Neurochemische Befunde bei Wistar-Ratten im akuten und protrahierten Opiatentzug

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-20800
http://hdl.handle.net/10900/44747
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2005
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Sonstige
Gutachter: Wolffgramm, Jochen
Tag der mündl. Prüfung: 1999-12-02
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Opiatrezeptor , Dopaminrezeptor
Freie Schlagwörter: Etonitazen , orale Selbstverabreichung , Opiatentzug
µ-opioid receptor , etonitazene , oral self-administration , dopamine D1/5 receptor, opioid withdrawal
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

In der vorliegenden Arbeit sollte untersucht werden, ob die achtwöchige orale Einnahme des Opioides Etonitazen durch Wistar-Ratten neben kurzfristigen Veränderungen zu protrahierten Adaptationen neurochemischer Strukturen der Signaltransduktion führen kann. Zugleich wurde gefragt, ob sich innerhalb dieses Zeitraumes ein freiwilliger Konsum des Opioides unterscheidbar von einem erzwungenen (forcierten) Konsummuster abbilden würde. Einem Teil der in Einzelhaltung lebenden Tiere wurde die Wahl zwischen Etonitazenlösung und Wasser ermöglicht. Eine zweite Gruppe bekam ausschließlich Etonitazenlösung zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfs. Die neurochemischen Untersuchungen wurden nach zweitägigem bzw. sechswöchigem Entzug durchgeführt. Bei der Untersuchung des mu-Opioidrezeptors (MOR) wurden keine Veränderungen der maximalen Bindungsdichte oder Rezeptoraffinität gemessen. Die max. Bindungsdichte der MOR-gekoppelten Gi/o-Proteine war im akuten Entzug in beiden konsumierenden Gruppen erhöht, während die intrinsische Fähigkeit des MOR-Agonisten DAMGO zur G-Proteinaktivierung in der forciert behandelten Gruppe im gleichen Zeitraum verstärkt war. Insgesamt war die Entkoppelung der Gi/o-Proteine vom MOR im akuten Entzug erschwert. Die Ergebnisse deuten auf eine vor allem dosisabhängige Erhöhung des G-Proteinpools und Verstärkung der G-Proteinaktivierbarkeit im akuten Entzug hin. Im akuten Entzug zeigten sich eine erhöhte Dichte des Dopamin D1/5-Rezeptors und eine Verstärkung der hochaffinen Bindungsstelle innerhalb der forciert behandelten Gruppe im "limbischen Vorderhirn" (inkl. Nucleus accumbens). Dem gegenüber war die Bindungsdichte nach sechswöchiger Abstinenz erniedrigt und die hochaffine Bindungsstelle abgeschwächt. Die gemessene Erhöhung bzw. Erniedrigung der max. D1/5-Bindungsdichte und die Verstärkung bzw. Abschwächung der hochaffinen Bindungsstelle könnten als Gegenregulation zu einer vermuteten verminderten basalen Dopaminausschüttung im akuten bzw. einer sensitisierten Dopaminausschüttung im protrahierten Entzug aufgefasst werden. Die Stimulierbarkeit der Adenylatzyklase (AC) über Aktivierung des Dopamin D1/5-Rezeptors war gleichzeitig im "limbischen Vorderhirn" im akuten Entzug und nach sechswöchiger Abstinenz in allen substanzerfahrenen Gruppen erniedrigt. Aus den Messungen ergab sich eine funktionelle Entkoppelung von D1/5-Rezeptor und stimulatorischen G-Proteinen. Die pharmakologische Potenz von GTPgammaS zur Inhibition der AC war im "limbischen Vorderhirn" im akuten Entzug und nach sechswöchiger Abstinenz in allen substanzerfahrenen Gruppen signifikant verstärkt. Die signifikant erniedrigten EC50-Werte wurden als persistierende Sensitisierung des inhibitorischen G-Proteinwegs interpretiert. Die persistierende funktionelle Entkoppelung von D1/5-Rezeptor und stimulatorischen G-Proteinen während gleichzeitiger Sensitisierung des inhibitorischen u.a. D2-rezeptorgekoppelten G-Proteinwegs wurde als persistierende Dysbalance gewertet, die in einem Hirnareal auftrat, dass mit den verstärkenden und verhaltensmodulierenden Wirkungen der Opioide verknüpft ist. Möglicherweise sind diese Langzeitfolgen einer oralen Etonitazenselbsteinnahme mit Adaptationen des motivierten Verhaltens verbunden. Insgesamt ließen sich keine gesonderten Effekte des freiwilligen Konsummusters auf neurochemische Adaptationen nachweisen. Es wird hier in erster Linie von dosisabhängigen Veränderungen im Rahmen eines intermittierenden Verabreichungsschemas ausgegangen. Grundsätzlich sind neben aktiven adaptiven Vorgängen neurodegenerative Prozesse durch Agonisteneinwirkung oder Entzug als Ursache für persistierende neurochemische Veränderungen nicht auszuschließen.

Abstract:

Rats orally self-administered the selective mu-opioid receptor (MOR) agonist etonitazene for 8 weeks (forced and free choice conditions yielding high and low dose intake). The animals were sacrificed after 2 days respectively after 6 weeks of drug deprivation. Neurochemical studies were performed to reveal possible changes of cortical and mesolimbic signaltransmission; main hypothesis expected changes of MOR-binding, G-protein coupling, Dopamine D1/5-receptor-binding and activity of adenylylcyclase (AC). The total MOR-receptor-binding or receptor-affinity in 3[H]-DAMGO binding studies were not changed by etonitazene pretreatment in either drug consuming group compared do drug-naive controls. Total binding of MOR-coupled Gi/o-proteins in 35[S]GTPgammaS-binding studies and the intrinsic capability of DAMGO to activate G-proteins were increased after 2 days of drug deprivation only in both drug consuming groups. The results were seen as a dose-related increase of the G-protein-pool and increase in potential G-protein-activity. SCH23390-binding-studies in limbic forebrain (including nucleus accumbens) revealed a higher dopamine D1/5-receptor binding density and strengthening of high-affinity-binding after two days of drug deprivation among the group of forced drug consumption. After six weeks of abstinence dopamine D1/5-receptor binding density and high-affinity-binding were decreased among the group of forced drug consumption. Free choice consumption did not display any significant changes of D1/5-receptor binding density respectively high-affinity-binding. Results were interpreted as a counter regulation versus a presumed deprived basal dopamine release during acute withdrawal and a sensitized dopamine release during prolonged abstinence. Stimulation of AC via activation of dopamine D1/5-receptors was reduced in all drug consuming groups after 2 days and six weeks of withdrawal in limbic forebrain. Studies revealed a functional decoupling of D1/5-receptors from Gs-proteins. EC50-values of GTPgammaS to inhibit AC were significantly reduced in all drug consuming groups after 2 days and six weeks of withdrawal in limbic forebrain. The decreased EC50-values were seen as persisting sensitization of inhibitory G-proteins. The lasting functional decoupling of D1/5-receptors from Gs-proteins and at the same time persisting sensitization of inhibitory (also D2-receptor coupled) G-proteins were interpreted as an imbalance of dopamine receptor related signal transmission in a brain area linked to reinforcing and behavioral effects of opioides. The described changes after orally etonitazene consumption might be related to adaptations of motivated behavior. Overall no separate effects of free choice consumption were revealed. Findings were interpreted primarily as dose related adaptations after intermittend drug intake. Besides adaptive effects changes due to neurodegeneration caused by the agonist or by withdrawal seem to be possible.

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