Inhaltszusammenfassung:
Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine Online-Befragung, die den Umsetzungsstand und die Wirkung zweier neuer Gewaltpräventionsmaßnahmen im Fußball, den sog. Kapitänsdialog und das DFB-STOPP-Konzept, überprüfen soll. Hierfür wurden alle Unparteiischen im Verbandsgebiet des Württembergischen Fußballverbands gebeten, ihre Erfahrungswerte der Hinrunde der Saison 2024/2025 zu schildern; über 1.400 Personen nahmen an der Umfrage teil.
Beide Maßnahmen wurden bundesweit zu Beginn der Saison 2024/2025 eingeführt, um insbesondere im Amateurbereich unsportliches Verhalten, Respektlosigkeiten gegenüber Unparteiischen sowie Eskalationen auf dem Spielfeld einzudämmen.
Der Kapitänsdialog sieht vor, dass in Konfliktsituationen ausschließlich die Spielführerinnen bzw. Spielführer mit den Unparteiischen kommunizieren dürfen. Ziel ist es, Rudelbildungen und übermäßige Proteste zu vermeiden. Die Befragung zeigt eine breite Zustimmung unter den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern: Über 95 % bewerten die Maßnahme grundsätzlich positiv. Jedoch wird ihre praktische Umsetzung in der Hinrunde als noch ausbaufähig eingeschätzt. Problematisch erscheint zudem, dass die Maßnahme in der Praxis uneinheitlich umgesetzt wird; während einige Unparteiische sie konsequent anwenden, verzichten andere ganz darauf oder legen sie unterschiedlich aus. Dies führt zu Unsicherheiten bei den Mannschaften, insbesondere über die tatsächliche Reichweite des Kommunikationsverbots für diejenigen Spielerinnen und Spieler, die nicht das Kapitänsamt innehaben. Ein Großteil der Befragten wünscht sich daher einheitliche Schulungen und eine klarere Kommunikation der Maßnahme gegenüber allen Beteiligten, auch im Profibereich – dieser wird von vielen als negatives Vorbild wahrgenommen, da die Maßnahme dort nicht stringent durchgesetzt wird.
Bei der zweiten Maßnahme, dem DFB-STOPP-Konzept, ist vorgesehen, dass in eskalierenden Spielsituationen eine kurzfristige Spielunterbrechung („Cooling off period“) eingeleitet wird, bei der sich die Teams in ihre Strafräume zurückziehen müssen. Die Idee des Konzepts wird vom Großteil der Unparteiischen begrüßt; diejenigen, die es bereits nutzten, berichten überwiegend positiv darüber. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch auch hier aus einem geringen Informationsstand der beteiligten Teams sowie aus Unsicherheiten über die korrekte Anwendung. Ein Teil der Unparteiischen befürchtet zudem, durch den Einsatz an Souveränität einzubüßen. Wie beim Kapitänsdialog wird ein deutlicher Schulungs- und Kommunikationsbedarf für alle am Fußballspiel beteiligten Personen konstatiert.
Beide Maßnahmen werden von den Unparteiischen grundsätzlich als potenziell wirksame Mittel zur Gewaltprävention im Fußball angesehen. Ihre erfolgreiche Implementierung hängt jedoch maßgeblich von der konsequenten, einheitlichen und gut kommunizierten Anwendung ab. Die Studie liefert wichtige Impulse für die weitere Optimierung und Verankerung dieser Konzepte im Spielbetrieb. Darüber hinaus wird empfohlen, auch die Perspektiven von Spielerinnen und Spielern sowie Trainerinnen und Trainern zu erheben, um bestehende Informationslücken zu identifizieren und passgenaue Weiterbildungs- sowie Kommunikationsstrategien zu entwickeln.