Inhaltszusammenfassung:
Das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom bezeichnet die ab der frühen Embryonalphase bestehende Aplasie von Uterus und Vagina durch eine ausbleibende Verschmelzung der Müllerschen Gänge. Trotz ausgiebiger Forschung konnte bisher für den Großteil der Patientinnen keine Ursache identifiziert werden. Verschiedene Studien weisen jedoch auf eine gestörte Funktion der Hormonrezeptoren im betroffenen Gewebe hin. So zeigt das Endometrium in Gewebeschnitten eine deutlich eingeschränkte Proliferationskapazität und endometriale Stromazellen in Zellkulturexperimenten eine inadäquate Reaktion auf hormonelle Stimulation. Unklar ist jedoch, inwiefern dies auch auf das endometriale Epithel zutrifft. Ein Ziel dieser Arbeit war daher die Etablierung von Zellkultur-Modellen, um die Eigenschaften und das Verhalten des endometrialen Epithels bei MRKHS-Patientinnen zu untersuchen.
Hierfür wurden drei-dimensionale Organoid-Modelle aus dem Endometrium von MRKHS-Patientinnen und Kontroll-Patientinnen etabliert, die das endometriale Epithel der jeweiligen Patientin repräsentieren. Protokolle zur Verarbeitung und Erhaltung der Organoid-Kulturen wurden entwickelt und etabliert. Im Rahmen von Dezidualisierungsexperimenten wurden die Organoid-Kulturen mit Östrogen und Progesteron stimuliert und anschließend das Ansprechen über Expressionsveränderungen von Markergenen wie PAEP mittels qPCR evaluiert. Über Färbungen verschiedener Marker erfolgte zudem eine Charakterisierung der MRKHS-Organoide im Vergleich zu Organoiden von Kontroll-Patientinnen.
In der Kultur zeigten die MRKHS-Organoide eine regelrechte Proliferation und lichtmikroskopisch keine Unterschiede zu den Kontroll-Organoiden. Die hormonelle Stimulation führte zu vergleichbaren morphologischen Veränderungen, adäquaten Expressionsveränderungen von Marker-Genen sowie Hochregulation von ERa und PR in den immunhistochemischen Färbungen. Zusammenfassend ergaben sich daher im Organoid-Modell keine Hinweise auf eine gestörte Hormonrezeptorfunktion der endometrialen Epithelzellen bei MRKHS-Patientinnen.
Dies könnte auf einen alleinigen Defekt der endometrialen Stromazellen hindeuten oder aber der isolierten Kultivierung beider Zelltypen geschuldet sein, die normalerweise in vivo eine enge Kommunikation hegen. Zukünftig wird unser Organoid-Modell auch durch mögliche Ko-Kultur-Experimente neue Möglichkeiten für die MRKHS-Forschung eröffnen.
Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war der Gewinn neuer Erkenntnisse über die Eigenschaften und Zusammensetzung der Uterus-Rudimente von MRKHS-Patientinnen, unter anderem hinsichtlich möglicher Zusammenhänge mit assoziierten Fehlbildungen. Hierfür erfolgte die Auswertung von OP- und Pathologie-Berichten einer großen Kohorte von MRKHS-Patientinnen, die an unserer Klinik operiert wurden.
Hierbei zeigte sich eine klare Heterogenität zwischen MRKHS Typ I und II auf. Variablen wie der MRKHS-Subtyp oder assoziierte Malformationen waren sowohl mit einer unterschiedlichen Häufigkeit von Uterus-Rudimenten als auch mit einer unterschiedlichen Rudiment-Größe sowie Frequenz von Endometrium assoziiert. Dies unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung hinsichtlich der zugrunde liegenden molekularen Pathways sowie möglicher Unterschiede zwischen MRKHS-Subtypen.