Inhaltszusammenfassung:
Die epidemiologische Untersuchung der SARS-CoV-2 spezifischen T-Zell-Antwort umfasste initial 103 Familien mit einem nachweislich infizierten familiären Indexfall, bei denen nach 11-12 Monate (06.02.21-14.03.2021) mittels 12-tägiger Präsensitivierung und nachfolgendem Interferon-y-ELISPOT-Assay die SARS-CoV-2 spezifische und kreuzreaktive T-Zell-Antwort analysiert wurde. Die Familienmitglieder hatten mehrheitlich asymptomatische oder milde Infektionen. Der erste Zeitpunkt der T-Zell-Analyse fand 3-4 Monate (11.07.2020-09.08.2020) nach Infektion statt. Die HLA:Peptide, die von dem Institut für Immunologie in Tübingen charakterisiert und uns zur Verfügung gestellt wurden, wurden zur Stimulation der T-Zellen in SARS-CoV-2 spezifische und kreuzreaktive HLA-Klasse-I-Peptidmixe (SI und CI) und HLA-Klasse-II/DR-Peptidmixe (SII und CII) eingeteilt. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden mit den T-Zell-Daten der ersten Probenaquise und mit den, von Renk et al erfassten, serologischen Daten verglichen. Im Rahmen der SARS-CoV-2 Pandemie zeigten Kinder ein geringeres Risiko für schwere Krankheitsverläufe als Erwachsene. In meiner untersuchten Kohorte zeigten sich signifikant weniger Kinder in der SARS-CoV-2 spezifischen T-Zell-Antwort positiv als Erwachsene. Es zeigte sich bei dem Vergleich der gemessenen Intensitäten in den Peptidstimulationen der SARS-CoV-2 spezifischen HLA-Klasse-I (SI) und HLA-Klasse-II/DR (SII) niedrigere Intensitäten in der Kindergruppe im Vergleich zu den Erwachsenen. In der serologischen Immunantwort zeigten sich ebenso wie in der SARS-CoV-2 spezifischen T-Zell-Antwort signifikant weniger Kinder positiv als Erwachsene. Außerdem wurde eine starke Korrelation zwischen SARS-CoV-2 negativer serologischer Antwort und negativer T-Zell-Antwort festgestellt. Jedoch hatten 27,5 % der Kinder und 21 % der Erwachsenen mit einer negativen serologischen Immunantwort eine positive SARS-CoV-2 spezifische T-Zell-Antwort. Diese Diskrepanz zwischen T-Zell-Antwort und Serostatus könnte bedeuten, dass nicht alle SARS-CoV-2 Infizierten durch rein serologische Testverfahren erkannt werden. Die Intensitäten der doppelt positiven Probanden, d.h. SARS-CoV-2 spezifischer Serostatus und T-Zell-Antwort positiv, waren mehrheitlich höher als bei den Probanden, die zwar eine positive T-Zell-Antwort aber keinen positiven Serostatus aufwiesen. Im Vergleich der SARS-CoV-2 spezifischen T-Zell-Antwort zwischen dem ersten Zeitpunkt und dem zweiten Zeitpunkt der Probenaquise zeigten sich mehr Kinder als Erwachsene an beiden Zeitpunkten negativ. Zudem wurden mehr zuvor positiv getestete Kinder nach 11-12 Monaten negativ in der spezifischen T-Zell-Antwort getestet als Erwachsene. In den spezifischen Peptidstimulationen zeigte sich bei beiden Gruppen über die Zeit eine signifikante Abnahme der Intensitäten. Im Vergleich zwischen kreuzreaktiver und spezifischer T-Zell-Antwort zeigte sich, dass eine gemeinsame positive kreuzreaktive und spezifische T-Zell-Antwort in beiden Gruppen am häufigsten vorkam. Zudem war die Anzahl der Kinder mit negativer kreuzreaktiver und negativer spezifischer T-Zell-Antwort gegen SARS-CoV-2 höher. Die große Anzahl an negativ getesteten Kindern in der spezifischen T-Zell-Antwort zu beiden Zeitpunkten, zusätzlich zu negativem Serostatus, legt die Vermutung nahe, dass weniger Kinder zu Beginn der Pandemie 2020 in Baden-Württemberg infiziert waren. Dieses Phänomen könnte mit den Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung der Virusverbreitung zum Infektionszeitpunkt zusammenhängen. Da jedoch eine Infektion im Laufe des Jahres 2020 mit steigenden Infektionszahlen auch bei Kindern immer wahrscheinlicher wurde, könnten auch biologische Faktoren hinter der hohen Anzahl an SARS-CoV-2-negativen Kindern ursächlich sein. Diese Faktoren könnten nach aktuellem Forschungsstand auf eine effizientere angeborene Immunantwort, eine gut koordinierte adaptive Immunantwort und somit eine schnelle Eliminierung des Virus bei Kindern zurückzuführen sein. Diese Mechanismen könnten zu einer geringeren Bildung von Memory T-Zellen führen, die mit unserem Testverfahren nicht nachweisbar sind. Ein klinisch sichtbarer Unterschied in der Immunantwort zwischen Kindern und Erwachsenen ist das multisystemische inflammatorische Syndrom bei Kindern (MIS-C), das intensivere Forschung erfordert.