Inhaltszusammenfassung:
Etwa 30 000 Schlaganfälle werden pro Jahr durch hochgradige Stenosen bzw. Verschlüsse der Arteria carotis interna (ACI) verursacht. Die bisherige Therapie der Wahl zur Behandlung von Karotisstenosen ist die Thrombendarterektomie (TEA). Seit 1979 wird die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) der Karotiden im Rahmen experimenteller Studien praktiziert, die inzwischen stentgestützt erfolgt.
Im Zeitraum vom 01.06.1999 bis 30.06.2001 wurden im Rahmen einer experimentellen Studie in der Abteilung für Neuroradiologie der Universität Tübingen 77 Patienten (Durchschnittsalter 70,53 Jahre, 45 Patienten mit symptomatischen Stenosen, 32 Patienten mit asymptomatischen Stenosen mit erhöhtem Insultrisiko)mittels stentgestützter Karotisangioplastie behandelt. Ziel der Arbeit war es, die Bedeutung der Ultraschall für die Selektion von Patienten zur stentgestützten PTA und für die Verlaufskontrollen nach dem Eingriff herauszustellen.
Die sonographischen Befunde wurden mit Daten der Angiographie und den klinischen Ergebnissen verglichen. Die angiographische Quantifizierung der Karotisstenosen erfolgte mittels der Methoden, die im Rahmen der großen Multicenterstudien angewendet wurden (NASCET-, ECST- und CC-Methode), berücksichtigt wurden jedoch auch die durch das semiautomatisches Messsystem der Angiographieanlage selbst ermittelten densitometischen und planimetrischen Stenosegrade.
Die Auswertung sämtlicher Daten erfolgte im Institut für Medizinische Biometrie der Universität Tübingen (Direktor: Prof.Dr.K.Dietz). Die anhand der verschiedenen Messtechniken ermittelten Stenosegrade wurden mittels Bland-And-Altman-Analyse miteinander verglichen.
Die CC-Methode ging als Technik mit der größten Aussagekraft hervor. Die Sonographie schätzt im Vergleich zum mittleren Stenosegrad die Obliteration tendenziell höhergradiger ein. Die NASCET-Methode unterschätzt die Stenosegrade häufig, vor allem wenn die Stenose im Bereich des Bulbus lokalisiert ist oder eine poststenotische Gefäßverengung vorliegt. Große Abweichungen zwischen verschieden Untersuchern weist die ECST-Methode auf, da die wirkliche Gefäßweite des Karotisbulbus angiographisch oft nur indirekt abgeschätzt werden kann.
Die mittlere Nachbeobachtungszeitraum nach Stentangioplastie betrug 9,3 Monate. Mittels Farbkodierter Duplexsonographie war der Stent 75 Mal in seiner gesamten Länge gut darstellbar. In der frühen postinterventionellen Phase wurde bei 4 Paienten eine Stent-Thrombose diagnostiziert. Bei insgesamt vier Patienten persistierten postinterventionell mittelgradige Stenosen (5,2%). 14 Patienten entwickelten während des Nachbeobachtungszeitraumes eine Neointimale Hyperplasie (NIH). Die NIH trat in dieser Behandlungsserie signifikant häufiger bei Edelstahlstents als bei Nitinol-Stents auf (p=0,0182). Die Rate hochgradiger Rezidivstenosen betrug 9,1% (7 von 77 Patienten). Immer lag eine neointimale Hyperplasie zugrunde.
Schlussfolgerungen:
Die präinterventionelle Ultraschalldiagnostik erfasst therapierelevante ACI-Stenosen sicher, im Vergleich zur Angiographie bewertet sie den Stenosegrad tendenziell jedoch etwas höher. Postinterventionell können die Stents mittels Farbkodierter Duplexsonographie gut eingesehen werden.
Die Diagnostik postinterventioneller Stent-Komplikationen ist sowohl in der Akut- als auch in der Intermediärphase sonographisch sicher möglich. Kontrolluntersuchungen in regelmäßigen, festgelegten Abständen gewährleisten eine zeitnahe Erfassung und Differenzierung möglicher Komplikationen. Die vorliegenden Ergebnisse lassen vermuten, dass das Auftreten von Stent-Thrombosen und die Ausbildung einer neointimalen Hyperplasie und daraus resultierende Rezidivstenosen bisher eher unterschätzt wurden.
Insgesamt lag sowohl die periprozeduale als auch die postinterventionelle Komplikationsrate in der vorliegenden Behandlungsserie nicht über den gefäßchirurgisch publizierten Daten.
Abstract:
Carotid artery disease may be responsible for about 30 000 strokes a year in Germany. Carotid endarterectomy (CEA) has been established as the standard treatment for carotid stenosis. Since 1979 percutaneus transluminal angioplasty techniques have been used. Initially angioplasty alone was used, more recently, stent placement has been employed.
Between June 1999 and June 2001 a total of 77 patients (mean age 70,53 years, 45 patients with symptomatic stenoses, 32 patients with asymptomatic stenoses with an increased stroke risk) were treated with carotid stenting. The objective of this study was to evaluate the accuracy of ultrasonography (US) in selecting patients for carotid stenting and in detecting complications in the follow-up period.
The US findings were compared with the angiographic results and with the clinical results. Two independent observers measured the degree of stenosis of the carotid artery using the NASCET method, the ECST method and the CC method. In addition the densitometric and planimetric degree of stenosis was calculated by the semiautomatical system of the angiographic equipment. The Bland-And-Altman method was used to compare the methods of measurement.
The CC method was the most reliable validated method of measuring carotid stenosis. Ultrasonography overestimates the severity of stenoses. The NASCET method underestimates the severity of stenosis, especially when the stenosis is located in the carotid bulb or there is a collapse of the ICA distal to stenosis. ECST has the greatest observer variation because the boundaries of the bulb are to be “guessed”.
The median follow-up time was 9,3 month. With color-coded duplex sonography (CCDS) the visibility of the stents was good in 74 cases. During the six-week postsurgery period occurred four stent thrombosis. Moderate residual stenosis were observed in four patients (5,2%). 14 patients developed neointimal hyperplasia (NIH) during the follow-up period. NIH occurred significantly more frequently when Wall-Stents (high-grade steel) where used. High-grade restenosis were seen in 7 cases (9,1%).
Conclusions:
Color-coded duplex sonography combined with continuous-wave doppler sonography identify reliable high-grade internal carotid stenosis. In comparison to angiography ultrasonography overestimates the severity of stenosis. Color coded duplex sonography gives detailed information of the postinterventionel results and the acute and intermediate postinterventional complications. Therefore, duplex sonography should be used regularly to detect postinterventional complications immediately. The results of the study suppose that stent thrombosis and neointimal hyperplasia occure more frequently than commonly assumed.
The early stroke and death rate and the rate of postinterventional complications were not greater to that published in the multiventer CEA studies.