Inhaltszusammenfassung:
Die molekularen Mechanismen der Resistenz maligner Gliome gegenüber Chemotherapie sind nicht geklärt. Bisher wurde kein Parameter gefunden, der die Subgruppe an Patienten identifiziert, die von der Chemotherapie profitieren. Trotz vieler Jahre der Forschung zur Bedeutung des MDR-Mechanismus bei der Therapieresistenz maligner Hirntumoren ist diese Frage nur ungenügend beantwortet.
Die vorliegende Arbeit liefert eine systematische Analyse des MDR-Phänomens in einer großen repräsentativen Gruppe humaner maligner Gliomzellinien. Die Expression von mdr-1/P-gp und mrp-1/MRP1 wurde auf mRNA- und Proteinebene mitttels RT-PCR und Durchflußzytometrie und auf funktioneller Ebene mittels Fluoreszenz-Transport untersucht. Außerdem wurde mittels P-gp/MRP-Inhibitoren die Möglichkeit untersucht, in vitro die Chemosensitivität maligner Gliomzellen zu verstärken. Es hat sich gezeigt, dass die meisten Gliomzellinien entweder über P-gp- oder MRP-Aktivität oder beides verfügen und auf die Hemmung der P-gp/MRP-Aktivität mit erhöhter Sensitivität für spezifische Zytostatika reagieren. Das Spektrum der Zytostatika, deren Wirkung durch P-gp- oder MRP-Inhibitoren potenziert wird, bestätigte frühere Arbeiten an nicht-glialen Zellen. Frühere Untersuchungen, die zeigten, dass Verapamil die Toxizität von Nitrosoharnstoffen beeinflusst, wurden nicht bestätigt. Desweiteren wurden neue Daten zur mRNA-Expression von mrp-2, mrp-3, mrp-4, mrp-5 in humanen Gliomzellinien gezeigt. Die biologische Bedeutung dieser Daten bedarf der weiteren Klärung in Folgearbeiten. Zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Arbeit existierten jedoch keine experimentellen Werkzeuge für weiterführende Untersuchungen. Obwohl die Spezifität verschiedener MDR-Antikörper und deshalb die Bedeutung des MDR-Phänomens in Gliomen angezweifelt wurde, zeigt die gute Korrelation zwischen mRNA- und Protein-Expression als auch der Transportaktivität zusammen mit den deutlichen Effekten der pharmakologischen P-gp/MRP-Hemmung auf die Zytostatikaempfindlichkeit, dass eine biologische Bedeutung des MDR-Phänomens für humane Gliome besteht.
Übereinstimmend mit früheren immunhistochemischen Arbeiten an malignen Gliomen zeigt sich auch in der vorliegenden Arbeit, dass zerebrale Endothelzellen vermutlich eine wichtige Rolle beim MDR-Phänotyp dieser Tumoren spielen. Hohe P-gp- und MRP-Transport-Aktivität wurde in der humanen zerebralen Endothelzellinie SV-HCEC gefunden. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass die zerebralen Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke, durch die Expression von MDR-Transportern, die erste und zentrale Hürde für Zytostatika auf dem Weg sowohl ins Tumorgewebe als auch in das gesunde Hirngewebe darstellen.
Zwischen dem Verlust von Wildtyp-p53-Aktivität und dem Auftreten des MDR-Phänotyps, zweier offensichtlicher Schlüsselfaktoren der Resistenz bösartiger Tumoren gegenüber Zytostatika, besteht eventuell ein Zusammenhang. Wildtyp p53 soll mdr-1, das Gen für P-gp, und auch mrp-1, das Gen für MRP1, reprimieren. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass mutantes p53 nicht nur seine Wildtyp-Aktivität verliert und die Wirkung des Wildtypallels dominant negativ hemmt, sondern, im Sinne eines gain of function-Phänotyps, einen direkt aktivierenden Effekt auf die beiden MDR-Gene und damit auf die Expression und Aktivität der entsprechenden Proteine ausübt. Zur Untersuchung dieses Zusammenhangs haben wir 5 der 12 Zellinien anhand ihres p53-Status ausgewählt und mit einem temperatursensitiven p53-Plasmid transfiziert. Das durch dieses Plasmid kodierte p53V135A nimmt bei 32,5°C Wildtyp-Charakter an und verhält sich bei 38,5°C dominant negativ über endogenes Wildtyp-p53. Als Kontrolle wurden die Zellen parallel mit einem Plasmid transfiziert das nur die Hygromycin-Resistenz enthält. Hier zeigte sich, dass bereits der Temperaturunterschied von 6°C zum Teil deutliche Effekte hat und deshalb die Ergebnisse der p53-Transfektanten sorgfältig betrachtet werden müssen. Diese wurden zunächst auf die Expression und Aktivität von P-gp und MRP bei 32,5°C und 38,5°C untersucht. Anschließend wurde auch der Einfluss auf die Vincristin-Sensibilität und auf die Effekte der P-gp- und MRP-Inhibitoren getestet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es für P-gp und auch für MRP keine einheitlichen Effekte gab. Auch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen p53-Ausstattung der 5 Zellinien lies sich kein schlüssiges Modell des Einflusses von p53 entwerfen. Für P-gp scheint sich am ehesten eine negativ-regulatorische Rolle zu bestätigen, während p53 für die Regulation von MRP1 eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Hier könnten neuere und kommende Arbeiten zu den p53-kontrollierenden Proteinen klarere Einblicke ermöglichen.
Abstract:
The molecular mechanisms underlying resistance to chemotherapy of human malignant gliomas are poorly understood. Understanding and overcoming multidrug resistance may be a promising strategy to develop more effective pharmacotherapies for malignant gliomas.
RT-PCR, immunoblot analysis and flow cytometry showed that human malignant glioma cell lines (n=12) exhibit heterogeneous mRNA expression, protein levels and functional activity of the mdr-1 gene-encoded P-glycoprotein (Pgp) and the MDR-associated protein (MRP1). Inhibition of Pgp (Verapamil, PSC833) or MRP (Indomethacin, Probenecid) resulted in enhanced cytotoxic effects of vincristine, doxorubicin and teniposide. Cytotoxicity of taxol was only affected by Pgp inhibition, whereas cytotoxicity of cisplatin, topotecan, gemcitabine and lomustine was unaffected. Functional activity was the best predictive marker for the ability of MDR inhibitors to sensitize glioma cell lines for chemotherapeutic drugs.
To consider the possible role of the blood-brain-barrier for chemotherapy, we examined the human cerebral endothelial cell line SV-HCEC. These cells exhibited the strongest Pgp activity of all cell lines while MRP expression and activity were comparable with the glioma cell lines.
Since loss of wild-type p53 activity and acquisition of a multidrug resistance phenotype may be interrelated, we examined the influence of p53 on expression and functional activity of Pgp and MRP1. Therefore we introduced the temperature-sensitive p53V135A mutant in 5 human malignant glioma cell lines with different p53 status. This mutant assumes wild-type conformation at 32.5°C and acts as a dominant-negative mutant at 38.5°C. There was a rather heterogenous modulation of the MDR phenotype by both mutant and wild-type p53 that could not be predicted by the p53 background.
In conclusion, our data provide new insights on the MDR phenotype and the regulation of Pgp/MRP1 by p53 in human malignant glioma cell lines.