Bedeutung verschiedener Ursprungszellen und Fusionspartner für die Entstehung von MLL- translozierten Leukämien

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URI: http://hdl.handle.net/10900/157752
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1577525
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-99084
Dokumentart: PhDThesis
Date: 2024-10-01
Language: German
Faculty: 4 Medizinische Fakultät
Department: Medizin
Advisor: Schneidawind, Corina (PD Dr.)
Day of Oral Examination: 2024-05-13
DDC Classifikation: 500 - Natural sciences and mathematics
Keywords: Leukämie
Other Keywords: Histon-Lysin N-Methyltransferase 2A
KMT2A
MLL1
mixed lineage leukemia
License: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Translokationen des MLL-Gens sind eine häufige Ursache akuter Leukämien. Insbesondere Neugeborene sind sehr stark von dieser Erkrankung betroffen, die in einer überwiegenden Anzahl der Fälle mit einem besonders aggressiven und therapieresistenten Verlauf verbunden ist. Bis zu 80 % aller Leukämien in dieser Alterskohorte sind MLL-transloziert und hauptsächlich mit dem Translokationspartner AF4 assoziiert. Bei Erwachsenen dagegen sind nur 10 % der AML MLL-transloziert mit AF9 als dem bedeutsamsten Fusionspartner und einer intermediären Prognose. Die Ursache für diese altersabhängigen Unterschiede sind bisher nur unzureichend verstanden und Gegenstand aktueller Forschung. Der molekulare Pathomechanismus der Erkrankung umfasst dabei multiple Komplexpartner und führt zu weitreichenden epigenetischen wie auch transkriptionellen Veränderungen. Trotz vielversprechender zielgerichteter Therapien bleibt ein durchschlagender Therapieerfolg bei MLL-translozierten Leukämieerkrankungen bislang aus. In unserer Arbeitsgruppe (Medizinischen Klinik Abteilung Innere Medizin II des Universitätsklinikum Tübingen, Betreuung: PD Dr. med. Corina Schneidawind, Ph.D.) ist es gelungen, ein effizientes, auf der CRISPR/Cas9-Technologie basierendes MLL-translozierte Modell in hämatopoetischen Stamm- und Progenitorzellen (HSPCs) aus Nabelschnurblut zu etablieren, das die Biologie der Erkrankung naturgetreu abbildet. Durch die vergleichende Anwendung dieses Modells in adulten hämatopoetischen Stammzellen ist es möglich, der Fragestellung dieser Arbeit nach dem Einfluss der Translokationspartner und der Ursprungszelle auf den altersabhängigen Unterschied hinsichtlich der Häufigkeit und Prognose von MLL-translozierten Leukämien nachzugehen. Hierfür wurden HSPCs aus adultem Knochenmark isoliert und mit Hilfe der CRISPR/Cas9-Technologie Doppelstrangbrüche an patientenspezifischen Schnittstellen im MLL-Gen sowie im AF4- und AF9-Gen eingebracht. Die hieraus entstandenen Translokationen wurden mittels PCR und Sanger-Sequenzierung sowie Karyotypisierung identifiziert. Die translozierten Zellen wurden mittels myeloischer Flüssigzellkultur angereichert und das Proliferationsverhalten mit Trypan-Blau-Färbung dokumentiert. Das Erreichen einer 100 % reinen MLL-translozierten Zellkultur wurde mittels FISH-Untersuchung bestätigt. Anschließend erfolgte die Charakterisierung des Modells anhand des Immunphänotyps basierend auf durchflusszytometrischen Analysen, der morphologischen Beurteilung mittels May-Grünwald-Giemsa-Färbung sowie der transkriptionellen Analyse durch RT-PCR, RT-qPCR und RNA-Sequenzierung. Die Rolle von FFAR2, ein epigenetischer Tumormarker, und dessen Einfluss auf die Proliferation und Immortalisierung der Zellen wurde durch Verwendung des FFAR2-Antagonisten GLPG0974 ebenfalls untersucht. Die entstandenen MLL-AF4- und MLL-AF9-Zellen aus HSPCs vom Knochenmark generiert, zeigten ein starkes Proliferationsverhalten und monoklonales Auswachsen zu reinen Zellkulturen. Die Charakterisierung ergab eine unreife Zellmorphologie, einen patienten-typischen myelomonozytären Immunphänotyp und erhöhte MLL typische Zielgene. Die Validität dieser Ergebnisse zeigt sich sowohl im Vergleich mit Patientenzellen, aber auch mit den Ergebnissen unserer Arbeitsgruppe zu genomeditierten neonatalen Zellen. Interessanterweise zeigten alle genomedierten MLL-translozierte Zellen aus Nabelschnurblut und Knochenmark ein ungebremstes Zellwachstum bis auf MLL-AF4-Zellen mit den Ursprungszellen aus Knochenmark. Diese stoppten die Proliferation nach etwa 80 Tagen und wurden trotz stabiler Expression des MLL-AF4-Fusionsgens apoptotisch. Die RNA-Sequenzierung zeigte 45 unterschiedlich exprimierte Gene, von denen FFAR2, als das am meisten herunterregulierte Gen identifiziert werden konnte. In MLL-AF4-Zellen zeigte sich die Herabregulation jedoch nur in vermindertem Ausmaß. Wir vermuteten daher, dass die fehlende vollständige Herabregulation von FFAR2 für die fehlende Immortalisierung der genomeditierten MLL-AF4-Zellen aus Knochenmark in myeloischem Milieu verantwortlich sein könnte. Der Einsatz des FFAR2-Antagonisten GLPG0974 unterstrich diese Hypothese funktionell, da adulte MLL-AF4-Zellen unter Einfluss des Antagonisten erneut eine erhöhte Proliferation und Überleben aufwiesen, während neonatale MLL-AF4-Zellen hiervon unbeeinflusst blieben. Unsere Beobachtung, dass MLL-AF4-Zellen aus Knochenmark nicht in der Lage sind, eine Immortalisierung unter myeloischen Bedingungen zu erreichen, ist vereinbar mit der Klinik, bei der MLL-AF4-Leukämien bei Erwachsenen im Gegensatz zu MLL-AF4-Leukämien bei Neugeborenen nur einen geringen Anteil ausmachen. Dies unterstreicht zudem die Rolle des Fusionspartners sowie den intrinsischen Eigenschaften der Ursprungszelle für die maligne Transformation. Die Analyse sowie der Vergleich mit neonatalen Zellen weist darauf hin, dass die Herunterregulation von FFAR2 ein möglicher Mechanismus ist, der zu den altersabhängigen Unterschieden zwischen adulten und neugeborenen MLL-translozierten Leukämien beiträgt. Durch die in dieser Arbeit erstmalig gelungene Etablierung eines naturgetreuen MLL-translozierten Modells mit den Translokationspartnern AF4 und AF9 in HSPCs aus adultem Knochenmark wird eine experimentelle Plattform geboten, die weiterführende Untersuchungen zum Verständnis der MLL-Leukämogenese und zur Testung weiterer Therapieoptionen ermöglicht

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