Inhaltszusammenfassung:
Zu den Folgeerscheinungen einer Quecksilberintoxikation gehört unter anderem das Symptom der Anämie. Diese ist vermutlich auf eine verkürzte Lebensdauer der im Blut zirkulierenden Erythrozyten zurückzuführen.
Erst kürzlich wurde ein neuartiger Mechanismus des erythrozytären Zelltods enthüllt. Danach führt die Aktivierung einer Ca2+-sensitiven Scramblase zur Exposition von Phosphatidylserin an der Zelloberfläche der Erythrozyten. Da Makrophagen mit spezifischen Rezeptoren für Phosphatidylserin ausgestattet sind, binden sie an die entsprechenden Zellen, verschlingen und zerstören sie. Die Scramblase wird durch den Einfluss verschiedener Faktoren aktiviert. Dazu gehören osmotischer Schock, oxidativer Stress und/oder Energiemangel, welche die intrazelluläre Ca2+-Konzentration erhöhen und/oder eine Sphingomyelinase zur Bildung von Ceramid veranlassen. Das gebildete Ceramid wiederum erhöht die Sensibilität der Scramblase für Calcium-Ionen.
Die vorliegenden Experimente wurden durchgeführt, um aufzuklären, ob Quecksilberionen (Hg2+) die Erythrozyten ebenfalls zur Exposition von Phosphatidylserin stimulieren.
Zur Beurteilung der Exposition von Phosphatidylserin wurde die Annexinbindung der Erythrozyten mit Hilfe der Durchflusszytometrie erfasst. So wurde festgestellt, dass Quecksilberionen bei Verwendung von Konzentrationen ≥ 0,03 µM in der Tat die Annexinbindung der Erythrozyten signifikant erhöhen. Außer diesem Effekt wurde sowohl eine vorübergehende Zellschrumpfung, als auch die Bildung von Ceramid beobachtet. Überraschenderweise ließen sich diese Vorgänge nicht in Verbindung mit einem signifikanten Anstieg des intrazellulären Ca2+-Gehaltes bringen.
Abschließend kann man sagen, dass Quecksilberionen über eine Aktivierung der Sphingomyelinase die Bildung von Ceramid induzieren. Außerdem stimulieren sie die Scramblase und somit die Exposition von Phosphatidylserin an der Zelloberfläche, wodurch die rasche Entfernung geschädigter Erythrozyten aus der Blutbahn gefördert wird. Die beobachteten Mechanismen könnten daher an der verkürzten Lebensdauer der zirkulierenden Erythrozyten im Rahmen einer Quecksilberintoxikation beteiligt sein.