Immunologische Marker und somatische Mutationen als Prädiktoren für die Therapieauswahl beim metastasierten Nierenzellkarzinom

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/162287
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1622876
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-103619
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2025-02-19
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Bedke, Jens (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2025-01-27
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

In der vorliegenden Promotionsarbeit wurde die Expression der immunologischen Marker PD L1, BTLA, hTIM3, CTLA4 und LAG3 beim mRCC untersucht. Die Immuntherapie mit ICI ist die Grundlage der adjuvanten und metastasierten Therapie des RCC. Es gibt jedoch keine im klinischen Alltag anwendbaren Biomarker, die das Therapieansprechen vorhersagen. Die Auswahl der Systemtherapie basiert auf dem IMDC Risikomodell [189]. Die ausgewählten immunmodulatorischen Marker sind für das RCC im Kontext von Tumorprogress oder Therapieoptionen von Bedeutung bzw. kommen hierfür aufgrund ihrer physiologischen Eigenschaften potenziell in Betracht. Die Kohorte bestand aus 111 Patienten, die an einem mRCC erkrankt waren und zwischen 1998 und 2020 am UKT operiert und/oder systemisch therapiert wurden, wobei das letzte FUP im Oktober 2020 erhoben wurde. Eingeschlossen wurden sowohl klarzellige als auch papilläre und chromophobe histologische Subtypen. Auf die Erstellung von TMAs folgten immunhistochemische Färbungen mit validierten Antikörpern. Die Ergebnisse wurden mit dem Ziel der Objektivierbarkeit mit der Bildanalyse-Software Tissue Studio® v.4.4.3 (Definiens AG, München, Deutschland) ausgewertet und anschließend die Proteinexpression mit dem ScoreTS berechnet. Hierfür wurden 111 Primärtumoren (101 ccRCC, 6 papRCC, 2 chrRCC, 1 Mischtyp, 1 nicht klassifizierbar) sowie 230 Metastasen (FFPE) untersucht. Bei 59 Patienten lag Primärtumor- und korrespondierendes Metastasengewebe, bei 51 Patienten Material aus mehreren Metastasen unterschiedlicher Lokalisation vor. Mit der Zielsetzung Rückschlüsse auf Vorhersagbarkeit für Therapieansprechen oder Krankheitsprogress beim mRCC anhand der untersuchten Marker zu ziehen, wurde die Höhe der Proteinexpression hinsichtlich der intertumoralen Heterogenität in Primärtumorgewebe und korrespondierenden Metastasen analysiert. PD L1 war in Metastasen unabhängig von der Lokalisation signifikant höher exprimiert als im Primärtumor (p = 0,0011). BTLA hingegen war im Primarius signifikant höher exprimiert als in Metastasen (p = 0,037). Die höchste Expression zeigte BTLA in Lokalrezidiven, sowie in den immunologisch sensiblen Organen Lymphknoten und Nebenniere. In Lunge und Knochen zeigte sich im Vergleich hierzu eine signifikant niedrigere Expression (p = 0,028). Damit bestätigten wir die intertumorale Heterogenität der Proteinexpression zwischen Primärtumor und entsprechender Metastase für PD L1 und BTLA. Für hTIM3, CTLA4 und LAG3 hat sich kein signifikanter Unterschied gezeigt. Betrachtet man die Tumorexpression im zeitlichen Verlauf, zeigen sich für PD L1, BTLA und hTIM3 keine signifikanten Zusammenhänge. Die Proteinexpression wurde außerdem zu klinisch-pathologischen Merkmalen korreliert, um deren prognostischen Wert beurteilen zu können. Für keines der untersuchten Proteine hat sich ein signifikanter Unterschied gezeigt. Ergänzend durchgeführte Überlebensanalysen zeigten eine nicht-monotone Assoziation der PD L1 Expression mit dem Überleben in ccRCC Metastasen. Patienten mit einer niedrigen und einer hohen PD L1 Expression hatten ein schlechteres OS (p = 0,019) oder CSS (p = 0,011). In einem kleinen Bereich dazwischen war das Risiko zu versterben geringer. In dieser Analyse konnten keine möglichen Risiko- oder konfundierenden Faktoren identifiziert werden, die das Überleben beeinflussen. Für BTLA, hTIM3, CTLA4 und LAG3 ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in den Überlebensuntersuchungen. Die vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass es sinnvoll sein kann mehrere Marker auf Proteinebene in der Diagnostik zu kombinieren, um die Vorhersagekraft zu erhöhen. Die bisher nicht klinisch eingesetzten Kombination von Medikamenten, die gegen BTLA, hTIM3 oder LAG3 und PD L1 gerichtet sind, erscheinen vielversprechend. Überdies wurden Korrelationen der Markerexpression auf Proteinebene mit somatischen Mutationen auf DNA-Ebene evaluiert. Genetische Veränderungen sind beim RCC weit verbreitet und gehen meist mit dem Verlust von Tumorsuppressorgenen, am häufigsten VHL, einher. Die PD L1 Expression auf Proteinebene war jedoch negativ mit einer hohen Mutationslast von VHL („all variants“ p = 0,0037; BH adj. p = 0,03) assoziiert. Daher können wir das in anderen Arbeiten beschriebene immunsuppressive TME durch die VHL-Mutation in unserer Studie nicht bestätigen. Die Ergebnisse der Mutationsanalyse könnten den in klinischen Studien beobachteten fehlenden Synergismus von TKI IO Kombinationen bei mRCC erklären. Unerwartet war eine PD L1 Expression positiv mit einer hohen Mutationslast von mTOR („all variants“ p = 0,0026; BH adj. p = 0,03; SIFT oder PolyPhen p = 0,0015; BH adj. p = 0,015; SIFT und Polyphen p = 0,016; BH adj. p = 0,069) assoziiert, was so bisher für das RCC nicht bekannt war. Diese neuartige Korrelation liefert ein starkes wissenschaftliches Argument für die Hinzunahme von mTOR- zu PD L1 Inhibitoren als wirksame Therapiestrategie. Die durchgeführten Zellkulturversuche sollten beleuchten, inwiefern sich zukünftig auf Basis von funktionellen Untersuchungen der identifizierten Markerproteine in Experimenten mit von Patienten abgeleiteten ALI Tumormodellen das in vitro Therapieansprechen prognostizieren lässt. In dem Zytotoxizitätsassay zeigte sich für die mit Nivolumab behandelten ccRCC-TC im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe eine nicht signifikante Zytotoxizität (Mittelwert 0,73 vs. 1). Für valide Prognosestellungen müssen die Methoden standardisiert und angepasst werden, da sie aktuell noch sehr zeit- und kostenintensiv sind. Die Modelle müssen darüber hinaus präziser charakterisiert und das TME besser rekapituliert werden. Inwieweit die Prognosen mit dem Therapieansprechen in vivo korrelieren, bleibt Gegenstand aktueller Forschung. Die Identifikation von prädiktiven Biomarkern sowie die Etablierung präklinischer Zellkulturmodelle in der Diagnostik und Therapieplanung des RCC bereiten bisweilen Schwierigkeiten, die u. a. durch die ausgeprägte Tumorheterogenität und die Dynamik der Markerexpression begründet sind, sodass sich hier auch zukünftig weiterer Forschungsbedarf ergibt. Die durchgeführten Mutationsanalysen resultieren in der Überlegung klinische Studien unter Hinzunahme von mTOR- zu PD L1-Inhibitoren zu initiieren. Eine Limitation der Studie ergibt sich aus der alleinigen Untersuchung von Proben an einem TMA, die im Vergleich zu histologischen Vollschnitten eine geringere Aussagekraft besitzen könnten. Immun-Checkpoints bzw. deren Koexpression beweisen jedoch ihr Potenzial, die Biologie des RCC besser zu verstehen, Patienten zielgerichtet mit neuen Kombinationen zu therapieren und das Arzneimittelansprechen oder das Überleben zu prognostizieren.

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