-Achse, um die mutationspositiven mit den mutationsnegativen Patienten zu vergleichen. Das Ziel war die Ermittlung einer Assoziation zwischen dem Genotyp und Phänotyp bei vorhandenem Noonan-Syndrom.
Die Auswertung der Sequenzierung zeigte bei insgesamt 16 Patienten Mutationen im PTPN11-Gen (55%). Die Analyse der Genotyp-Phänotyp-Korrelation zeigte eine signifikante Assoziation der kardialen Phänotypen. Hierbei wiesen 81% innerhalb der mutationspositiven Gruppe eine Pulmonalstenose auf, im Verhältnis zu 15% in der mutationsnegativen Gruppe.
Die Analyse der IGF-1 -und IGFBP-3-Serumspiegel ergab, dass diese bei Kindern mit Mutationen deutlich geringer ausfiel. Des Weiteren stellte sich heraus, dass die spontane und stimulierte Wachstumshormonsekretion in der Mut+Gruppe höher war. Dabei stehen diese Daten bezüglich der Funktion von SHP-2 im Signaltransduktionsweg von Wachstumshormonen im Einklang mit den Ergebnissen aus den In-Vitro-Studien. Darüber hinaus konnte dargestellt werden, dass die Mutationen von SHP-2 zu einer negativen Regulierung der zellulären Antwort auf Wachstumshormone bei Kindern mit Noonan-Syndrom führen, das sich durch die IGF-1/IGFBP-3 Serumspiegel verdeutlichen ließ.
Im Rahmen unserer Untersuchung konnte bewiesen werden, dass bei Wachstumshormonen behandelten Patienten mit Noonan-Syndrom ein geringeres Ansprechen auf eine Hochdosiswachstumshormontherapie bei Mut+Patienten besteht, im Vergleich zu der Mut-Gruppe. Hieraus wurde der Schluss gezogen, dass Mutationen im Bereich von SHP-2 eine milde Wachstumshormonresistenz durch einen Postrezeptorsignaldefekt verursachen, der wahrscheinlich zu einem Minderwuchs und geringem Ansprechen auf rhGH beim Noonan-Syndrom führt.
Abstract:
Noonan syndrome (OMIM 163950) is a development disorder characterized by facial dysmorphic features, heart defects, short stature, delayed entry in the puberty and mild mental retardation. Furthermore Noonan syndrome is associated with congenital heart defects like pulmonic stenosis and hyperthropic cardiomyopathy.
In November 2001 Tartaglia et al. demonstrated that 40-50% of the individuals with Noonan syndrome carry a heterozygous mutation of the non-receptor-type protein tyrosine phosphatase SHP-2 (src homology region 2-domain), encoded by PTPN11(OMIM 176876).
We analyzed 29 individuals during the last five years with three typical anomalies of Noonan syndrome or pulmonic stenosis. Auxological data, dysmorphic features and cardiac morphology were documented. For this study we analyzed all coding exons and their flanking regions by PCR amplification and direct sequencing to compare the individuals with or without mutation. Our aim was to identify an association between genotype and phenotype in Noonan syndrome. The evaluation of the sequencing showed 16 individuals with mutations (55%). The analysis of genotype-phenotype correlations in Noonan syndrome demonstrated a significant association of the cardial phenotype. 81% of the group with mutation showed a pulmonic stenosis in a ratio to 15% in the group without mutations.
The analysis of IGF-1 levels and IGFBP-3 levels were significantly lower in the group with mutations. Furthermore GH levels during spontaneous secretion at night showed a clear, but not significant, tendency to be higher in the group with mutations than in the group without mutation. Taken together, these observations suggest a mild form of GH resistance in the presence of SHP-2 mutations in Noonan syndrome. These data are in line with the in vitro findings of the role of SHP-2 in the GHR signaling pathway. Furthermore we showed that mutations of SHP-2 can negatively regulate the cellular response to GH in children with Noonan syndrome, as reflected by serum levels of IGF-1/IGFBP-3.
In conclusion our data suggest that SHP-2 mutations cause mild GH resistance by a postreceptor signaling defect, which may contribute to growth failure and the relatively poor response to rhGH in Noonan syndrome.