Inhaltszusammenfassung:
Zielgerichtetes Verhalten erfordert die Koordination untergeordneter Prozesse,
insbesondere wenn diese um die gleichen Ressourcen konkurrieren. Diese Mechanismen
werden als kognitive Kontrolle bezeichnet und umfassen beispielsweise
das Lenken der Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte einer Aufgabe sowie
die Implementierung von Regeln, die für die erfolgreiche Aufgabenerfüllung
entscheidend sind. Von abstrakter kognitiver Kontrolle kann gesprochen werden,
wenn Koordinationsprozesse nicht anhand spezifischer Reize oder Handlungsabläufe
implementiert werden, sondern auf abstrakten relationalen Zusammenhängen
beruhen. Kognitive Kontrollzustände können schlechter von einer
Episode zur nächsten übertragen werden, wenn diese nicht im selben Kontext
stattfinden. Theorien für episodisches Binden und Abrufen postulieren,
dass diese Kontextspezifität von Kontrollzuständen auf Bindungen zwischen den
Kontrollzuständen und dem gleichzeitig auftretenden Kontext zurückzuführen
ist, wobei der Kontext anschließend als Abrufhinweis für den gebundenen Kontrollzustand
dient.
Diese Dissertation geht auf drei Facetten abstrakter kognitiver Kontrolle
ein. Erstens, untersuche ich in zwei Studien die zeitliche Stabilität abstrakter
Kontrollzustände und ihrer die Bindungen mit visuellen Kontexten. Es
zeigt sich, dass abstrakte Kontrollzustände und ihre Bindungen stabil über
zeitliche Verzögerungen von mehreren Sekunden sind. Inwieweit die zeitliche
Dynamik von Kontrolle und Bindungen auf das Abstraktionsniveau der gebundenen
Merkmale zurückgeführt werden kann wird diskutiert. Zweitens untersucht
eine Studie den Prozess des Kontrollabrufs, wie er von Theorien des
episodischen Bindens und Abrufens vorgeschlagen wird, um seine Rolle als Ursprung
kontextualisierter Kontrolleffekte zu überprüfen. Drei Experimente erbringen
entscheidende Evidenz gegen einen solchen Abrufprozess. Stattdessen
kann kontextualisierte Kontrolle effektiver durch die Störung aufrechterhaltener
Kontrollzustände erklärt werden. Die vierte Studie verallgemeinert die Erkenntnisse
aus Studien zur kontextualisierten Aufmerksamkeitsgewichtung auf die
Aufgabenkontrolle, indem sie zeigt, dass abstrakte Aufgabenregeln ebenfalls an
visuelle Kontexte gebunden werden können. Ich diskutiere einen Ansatz, wie
Bindungen, die auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen wirken, in ein einheitliches
Modell der Aufgabenkontrolle integriert werden können.
Abstract:
Goal-oriented behavior requires the organization and coordination of subordinate
processes, particularly when multiple processes compete for the same
resources. The cognitive mechanisms enabling this coordination are referred to
as cognitive control. These mechanisms encompass the allocation of attentional
weights to specific facets of a task and the implementation of rules crucial for
task performance. Furthermore, they can operate at various levels, from specific
stimulus and action codes to more abstract features such as relational information.
Notably, the transfer of states of cognitive control from one episode to
the next is impaired if they do not occur within the same context. Episodic
binding and retrieval frameworks posit that this context specificity of control
states reflects binding between the control states and the cooccurring context,
where the context subsequently serves as a retrieval cue for the bound control
state.
This dissertation examines three facets of abstract cognitive control. First,
two studies investigated the temporal stability of abstract control states and the
bindings between such control states and visual contexts. The findings indicate
that abstract control states and their bindings are invariant to temporal delays
of several seconds. The discussion explores the extent to which the temporal
dynamics of control and bindings can be attributed to the level of abstraction of
the bound features. Second, one study examines the control retrieval process,
as proposed by theories of episodic binding and retrieval, to scrutinize its role
as the source of effects of contextualized control. Three experiments provide decisive
evidence against such a retrieval process. Instead, contextualized control
appears to be more effectively explained by the disruption of maintained control
states. In the discussion, I connect these findings to theories suggesting that
contextual features control the updating of working memory content. The final
study generalizes the insights gained from studies on contextualized attentional
weighting to task control by demonstrating that abstract task rules can also be
bound to visual contexts. I discuss an approach for integrating bindings acting
on different levels of abstraction into a unified model of task control.