Inhaltszusammenfassung:
Das kindliche ARDS ist zum aktuellen Zeitpunkt weiterhin Gegenstand intensiver Forschung. Die vorhandene Literatur wird meist durch Studien zum ARDS bei Erwachsenen dominiert. Die Inzidenz bei Kindern ist weltweit mit 3,5 Fällen pro 100.000 Einwohnern sehr gering. Dennoch ist das pARDS mit einer hohen Mortalität von etwa 33,7 % verbunden. (Schouten et al. 2016) Stammzelltransplantierte Kinder haben ein erhöhtes Risiko ein ARDS zu entwickeln, da die ausgeprägte und anhaltende Immunsuppression und die Fehlregulation von immunzellulären und löslichen Entzündungsmediatoren als hauptursächlich für eine schwere Lungenfunktionsstörung angesehen werden. (Tamburro et al. 2008)
Diese Dissertation befasst sich mit der Leitlinie der Pediatric Acute Lung Injury Consensus Conference zur Therapie des kindlichen ARDS sowie der Leitlinie zur ECMO-Anlage bei pARDS der Extracorporeal Life Support Organisation. Ziel ist es, anhand retrospektiver Daten die Umsetzung der Leitlinien, speziell in Hinblick auf PEEP, PIP und den Driving Pressure, zu prüfen. Ebenso wird untersucht, in welchem Umfang zwei oder mehr ELSO-Kriterien für die Anlage einer ECMO erfüllt waren und wie lange die Dauer bis zur tatsächlichen ECMO-Anlage betrug. Hierfür wurden Daten von zwölf stammzelltransplantierten Patienten der pädiatrischen Intensivstation des Universitätsklinikums Tübingen im Zeitraum von 2011 bis 2020 in Bezug auf die verschiedenen Beatmungsformen, deren Wechsel und hierfür relevante klinische Parameter ausgewertet.
Anhand der Ergebnisse konnte gezeigt werden, dass sich die Anlage einer ECMO unter konventioneller Beatmung positiv hinsichtlich PEEP, PIP und Driving Pressure ausgewirkt hat und eine lungenprotektive Beatmung wieder möglich war. Die Anlage einer ECMO unter HFO mit und ohne einen Wechsel auf eine konventionelle Beatmung zeigte sich ebenfalls positiv für eine lungenprotektive Beatmung bezogen auf den MAP. Zusätzlich konnte der Wechsel von einer HFO auf eine konventionelle Beatmung während der Durchführung einer ECMO-Therapie positiv in Bezug auf den MAP als auch für eine lungenprotektive Beatmung gewertet werden.
Im Allgemeinen konnte festgestellt werden, dass der Beginn einer ECMO-Therapie in unserem Patientenkollektiv spät erfolgte. Unter Beatmungstherapie vor Initiierung der ECMO wurde eine invasive Beatmung mit einem PIP > 28 cmH2O und einem Driving Pressure > 15 cmH2O durchgeführt. Zudem konnte eine mehrmalige Überschreitung der ELSO-Kriterien für die Initialisierung einer ECMO festgestellt werden. Beispielsweise lag die Zeit zwischen Erfüllung von mehr als zwei ELSO-Kriterien und Anlage der ECMO bei durchschnittlich 126,6 Stunden. Eine frühzeitige ECMO-Anlage hätte erwogen werden können, um möglicherweise das Outcome der Patienten verbessern zu können. Die zum Zeitpunkt der Dissertationserstellung vorliegende Studienlage ist jedoch inkonklusiv, sodass diese These noch nicht untermauert werden kann.
Die Verwendung von ECMO für Kinder mit einem erhöhten ARDS-Schweregrad und dem damit verbundenen hohen Mortalitätsrisiko ist zu erwägen, trotz einer geringeren Überlebensrate bei Komorbiditäten wie Immunschwäche, onkologischen Vorerkrankungen sowie nach Stammzelltransplantation. (Gow et al. 2006; Gupta et al. 2008; Gow et al. 2009; Zabrocki et al. 2011) Ob eine frühzeitige ECMO-Anlage die Mortalität, speziell bei stammzelltransplantierten Kindern senken könnte, bleibt ungeklärt. Im Allgemeinen ist eine längere mechanische Beatmung von Kindern mit ARDS vor ECMO-Anlage mit einer höheren Sterblichkeit verbunden.
Bei immunsupprimierten beziehungsweise stammzelltransplantierten Kindern mit der Diagnose ARDS wird ein früher Einsatz einer nicht-invasiven Beatmung empfohlen, um eine invasive Beatmung eventuell umgehen zu können oder deren Komplikationen zu vermeiden. Wird eine nicht-invasive Beatmung eingeführt, muss diese in kurzen Abständen evaluiert werden, da sie im Falle einer anschließend notwendigen invasiven Beatmung mit erhöhter Sterblichkeit assoziiert zu sein scheint. (Lindell et al. 2022) Eine weitere Eskalationsstufe der Beatmungsform ist individuell abzuwägen. Bei Patienten nach Stammzelltherapie wird eine frühe Anwendung der HFO empfohlen, da diese mit einem verbesserten Überleben verbunden sein kann. (Rowan et al. 2018)