Inhaltszusammenfassung:
Über die topographische Dynamik während des Erlernens von bimanuellen Sequenzen ist bisher wenig bekannt. Im EEG-Vorläuferexperiment (Andres et al., 1999) war die Hypothese entstanden, dass der initiale interhemisphärische Kohärenzanstieg bei der Fusion einer bimanuellen Fingerbewegung von Schrittmachern außerhalb von S1/M1 mitgesteuert würde. Diese Studie hat das Ziel, ein mögliches verstreutes kortikales Netzwerk zu evaluieren, welches verantwortlich ist für das Erlernen und Spielen von komplexen bimanuellen Sequenzen, sowie Kandidatenregionen für eine mögliche Schrittmacher- bzw. Autopilotfunktion topographisch zu lokalisieren.
Die neuronalen Korrelate dieser Prozesse wurden bei acht erwachsenen rechtshändigen gesunden Probanden mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRT) untersucht. Die Aufgabe der Testpersonen bestand in einem Verzahnen von einer gelernten rechts- und einer gelernten linkshändigen Sequenz von jeweils acht Tastendrücken bei 1 Hz in eine bimanuelle 2 Hz Sequenz. FMRT-Messungen wurden während der initialen Lernphase und über weitere drei Lernstadien aufgenommen, unterbrochen durch kurze Perioden von spezifischem Training, um die fusionierten Sequenzen in Ausübung und Korrektheit zu verbessern.
Die Zahl der korrekten Sequenzen und Tastendrücke verbesserte sich während der Lernstadien. Das frühe Lernstadium aktivierte ein Netzwerk mit den bilateralen primären sensomotorischen Kortices, dem medialen frontalen Kortex mit der SMA, dem linken dorsolateralen präfrontalen Kortex und nahezu symmetrisch den bilateralen posterioren parietalen Regionen (BA 7).
Die lernabhängigen dynamischen Veränderungen zeigten eine sinkende Aktivierung des Posterioren parietalen Kortex (PPC), jedoch keine relevante Änderung der Aktivierung der SMA. Unimanuelle Kontrollexperimente mit einer Fusion von zwei rechts- bzw. linkshändigen Sequenzen in eine unimanuelle Sequenz konnte ähnliche Verhaltensdaten nachweisen, jedoch weder eine Aktivierung des PPC im frühen Lernstadium noch eine sinkende Aktivierung parallel zu Training und Konsolidierung.
Zusammenfassend läßt sich sagen, dass der PPC ein möglicher Kandidat für eine Schrittmacher- bzw. Autopilot-Rolle für komplexes bimanuelles Koordinationslernen ist, während die SMA eher verantwortlich ist für eine zeitliche Feinabstimmung von Fingerbewegungen, wenn eine hohe Komplexität von Koordination zwischen den Extremitäten bzw. den Fingern gefragt ist, unabhängig von der Lokalisation der zwei aktiven Körperteile.