Die Dissertation ist gesperrt bis zum 01. Oktober 2024 !
Im gesamten Tierreich reguliert ein konserviertes Repertoire an Signalwegen die Embryogenese. Noch ist unklar, wie dieses Repertoire auf molekularer Ebene seine speziesspezifischen Funktionen erfüllt. Um diesen Prozess zu verstehen, bedarf es der konzertierten Anstrengung vieler Entwicklungsbiologen. Mein Teil dieser Bemühungen besteht darin, die Signaldynamik von Bone Morphogenetic Protein (BMP) während der dorsal-ventralen Strukturierung und außerdem die Feinabstimmung der Hämatopoese durch den Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD)-salvage-pathway während der Embryonalentwicklung des Zebrafisches zu untersuchen.
Erstens analysiere ich den BMP-Signalgradienten, der die dorsal-ventrale Achse des Zebrafisches organisiert. Derzeit gibt es fünf unterschiedliche Modelle mit verschiedenen Annahmen über die biophysikalischen Eigenschaften des Aktivators BMP und seines Inhibitors Chordin die erklären wie der BMP Signalgradient, unter Mitwirkung der extrazellulären Proteine, nämlich – Sizzled, Tolloid und Anti-dorsalizing Morphogenetic Protein (ADMP), erzeugt wird. In Kapitel 1 werde ich diskutieren, wie wir diese Modelle getestet haben, indem wir den BMP Signalgradienten nach Ausschaltung/Funktionsverlust individueller Komponenten quantifiziert haben und die biophysikalischen Eigenschaften von BMP, Chordin und Sizzled gemessen haben. Insgesamt deuten unsere Daten darauf hin, dass dem BMP-Chordin-System ein graded source-sink Mechanismus zugrunde liegt, um den BMP-Signalgradienten während der Zebrafischgastrulation zu formen. Zusätzlich verstärkt Tolloid das BMP-Signal entlang der dorsal-ventralen Achse, während Sizzled das BMP-Signal ventral begrenzt. Darüber hinaus beeinflusst die Überexpression von ADMP die BMP-Signalübertragung in Zebrafischembryonen konzentrationsabhängig: Hohe ADMP-Werte dämpfen die BMP-Signalübertragung, während niedrige ADMP-Werte das BMP-Signal verstärken. Somit können diese extrazellulären Komponenten die Form des BMP-Signalgradienten zusätzlich zur BMP-Hemmung durch Chordin verfeinern.
Zweitens ist derzeit unklar, wie sich die durch BMP-vermittelte Körperachse in bilateral symmetrischen Organismen entwickelt hat. Unsere Kollegen fanden heraus, dass beim Nesseltier Nematostella vectensis die gedämpfte Expression eines bisher nicht charakterisierten Zinkfingerproteins mit einer SWIM-Domäne (Zswim4-6) zu einer Abflachung des BMP-Signalgradienten und einer falschen Endoderm-Kompartimentierung führte. Ob das Zebrafisch-Homolog Zswim5 eine konservierte Rolle bei der Achsenbildung von Bilateria wie dem Zebrafisch spielt, muss noch untersucht werden. In Kapitel 2 erkläre ich, wie Zswim5 eine Rolle bei der Entwicklung distaler Strukturen entlang der dorsal-ventralen Achse spielen könnte. Ähnlich wie bei Nematostella kann eine Überexpression von Zswim5 in Zebrafischembryonen die Steigung des BMP-Signalgradienten abflachen. Meine Daten legen nahe, dass dieser flachere BMP-Signalgradient zu Entwicklungsstörungen führen könnte. Da homologe Zswims in Nematostella und Zebrafischen eine konservierte Rolle bei der BMP-vermittelten Achsenbildung spielen, unterstützt dies die Annahme, dass Bilateria und Cnidaria einen bilateral symmetrischen gemeinsamen Vorfahren gehabt haben könnten.
Schließlich untersuche ich die ventralsten mesodermalen Zellen, die das höchste BMP-Signal empfangen und sich zu Blutzellen differenzieren. Das Recycling von NAD durch die Zebrafisch-Nikotinamid-Phosphoribosyltransferase-a (Nampta) ist für die Hämatopoese und die Lebensfähigkeit des Embryos von wesentlicher Bedeutung. Es besteht jedoch eine Diskrepanz in den publizierten Phänotypen bei einem Funktionsverlust von Nampta. Daher untersuche ich in Kapitel 3 erneut die Rolle von Nampta während der Blutentwicklung, indem ich zwei Ansätze zum Funktionsverlust vergleiche: eine stabile Mutanten-Knockout-Linie mit CRISPR/Cas9 und einen transienten Gen-Knockdown mit Morpholino. Meine Ergebnisse deuten darauf hin, dass nampta-Morpholino hat Off-Target-Effekte und dass Nampta die Robustheit der Entwicklung fördert, indem es zusätzliches NAD zur Erhöhung von Blutzellmarkern bereitstellt, der Funktionsverlust von Nampta jedoch weder die Lebensfähigkeit von Zebrafischen beeinträchtigt noch die Hämatopoese unterbindet.
Insgesamt vertieft diese Dissertation unser Verständnis darüber, wie sich wichtige Signalwege auf speziesspezifische Weise entwickelt haben, um die Zelldifferenzierung während der Embryogenese von Zebrafischen zu verfeinern. Zunächst wird gezeigt, wie Chordin, Sizzled, Tolloid und ADMP ein extrazelluläres Netzwerk bilden, um den BMP-Signalgradienten für die dorsal-ventrale Musterbildung zu formen. Zweitens erläutere ich, dass ein intrazelluläres Protein – Zswim5 – wahrscheinlich ein Modulator des BMP-Signalgradienten ist und in evolutionär weit entfernten, bilateral symmetrischen Organismen konserviert ist. Drittens wird gezeigt, dass das von Nampta recycelte NAD in späteren Phasen redundant die Blutzellspezifikation unterstützt. Ich hoffe, dass diese neuen Erkenntnisse unser Verständnis des Zebrafisches als Tiermodell für die Entwicklung von Wirbeltieren verbessern und mögliche Mechanismen, die bei der Embryogenese von Tieren zu berücksichtigen sind, aufzeigen.