Inhaltszusammenfassung:
Zur Erreichung des Bildungsauftrages im Sportunterricht sollen sich Schüler:innen u. a. kognitiv mit den sportunterrichtlichen Lerngegenständen auseinandersetzen, was über die Unterrichtsqualitätsdimension der kognitiven Aktivierung näher konkretisiert werden kann. Für die Umsetzung eines kognitiv aktivierenden Sportunterrichts werden die Überzeugungen von Sportlehrkräften als relevant erachtet, welche durch Sozialisationsprozesse geprägt sind. Da kognitive Aktivierung für den Sportunterricht konzeptionell unterschiedlich gedacht wird, stehen empirische Befunde bislang jedoch relativ isoliert nebeneinander. Im Setting Sportlehrkräftebildung ist bislang unklar, wie sich kognitive Aktivierung in den Überzeugungen angehender Sportlehrkräfte zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Ausbildung widerspiegelt.
Das kumulative Promotionsvorhaben fragt, wie sich kognitive Aktivierung im Sportunterricht auf den Ebenen der Konzeption, Umsetzung und Wirksamkeit darstellt sowie darauf aufbauend in den Überzeugungen angehender Sportlehrkräften niederschlägt. Das kumulative Promotionsvorhaben basiert auf fünf Einzelbeiträgen, bestehend aus einem Scoping Review, einem Systematic Review, einer Interviewstudie sowie einer qualitativen Trendstudie. Die Ergebnisse zeigen, dass kognitive Aktivierung im Sportunterricht konzeptionell u. a. auf den Erwerb von gesundheitsbezogenem Wissen, Spielverständnis und Spielfähigkeit sowie Reflexionsfähigkeit zielt. Didaktische Merkmale kognitiver Aktivierung wurden konzeptionell identifiziert und im Handeln von Sportlehrkräften empirisch bestätigt (z. B. offene Problemstellungen, Reflexion des sportlichen Handelns), wobei Sportlehrkräfte zum Teil Schwierigkeiten bei deren Umsetzung hatten. Hinter dem didaktischen Handeln liegende Überzeugungen von Sportlehrkräften hinsichtlich eines kognitiv aktivierenden Sportunterrichts erwiesen sich als ambivalent, was durch die Erkenntnis vertieft werden konnte, dass Sportlehrkräfte das Verhältnis zwischen bewegungsbezogenen und intellektuellen Praktiken auf zeitlicher, räumlicher und medialer Ebene als prekär wahrnahmen. Empirische Befunde zu Lerngewinnen von Schüler:innen wurden im Hinblick auf gesundheitsbezogenes Wissen, motorische Fertigkeiten, Spielverständnis und Spielfähigkeit sowie Motivation nachgewiesen.
Angehende Sportlehrkräfte zu Beginn der Sportlehrkräfteausbildung sind zwar grundsätzlich offen für kognitiv aktivierende Unterrichtsanteile, verwarfen diese aber zugunsten eines transmissiven Wissensvermittlungsgedankens wieder. Zu weiteren Zeitpunkten der universitären Sportlehrkräftebildung zeigten die angehenden Sportlehrkräfte ein zunehmend elaborierteres Verständnis kognitiver Aktivierung, das jedoch konstant von der Überzeugung begleitet wurde, dass kognitive Aktivierung den gewohnten Sportunterricht gefährde.
Diskussions- und Forschungsbedarf besteht u. a. hinsichtlich einer weiteren Operationalisierung des sportunterrichtlichen Bildungsauftrages sowie hinsichtlich einer Verhältnisbestimmung verschiedener Aktivierungsansätze. Implikationen für die Praxis der Sportlehrkräftebildung werden im Hinblick auf eine evidenzorientierte Sportlehrkräftebildung formuliert.