Inhaltszusammenfassung:
Die Adhäsion von Leukozyten an Endothelzellen trägt zu Störungen der Mikrozirkulation und zu Gewebeschäden bei schwerem Schock, Sepsis und Reperfusion bei. Ebenso wie inflammatorische Reize durch Bakterien und Zytokine induzieren auch mechanische Reize wie der Kontakt mit Fremdoberflächen, Filtration und Zentrifugation die Stimulation von Leukozyten. So wurden auch nach maschineller Autotransfusion von aufbereitetem Wundblut erhöhte Zytokinspiegel sowie systemische Entzündungsreaktionen, Schock und beeinträchtigte Mikrozirkulation beobachtet.
Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der funktionellen und immunologischen Auswirkungen auf die Leukozyten im Transfusat.
Von 27 Patienten mit orthopädischen Eingriffen unter Verwendung eines Autotransfusionsgerätes wurden Proben von Transfusatblut und venösem Blut entnommen. Mittels Durchflusszytometrie bestimmten wir die Expression der leukozytären Adhäsionsmoleküle CD62L (L-Selektin) sowie der beta-Integrine CD11b und CD18. Zur Untersuchung der Rheologie wurden die Leukozyten mit Calcein AM angefärbt. Anschließend perfundierten wir die Vollblutproben in einer mikroskopierbaren Flusskammer unter Fluoreszenzlicht über TNFalpha-stimulierte (4h; 25 ng/ml) humane Nabelschnurendothelzellen (HUVEC). Im Bereich postkapillärer Strömungsbedingungen (shear rates von 300 s-1 bis 50 s-1) verglichen wir die Leukozytenadhäsion und führten danach einen Ablösungsversuch (detachment assay) bei steigenden Flussraten (50 s-1 bis 1600 s-1) durch. Die Auswertung erfolgte mit Hilfe einer Software zur computergestützten Bildanalyse.
Im Flusskammerversuch zeigte sich im Transfusat bei niedriger shear rate eine signifikant höhere Geschwindigkeit rollender Leukozyten. Ein schwächer ausgeprägtes Sticking (feste Adhäsion) sowie ein erhöhter Anteil rollender Leukozyten an allen adhärenten Leukozyten (rolling fraction) wurde bei allen Strömungsbedingungen beobachtet, mit maximaler Differenz im niedrigen shear rate-Bereich, einer Domäne der Integrine. Bei hoher shear rate (L-Selektin-Einfluss) zählten wir im Transfusat weniger rollende Leukozyten pro Fläche. Im Ablösungsversuch zeigte sich die Stabilität der Leukozyten-Endothel-Bindung im Transfusat deutlich abgeschwächt (100, 200 und 800 s-1).
In der Durchflusszytometrie wurde auf den Leukozyten im Transfusat weniger CD62L exprimiert. Bei den Integrinen zeigte CD11b eine Hochregulierung bei allen Subpopulationen, bei CD18 ein leichtes Absinken bei Monozyten.
Im Transfusat zeigen Leukozyten eine ausgeprägte Aktivierung, allerdings auch eine deutliche Funktionseinbuße was den Aufbau stabiler, integrin-vermittelter interzellulärer Bindungen anbetrifft. Das Ergebnis weist auf eine beeinträchtigte Abwehrleistung hin, deren klinische Relevanz es noch weiter zu untersuchen gilt.