Inhaltszusammenfassung:
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Begriffe der Sterbehilfe in Deutschland und in Frankreich definiert werden, und wie diese die ethischen Debatten in den jeweiligen Ländern beeinflussen. Diese Positionierungen lassen sich durch eine Einordnung in die internationale medizinethische Debatte verdeutlichen. Dabei wird die Rolle der Terminologien in den jeweiligen Argumentationen erläutert.
Der Hauptbefund dieser Arbeit fußt auf eine Analyse der Begriffe in den Stellungnahmen des französischen und deutschen Ethikrats sowie deren zugrundeliegenden Argumentationen. Veranschaulicht wird dieser Befund durch zwei Sterbehilfefälle in Deutschland und in Frankreich sowie deren mediale Rezeption.
Es wird gezeigt, dass (1) Beihilfe zum Suizid und Tötung auf Verlangen vom deutschen Ethikrat unterschiedlich definiert und ethisch anders gewertet werden - (2) dass die kategoriale Unterscheidung zwischen assistierter Suizid und Tötung vom französischen Ethikrat abgelehnt wird. Einerseits wird rechtlich kein Unterschied gemacht, da beide Formen als „Mord“ definiert werden. Andererseits wird die ethische Gleichstellung beider Handlungen durch den Begriff „suicide assisté“ erleichtert. Dadurch ist keine differenzierte Positionierung möglich. Zudem verdeutlicht die Analyse (3) unterschiedliche Auffassungen der Autonomie in Deutschland und in Frankreich. Das Verständnis dieser als individuelles Recht in der deutschen Debatte privilegiert Patienten-zentrierte Entscheidungen wohingegen Autonomie als Grundlage der Solidarität in der französischen Debatte Angehörigen und Arzt mehr Entscheidungsspielraum lässt. Es scheint, dass (4) diese Unterschiede gleichsam die öffentliche Debatte beeinflussen bzw. deren Darstellung in den öffentlichen Medien. Insbesondere fällt die Vermischung von Sterbehiflekategorien in der französischen Medienlandschaft auf, die möglicherweise zu einer Polarisierung der französischen Sterbehilfe-Debatte beiträgt während Sterbehilfeberichte in Deutschland durch einheitlichere Begriffe eine homogenere Rezeption erfahren.
Die Arbeit betont somit die Rolle ausgewählter Begriffe in der Sterbehilfe-Debatte und die Notwendigkeit eines gemeinsamen Definitionsversuchs in der Ausarbeitung eines internationalen Konsenses.