Inhaltszusammenfassung:
Im klinischen Erscheinungsbild der Zöliakie hat sich ein epidemiologischer Wandel vollzogen. Wurde vormals überwiegend das klassische Erscheinungsbild der Zöliakie beschrieben, so beobachtet man heute immer mehr Patienten mit den silenten Präsentationsformen der Zöliakie. Dies hat allerdings weniger mit einem Wandel der Krankheit per se zu tun, als viel mehr mit der verbesserten Diagnostik - nicht zuletzt Dank der Fortschritte auf dem Gebiet der Screeningmethoden.
Aus vorhergehenden Studien ist bekannt, dass die primäre genetische Assoziation der Zöliakie mit dem HLA-Locus DQA1*0501 - DQB1*0201 (DQ2) bzw. DQA1*0301 - DQB1*0302 (DQ8) besteht. Für Deutschland lagen solche Daten bisher jedoch nicht vor, weswegen wir ein repräsentatives Kollektiv des Tübinger Zöliakiezentrums, nebst Kontrollgruppenkollektiv, auf HLA-DQ2 und HLA-DQ8 hin analysierten.
Von den insgesamt 69 analysierten Patienten dieser Studie waren 2 für DQ2 DQA1*0501 - DQB1*0201 Homozygot (2,9%) und 58 Heterozygot (84,1%). Insgesamt waren somit 60 von 69 Patienten für DQ2 positiv, was DQ2= 87% entsprach. Von den insgesamt 26 Probanden des Kontrollgruppenkollektives waren insgesamt 5 DQ2 positiv (19,2%), was der Prävalenz in einer kaukasoiden mitteleuropäischen Gesamtpopulation mit 20,7% recht nahe kam.
Vier unserer Patienten waren für DQA1*0301-DQB1*0302 (DQ8) Heterozygot, was DQ8 = 5,8% entsprach, im Kontrollgruppenkollektiv lediglich einer (3,8%). Von den 4 DQ8 positiven Patienten waren 2 für DQ2 und DQ8 Heterozygot, somit also DQ2 und DQ8 positiv 2,9%.
Insgesamt waren 90,2 % der Patientengruppe für DQ2 und DQ8 positiv.
Das HLA DQA1*0501 - DQB1*0201 (DQ2) Heterodimer war in unserem Patientenkollektiv mit Zöliakie gegenüber der gesunden Kontrollgruppe mit einem RR von 19,127 (KI 95% = 9,354 - 39,107) signifikant erhöht. Lediglich 7 der 69 Patienten waren für DQ2 und DQ8 negativ = 9,8%.
Alle 7 DQ2 und DQ8 negativen Patienten zeigten zumindest ein Allel des DQ2 Heterodimers, sie waren somit alle entweder für DQA1*0501 oder DQB1*0201 positiv. Wir kamen bei den DQ2/DQ8 negativen Patienten zu der Schlussfolgerung, dass bei den DQ2/ DQ8 negativen Patienten bereits ein Allel des DQ2-Heterodimers ausreichte um die Prädisposition für Zöliakie vorzuweisen.
Bei der retrospektiven Validierung der Klinik in Relation zu der genetischen Analyse konnten wir nachweisen, dass Patienten welche DQ2-Homozygot, DQ8 positiv oder DQ2 & DQ8 positiv waren, eine verstärkte genetische Prädisposition hatten an Zöliakie zu erkranken. Bei der vergleichenden Betrachtung zeigten alle Patienten mit einem risikoreicheren DQ-Status die klassische Präsentationsform, mit schwerer Zottenatrophie (TVA / Marsh 3c). Sie erkrankten allesamt früher, zeigten ein retardiertes Wachstum und wurden interessanterweise schneller diagnostiziert.
Unter dem Gesichtspunkt des Stellenwertes der HLA-DQ Typisierung hinsichtlich der serologischen und bioptischen Diagnostik zeigte sich, dass eine alleinige Diagnostik der Zöliakie mittels HLA-DQ Typisierung nicht zu vertreten ist.
Betrachtet man die HLA-DQ Typisierung, neben Klinik, Biopsie und Serologie jedoch als ein weiteres Indiz für die Diagnose Zöliakie, so repräsentiert sie eine nützliche Hilfsmethode in der Diagnostik, insbesondere bei Patienten mit einer subklinischen Präsentationsform oder beim Ausschluss einer Zöliakie.
Abstract:
Background: Celiac disease is a multifactorial disorder of the proximal small intestine associated with a permanent intolerance to gluten. The HLA DQA*0501 - DQB1*0201 (DQ2) heterodimer and the DQA1*0301 - DQB1*0302 (DQ8) heterodimer are strongly associated with this disease.
Materials and Methods: The author studied a sample of 95 Caucasoid individuals from Southern Germany: 69 patients with celiac disease and 26 control subjects.
The author typed the HLA-DQA and DQB genes by DNA methods. The significance and the relative risk were studied.
Results: From the 69 analyzed patients 2 were HLA DQA*0501 - DQB1*0201 (DQ2) homocygous (2,9%) and 58 heterocygous (84,1%). Together 60 of 69 (87%) patients were positive for DQ2. From the 26 controls 5 (19,2 %) were positive for HLA DQA*0501 - DQB1*0201 (DQ2). This is similar to an estimated prevalence of 20,7 % in an average Caucasoid population of mid Europe. Four of our patients (5,8%) were heterocygous for DQA1*0301 - DQB1*0302 (DQ8). In the control sample only 1 subject (3,8%) was positive for DQA1*0301 - DQB1*0302 (DQ8). Altogether 90,2% of our patients were positive for DQ2 and DQ8. The HLA DQA*0501 - DQB1*0201 (DQ2) heterodimer was significantly increased in our patient sample with a relative risk [RR] of 19,127 (confidence interval [CI 95%] 9,354 - 39,107). Only 7 out of our 69 patients were negative for HLA DQA*0501 - DQB1*0201 (DQ2), but all of them showed at least 1 allele of the DQ2 heterodimer. At the retrospective validation of the clinical symptoms in relation to the genetic analysis we were able to demonstrate that all patients which were DQ2 homocygous, DQ8 positive or DQ2 & DQ8 positive had an increased genetic susceptibility for celiac disease. All those patients presented the classical form of celiac disease with severe villi atrophy (TVA / Marsh 3c), they also sickened more severe and earlier, they showed a retarded growth but they were interestingly diagnosed more quickly.
Conclusions: The presence of the HLA DQA*0501 - DQB1*0201 (DQ2) and in those negative for DQ2 the HLA DQA1*0301 - DQB1*0302 (DQ8) heterodimer is strongly associated with celiac disease. Those patients which were DQ2 homocygous or positive for DQ2 and DQ8 showed a correlation with an early onset of disease and an increased severity.