Inhaltszusammenfassung:
Die Arbeiten von Birbaumer et al. haben in Vergangenheit hinreichend gezeigt, daß die langsamen Komponenten (SCPs) des Elektroenzephalogrammes bewußt kontrolliert werden können. Auf Grundlage dieses Effektes konnte eine Kommunikationshilfe für schwerstgelähmte Patienten konstruiert werden.
Die transkranielle Magnetstimulation (TMS) ermöglicht eine schmerzlose und nichtinvasive Induktion von elektrischer Spannung in das menschliche Gehirn. Für wenige Millisekunden können durch ein starkes Magnetfeld ausgedehnte Kortexareale depolarisiert werden. Thema der vorliegenden Arbeit ist die Wechselwirkung von TMS mit der Selbstregulation langsamer Hirnpotentiale.
Dreizehn gesunde Probanden und ein gelähmter Patient mit amyotropher Lateralsklerose (ALS) wurden durch visuelle Rückkoppelung trainiert, ihre SCPs selbst zu kontrollieren. Ihre Aufgabe bestand darin, auf ein Signal hin positive oder negative SCPs zu generieren. Ein Durchgang dauerte dabei 5 Sekunden und wurde bei Erfolg mit einer Bildschirmanzeige belohnt. Eine Sitzung bestand aus 70 Durchgängen, pro Proband wurden 27 Sitzungen durchgeführt. Die Potentiale wurden unipolar und zentral von der Elektrodenposition Cz abgeleitet. Neun der dreizehn Probanden erlernten die Selbstkontrolle über ihre langsamen Hirnpotentiale, d. h. eine signifikante Unterscheidung zwischen positiven und negativen Potentialen wurde durch das Training ermöglicht.
Bei drei der Probanden wurde TMS repetitiv mit einer Frequenz von 1 Hz in Blöcken von 12 Minuten zwischen zwei Sitzungen appliziert. Dies führte zu einer nichtsignifikanten Verschiebung der SCPs in (elektrisch) negative Richtung. Hier könnte die repetitive TMS über Strukturveränderungen von Kanalproteinen zu einer längerfristigen Depolarisation geführt haben, wie es bei Chen et. al. beschrieben wird.
Den restlichen zehn Probanden und dem ALS-Patienten wurde TMS als Einzelimpuls während jedes Durchganges appliziert. Dies geschah unter drei verschiedenen Bedingungen: der direkten Stimulation über Cz, der Messung ohne Stimulation und einer Placebo-Stimulation (sham) mit gekippter TMS-Spule über dem Temporallappen.
Die Stimulation über Cz erleichterte den Probanden nichtsignifikant das Generieren von negativen SCPs. Die durch subjektive Erwartungsspannung vor jedem Durchgang erhöhte kortikale Negativität könnte durch weitere Depolarisation mittels TMS verstärkt worden sein.
Die Placebo-Stimulation führte zu einer signifikanten Verschiebung der Amplitudenverläufe um 4-7 μV in positive Richtung (p= 0,043 im Wilcoxon-Test), das Generieren positiver SCPs fiel den Probanden um 5-10% leichter. Durch Miterregung der mimischen Muskulatur kann die Placebo-Stimulation als distraktiver Stimulus verstanden werden, der während einer Konzentrationsleistung zu positiven SCPs führt, was von Rockstroh et al. bereits hinreichend gezeigt wurde. Nach neueren Arbeiten ist auch eine Spannungsinduktion durch die Placebo-Stimulation nicht auszuschließen, so daß eine temporale Depolarisation zentral (Cz) zu einer relativen Positivierung geführt haben könnte.
Bei dem ALS-Patienten ergab es ein gegenteiliges Ergebnis, was mit dem relativen Übergewicht inhibitorischer Korbzellen bei ALS erklärt werden kann, die durch TMS depolarisiert positive SCPs erzeugt haben könnten.
Die Lernfähigkeit und-geschwindigkeit der Probanden zeigte sich in allen Versuchsteilen von der Stimulation unbeeinflusst.
Modifikationen des beschriebenen Aufbaus sowie Anwendung weiterer Methoden werden empfohlen, um die Wechselwirkung zwischen TMS und der SCP-Selbstregulation weitergehend zu beschreiben.
Abstract:
We studied the effects of transcranial magnetic stimulation (TMS) on slow cortical potentials (SCPs) of the brain elicited during performance of a feedback and reward task. Ten healthy participants were trained to self-regulate their SCP amplitude using visual feedback and reward for increased or decreased amplitudes. Subjects participated in 27 runs
(each comprising 70 trials) under three different conditions: single-pulse TMS delivered with the coil centered over Cz (vertex), over a lateral scalp position (LSP), which increased task difficulty, and in the absence of stimulation. Cz stimulation led to a non-significant enhancement of negative SCPs, while LSP stimulation led to a significant increase of positive SCPs. These results are consistent with the idea that enhanced task difficulty, as in LSP stimulation, enhances cognitive processing load leading to an increase of positive SCPs. Additionally, the data raise the hypothesis that TMS delivered to bilateral midcentral regions could modulate the amplitude of negative SCPs.