Inhaltszusammenfassung:
Die koronare Herzerkrankung ist eine weltweit häufige Erkrankung, deren meist progredienten Verlauf es zu verhindern gilt. Daher ist es von entscheidender Bedeutung Patienten mit einem hohen Risiko für unerwünschte Ereignisse frühzeitig zu identifizieren. Zu diesem Zweck wurden in der vorliegenden Dissertation etablierte Risikostratifizierungssysteme hinsichtlich der prädiktiven Qualität untersucht. Retrospektiv wurden Daten von 1565 Patienten des TuePIC Kollektives analysiert. Diese unterzogen sich zwischen dem 17.11.2011 und dem 24.10.2014 einer PCI in der medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Tübingen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung litten 745 Patienten an einem ACS und 820 Patienten an einem CCS. Anhand der vorliegenden Daten konnten sieben Risiko Scores für die Kohorte berechnet werden: CALIBER Score (450 Patienten), PREDICT STABLE Score (630 Patienten), GRACE Score 2.0 (739 Patienten), PARIS MB Score (873 Patienten), PARIS CTE Score (900 Patienten), DAPT Score (722 Patienten) und PRECISE DAPT Score (1057 Patienten).
Die Studienteilnehmer wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren nach PCI hinsichtlich des Auftretens der zuvor definierten Endpunkte analysiert. Gewertet wurde der primär kombinierte Endpunkt (KE) als das singuläre oder kombinierte Auftreten von Tod, Myokardinfarkt (MI) oder ischämischem Schlaganfall (IS). Zusätzlich wurden die sekundären Endpunkte Tod, Myokardinfarkt (MI), ischämischer Schlaganfall (IS) und Blutung (ab BARC 2 oder höher) analysiert. Eine Auswertung erfolgte zu den Zeitpunkten ein Jahr, drei Jahre und fünf Jahre. Als Grundlage dienten digitale Patientenakten, Todesanzeigen sowie Telefoninterviews. Somit konnte für insgesamt 85,6% der Studienkohorte eine Endpunktanalyse nach fünf Jahren durchgeführt werden.
Im Rahmen der Analyse wurde eine gute Testqualität als AUC ≥ 0,7 definiert. Für den Endpunkt Tod wiesen vier der sieben Scores zu allen Untersuchungszeitpunkten eine gute Diskriminierungsfähigkeit auf. Hierbei handelte es sich um den CALIBER Score, GRACE Score 2.0, PARIS MB Score und PRECISE DAPT Score. Einzig die Ergebnisse des GRACE Score 2.0 zeigten zu jedem untersuchten Zeitpunkt sowohl für den primär kombinierten Endpunkt als auch den sekundären Endpunkt Tod eine gute Prädiktion. Für den Endpunkt ischämischer Schlaganfall besaßen sowohl der PARIS CTE Score zum Zeitpunkt ein und drei Jahre sowie der CALIBER Score zum Zeitpunkt ein Jahr eine gute Testqualität. Dies galt zudem für den CALIBER Score zum Zeitpunkt ein Jahr für den End-punkt Myokardinfarkt. Keiner der untersuchten Scores verfügte über eine gute Diskriminierungsfähigkeit von Blutungsereignissen innerhalb des gesamten Be-obachtungszeitraumes. Lediglich der CALIBER Score zeigte zum Zeitpunkt ein Jahr eine gute Prädiktion für Blutungen vom Typ BARC 2.
Anhand der vorliegenden Daten konnten vier der sieben Scores zur präzisen Detektion eines erhöhten Mortalitätsrisikos genutzt werden. Besonders geeignet schien der GRACE Score 2.0, da er sowohl für den sekundären Endpunkt Tod als auch den primär kombinierten Endpunkt eine gute Risikoprädiktion ermöglichte. Dagegen sollten Scores zur Erkennung eines erhöhten Blutungsrisikos Gegenstand weiterer Forschungen sein. Zukünftig könnten diese bei der Festlegung der optimalen DAPT Therapie als Entscheidungshilfe dienen.