Inhaltszusammenfassung:
Um eine der wichtigsten offenen Fragen der Neutrinophysik zu beantworten, der
Frage nach der Neutrinomassenhierarchie, wird zurzeit das Jiangmen Underground
Neutrino Observatory (JUNO) in der Provinz Guangdong im Südosten Chinas gebaut.
Um das Ziel zu erreichen, die Massenhierarchie mit einer Signifikanz von 3σ in
etwa sechs Jahren Messdauer zu bestimmen, verwendet das Experiment einen Flüssigszintillatordetektor
mit einer Masse von 20 kt und einer bisher unerreichten Energieauflösung
von mehr als 3% bei einer Energie von 1 MeV zur Messung des oszillierten
Elektron-Antineutrino-Spektrums zweier Kernkraftwerke im Abstand von 53 km. Zusätzlich
wird im Rahmen des Experiments ein zweiter Detektor, das Taishan Antineutrino
Observatory (TAO), gebaut, der mit 2.8 Tonnen Gadolinium-versetztem Flüssigszintillator
gefüllt ist, um ein unoszilliertes Referenzspektrum mit einer Auflösung
von mehr als 2% bei einer Energie von 1 MeV zu messen. Detaillierte Berechnungen
des Reaktor-Antineutrino-Spektrums, welche auf nuklearen Messdaten basieren, zeigen
die Existenz einer Feinstruktur, die bisher noch nicht nachgewiesen wurde, jedoch
Auswirkungen auf die Bestimmung der Neutrinomassenhierarchie in einem hochauflösenden
Detektor wie JUNO haben könnte.
In dieser Arbeit wurde eine Vielzahl potentieller Spektren mit solch einer Feinstruktur
generiert, um die möglichen Auswirkungen auf die Sensitivität von JUNO zur
Bestimmung der Massenhierarchie zu untersuchen. Es wurde gezeigt, dass eine fehlende
Kenntnis über die genaue Form der Feinstruktur einen signifikanten Einfluss
auf die Sensitivität haben kann, sofern nur bekannte Modelle des Reaktorspektrums
als Referenz herangezogen werden. Deshalb wird das Spektrum, welches mit dem Detektor
TAO gemessen wird, in einer kombinierten Analyse als Referenzspektrum verwendet,
um die unbekannte Feinstruktur mit Hilfe des unoszillierten Spektrums zu
berücksichtigen. Es konnte gezeigt werden, dass die Feinstruktur keinen negativen Effekt
auf die Sensitivität des Experiments hat, wenn das JUNO-Spektrum durch die
Referenzmessung des TAO-Detektors korrigiert wird. Des Weiteren wurde demonstriert,
dass es ausschlaggebend für das Erreichen der geplanten Sensitivität ist, dass
die Energieauflösung des TAO-Detektors höher ist als die des JUNO-Detektors. Es
konnte gezeigt werden, dass mit einer Messdauer von 6.5 Jahren bei 26.6 GW Reaktorleistung
sowie der bislang unerreichten Energieauflösung von weniger als 3% bei
1 MeV des JUNO-Detektors und weniger als 2% bei 1 MeV des TAO-Detektors, eine
Sensitivität von 3σ (3.1σ) für eine normale (invertierte) Massenhierarchie trotz der
Präsenz einer Feinstruktur im Reaktorneutrinospektrum mit JUNO erreicht werden
kann. Dies zeigt, dass die Asimov-Sensitivität im Fall ohne Feinstruktur eine gültige
Abschätzung der durchschnittlichen Sensitivität des JUNO-Experiments auf die
Neutrino-Massenhierarchie darstellt.
Abstract:
To answer one of the most important open questions in neutrino physics, the neutrino mass ordering (NMO), the Jiangmen Underground Neutrino Observatory (JUNO) is constructed in the Guangdong province in the southeast of China. To reach the goal of determining the NMO with a significance of 3σ in about six years of data taking, it features a 20 kt liquid scintillator detector with an unprecedented energy resolution of better than 3% at 1 MeV which will measure the oscillated electron antineutrino spectrum from nuclear reactors at a distance of 53 km. In addition, its satellite detector, the Taishan Antineutrino Observatory (TAO), filled with 2.8 tons of Gadolinium-loaded liquid scintillator, will measure the unoscillated reactor antineutrino spectrum to provide a reference spectrum with a resolution of better than 2% at 1 MeV. Detailed calculations of the reactor antineutrino spectrum based on nuclear data show the existence of a fine structure that has not yet been observed but could have implications on the determination of the neutrino mass ordering in a high resolution detector like JUNO. In this work, a variety of spectra with such a possible fine structure have been generated to test possible implications on JUNO’s sensitivity to the neutrino mass ordering. It was demonstrated that the lack of knowledge on the fine structure can significantly impact the sensitivity of JUNO if the reference spectrum only relies on the known reactor models. Therefore, the reference spectrum measured with the satellite detector TAO is included in a combined fit to take into account the unknown fine structure in the unoscillated spectrum. It was shown that the fine structure does not introduce a negative impact on the sensitivity if the JUNO spectrum is constrained by the TAO measurement. In addition, it was demonstrated that the requirement of the energy resolution of TAO to be better than the resolution of JUNO is crucial to achieve the desired sensitivity. It was found that with an exposure of 6.5 years × 26.6 GW and the unprecedented energy resolutions of better than 3% at 1 MeV of JUNO and better than 2% at 1 MeV of TAO, a median sensitivity of 3σ (3.1σ) for a true normal (inverted) mass ordering can be achieved with JUNO regardless of the presence of a fine structure in the reactor antineutrino spectrum showing that the Asimov sensitivity of the case without fine structure gives a valid estimate of JUNO’s median sensitivity to the NMO.