Die Dissertation ist gesperrt bis zum 31. Juli 2025 !
Metformin ist das wichtigste orale Antidiabetikum zur Behandlung von Diabetes Typ 2 (T2D) und bereits seit drei Jahrzehnten von der FDA zugelassen. Heute profitieren weltweit mehr als 150 Millionen Menschen von einer effektiven Senkung des Blutzuckerspiegels, während gleichzeitig das Risiko einer Hypoglykämie gering ist. Der genaue Wirkmechanismus von Metformin ist jedoch noch nicht abschließend geklärt. Der Skelettmuskel ist ein wichtiger Akteur bei der Insulin-vermittelten Glukoseaufnahme, dennoch ist die Anzahl an Studien über die Auswirkungen von Metformin auf dieses Gewebe begrenzt. Daher zielt diese Arbeit darauf ab, das Verständnis der Effekte von Metformin auf die Skelettmuskulatur zu verbessern, indem zwei spezifische Fragestellungen untersucht werden:
1. Über welche molekularen Mechanismen induziert Metformin eine erhöhte Laktatproduktion? Dieses Phänomen ist mit den bekannten unerwünschten Nebenwirkungen Hyperlaktatämie und metabolischer Azidose assoziiert. Gleichzeitig existiert die Hypothese, dass moderate Erhöhungen des Plasmalaktatspiegels zu den pleiotropen positiven Wirkungen von Metformin beitragen könnten.
2. Welche molekularen Mechanismen liefern eine Erklärung für die reduzierte Wirksamkeit von regelmäßig durchgeführtem Sport während einer Metformin Therapie, wie dies in einigen klinischen Studien berichtet wurde? Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass regelmäßiger Sport fester Bestandteil der Therapie von T2D ist und die Skelettmuskulatur eine zentrale Rolle bei körperlicher Aktivität einnimmt.
Beide Fragen wurden durch eine 48-stündige Behandlung primärer humaner Myotuben mit einer Reihe unterschiedlicher Metforminkonzentrationen (16–776 µM) untersucht, um pharmakologische und supra-pharmakologische Dosen des Wirkstoffes abzudecken. Die globalen Effekte von Metformin auf die Myotuben wurden im Rahmen einer RNA-Sequencing Analyse untersucht. Für die Bestimmung der Laktatproduktion und des Glukoseverbrauchs wurde der Zellkulturüberstand analysiert. Einzelne Mechanismen wurden anhand von Immunoblots, Immunhistochemie, Respirometrie und Lumineszenz Assays untersucht. Zur Simulation von Sport in vitro wurde die Elektropuls-
Stimulation angewendet und der zelluläre Energiestatus der Myotuben wurde durch die Quantifizierung der Adenosin-Nukleotide mittels Kapillarelektrophorese (CE) ermittelt.
Steigende Konzentrationen von Metformin führten zu dessen intrazellulärer Anreicherung. Ab 78 µM führte die Metformin-Behandlung zu einem dosisabhängigen Anstieg des extrazellulären Laktats, der in erster Linie auf eine erhöhte Laktatproduktion zurückzuführen war, die durch eine erhöhte Glukoseaufnahme und Glykolyse gedeckt wurde. Die verstärkte Laktatproduktion wurde durch eine Verschiebung des Gleichgewichts der LDH-Reaktion bewirkt. Erstens hemmte Metformin die mitochondriale Atmung des Komplex I, was eine Verschiebung des zellulären Redox-Status zur Folge hatte und somit zur Erhöhung der NADH/NAD+ Ratio führte. Zweitens induzierte Metformin die Akkumulation von Pyruvat durch die Hemmung des PDH-Komplexes. Welcher der beiden Mechanismen im Skeletmuskel von mit Metformin behandelten Patienten mit T2D eine Rolle spielt, muss weitergehend untersucht werden. In Bezug auf die zweite Fragestellung wurde in mit Metformin behandelten Myotuben ein verringertes mTOR-C1/S6K1-Signaling nachgewiesen, was eine durch Metformin vermittelte abgeschwächte hypertrophe Antwort erklären kann. Darüber hinaus zeigte die Elektropuls-Stimulation der Myotuben eine beeinträchtigte Kontraktion bereits durch die Behandlung mit niedrigen Metformindosen. Es konnten keine Hinweise auf strukturelle Veränderungen gezeigt werden, so dass hierin nicht die Ursache für die eingeschränkte Funktionalität der Myotuben zu liegen scheint. Die Hypothese, dass ein Metformin-induziertes Energiedefizit die Ursache ist, konnte nicht abschließend bestätigt werden. Die Nukleotidquantifizierung mittels CE ergab keine Unterschiede, wohingegen eine erhöhte Aktivierung des Energiesensors AMPK gemessen wurde. Die Ergebnisse deuten auf einen neuen Mechanismus hin, durch den Metformin die Laktatproduktion durch eine veränderte Aktivität des PDH-Komplexes erhöhen kann. Die beeinträchtigte Kontraktilität der mit Metformin behandelten Myotuben liefert einen Beweis dafür, dass Metformin biochemische Prozesse während des Trainings beeinträchtigen kann. Angesichts der hohen Prävalenz von Kombinationstherapien aus Metformin und regelmäßigem Sport bei Patienten mit T2D erscheinen weitere in vivo Studien notwendig, um diesem Sachverhalt nachzugehen.