Inhaltszusammenfassung:
HINTERGRUND: Die chemotherapieinduzierte Anämie gilt als ein limitierender Faktor in der Therapie des Mamma- und Ovarial-Ca. Als ihre Ursache galt bisher die Suppression des Knochenmarks, da es wegen seiner hohen Zellteilungsrate gegenüber Chemotherapeutika besonders sensibel ist. Aus Studien ist bekannt, dass eine nennenswerte Reduktion des Hb in vielen Fällen bereits eine Woche nach Applikation der ersten Chemotherapie eintritt. Da Erythrozyten eine mittlere Lebensdauer von 120 Tagen haben, kann die chemotherapiebedingte Anämie nicht allein durch eine Knochenmarksdepression erklärt werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass im Verlauf einer Chemotherapie vorhandene Erythrozyten zugrunde gehen.
METHODEN: 51 Patientinnen, die sich aufgrund ihrer Diagnose Ovarial- oder Mamma-Ca einer Chemotherapie unterziehen mussten, wurden in die Studie aufgenommen. Folgende Zytostatika wurden eingeschlossen: Epirubicin, Cyclophosphamid, Paclitaxel, Docetaxel, 5-Fluorouracil und Carboplatin. Die Verformbarkeit der Erythrozyten wurde mittels Laserdiffraktoskopie vor und direkt im Anschluss an die Zytostatikaapplikation gemessen und mit den Hb-Werten verglichen.
ERGEBNISSE: Die Erythrozytenverformbarkeit wird durch Zytostatika in Abhängigkeit des Therapieschemas signifikant reduziert (p < 0,01). Der Rückgang der Erythrozyten-verformbarkeit korreliert mit der Reduktion des Hb-Wertes (R2 = 0,34 – R2 = 0,74). Die direkt toxische Wirkung der Chemotherapeutika ist bereits unmittelbar nach deren Verabreichung als Rückgang der Erythrozytenverformbarkeit zu messen (p = 0,38 – p < 0,0001). Aus der Reduktion der Verformbarkeit im ersten Chemotherapiezyklus lässt sich das individuelle Risiko einer Patientin abschätzen, eine chemotherapieinduzierte Anämie zu entwickeln (N = 18, p = 0,006). In Einzelfällen konnte ein positiver Einfluss von Erythropoietin auf die Erythrozytenverformbarkeit nachgewiesen werden.
SCHLUSSFOLGERUNG: Die postulierte Schädigung der Erythrozyten im Sinne einer Verschlechterung ihrer Verformbarkeit durch die Zytostatika kommt als Ursache einer chemotherapieinduzierten Anämie in Frage. Das Risiko einer Patientin eine chemotherapieinduzierte Anämie zu entwickeln, lässt sich vorhersagen. Eine begleitende frühzeitige Erythropoietinsubstitution kann eine therapielimitierende Anämie verhindern.