Inhaltszusammenfassung:
Der mit einer uterinen Infertilität einhergehende große Leidensdruck von Frauen, deren reproduktive Wünsche bis dato nicht erfüllt werden konnten, könnte durch eine Uterustransplantation (UTx) zukünftig gemindert werden. Inwiefern eine UTx ethisch vertretbar ist, bleibt jedoch bisher umstritten. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Arbeit mit der Debatte der ethischen Aspekte einer UTx, die mittels quantitativer und qualitativer Analyse erfasst wurde. Sie verfolgt das Ziel, die dominierenden Argumentationen in Bezug auf eine UTx sowie die ihnen zugrundeliegenden ethischen Prinzipien herauszuarbeiten. Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden 91 Publikationen ausgewählt, die in den Untersuchungszeitraum bis zum 01.01.2020 fielen. Für die systematische Analyse erfolgte die Kategorisierung der Autorinnen und Autoren in drei Gruppen, namentlich die „UTx-Ärztinnen und -ärzte“, die „Ethikerinnen und Ethiker“ sowie die „Medizinerinnen und Mediziner“. Die quantitative Analyse zeigte, dass innerhalb der Reihen der Ethikerinnen und Ethiker alle Ansichten zu einer UTx vertreten sind, wobei eine UTx-befürwortende Argumentation dominiert. Die Medizinerinnen und Mediziner zeichnen sich ebenso durch eine gruppeninterne Inkongruenz an Ansichten aus, wobei hier eine kritische Betrachtung der neuartigen Therapieoption überwiegt. Bei der letzten unterschiedenen Gruppe der UTx-Ärztinnen und -ärzte äußert sich die große Mehrheit befürwortend zu der Therapieoption einer UTx. In dieser Gruppe fand sich keine Publikation, bei der eine UTx-kritische Argumentation im Vordergrund steht. Diese Ergebnisse der quantitativen Analyse deuten auf einen generellen Zwiespalt in der Bewertung der ethischen Aspekte einer UTx hin. In der qualitativen Analyse konnten den einzelnen Gruppen gruppenübergreifende Charakteristika zugeordnet werden. Zusammenfassend lässt sich aus dieser Betrachtung der ethischen Debatte einer UTx schließen, dass die UTx-Ärztinnen und -ärzte sich vornehmlich auf das Prinzip des Wohltuns beziehen und argumentieren, wie mittels einer UTx eine Krankheit mit großem Leidensfaktor therapiert werden kann. Die große Leidensminderung vermag einen gewissen Schadensaspekt somit aufzuwiegen. Diese Gruppe betont weiter die Alternativlosigkeit einer UTx. Daneben wird die bisherige Forschung angeführt, um die Durchführbarkeit einer UTx zu begründen. Zum anderen wird das Autonomie-Prinzip als Argument zugunsten einer UTx herangezogen. Auffallend ist, dass diese Autorinnen- und Autorengruppe Kritikpunkte einer UTx adressiert, diese jedoch mit Vergleichen und Relativierungen entkräftet. Die Ethikerinnen und Ethiker fallen durch ihre gefühls- als auch prinzipienorientierte Argumentation auf. Sie thematisieren sowohl Aspekte des Wohltuns, der Schadensvermeidung und der Autonomie und legen diese je nach Ansicht unterschiedlich aus. Charakteristisch für die Ethikerinnen und Ethiker ist es, dass sie zusätzlich die Bedeutung von einer Schwangerschaft und der biologischen Mutterschaft hinterfragen und im größeren Maße gesamtgesellschaftlich relevante Fragen anschneiden. So nimmt das Prinzip der Gerechtigkeit in ihrer Argumentation einen gesonderten Stellenwert ein. Die Gruppe der Medizinerinnen und Mediziner zeichnet sich ebenso durch ihren gruppeninternen Zwiespalt bezüglich ihrer Ansichten zu einer UTx aus. Sie begründen einerseits UTx-wohlwollend mit den Prinzipien des Wohlergehens und der Autonomie die Indikation für eine UTx. Andererseits urteilen sie kritisch über eine UTx, indem sie vermehrt die Verletzung des Prinzips der Schadensvermeidung anführen. In der qualitativen Analyse zeigt sich schließlich, dass die verschiedenen Autorinnen und Autoren zum Großteil von der gleichen Faktenlage ausgehen, jedoch diese unterschiedlich interpretieren oder gewichten. Durch die Priorisierung von den verschiedenen Prinzipen erfolgt dementsprechend trotz einer gemeinsamen Faktenbasis oftmals ein divergentes Urteil.