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Hintergrund:
Es ist bekannt, dass zum Zeitpunkt der klinischen Diagnose vieler neurodegenerativer Erkrankungen, wie der spinocerebellären Ataxie, der Nervenzelluntergang bereits begonnen hat und Kompensationsressourcen erschöpfen. Zum aktuellen Zeitpunkt existieren keine kausalen oder krankheitsmodifizierenden Therapien. Daher wird nach Interventionsstrategien im noch präataktischen Stadium der Erkrankung gesucht, welche den Progress der Erkrankung verlangsamen können.
Ziel:
Mithilfe der Studie sollen Veränderungen der Motorik schon im frühen Stadium der Neurodegeneration bei spinocerebellärer Ataxie mittels subklinischer, quantitativ-digitaler Maße gemessen und quantifiziert werden. Es soll überprüft werden, ob koordinatives Training bereits im präataktischen Stadium der spinocerebellären Ataxie Bewegungsparameter verbessern kann, und helfen, ein besseres Verständnis für die Entwicklung dysfunktionaler Motorkontrollmechanismen und deren Kompensationsstrategien zu entwickeln.
Material und Methoden:
Die durchgeführte Interventionsstudie vergleicht ein trainingsfreies Intervall mit einem Trainingsintervall, welches aus einem sechswöchigen koordinativen Training mittels Exergames besteht. Eingeschlossen wurden blutsverwandte Familienmitglieder von SCA-Indexpatienten der Subtypen 1, 2, 3 und 6 mit einem SARA-Score kleiner gleich 8, die älter als 16 Jahre sind. Eine Unterteilung in Mutationsträger und Nicht-Mutationsträger erfolgt nach genetischer Testung nach Datenerhebung. Somit ergibt sich eine Doppelblindstudie (mit Verblindung des Probanden und des Untersuchers für den genetischen Status) und doppeltem Kontroll-Design: einerseits intraindividuelle Kontrolle (vor und nach dem Training), andererseits interindividuelle Gruppenkontrolle (Mutationsträger in einem präataktischen oder frühen Krankheitsstadium (SARA 0-8) bzw. präataktische Mutationsträger (SARA<3) und gesunde Kontrollen). Zur Evaluation des Trainingseffekts wurden eine quantitative Bewegungsanalyse mittels markerbasierter Infrarot-Kamera-Aufnahme (Vicon), der SARA-Score und BDNF-Spiegel im Blutplasma erhoben.
Ergebnisse:
Nach dem Training ergeben sich signifikante Unterschiede in der Bewegungsanalyse in der Variabilität der Schrittdauer im Tandemgang und in der Abweichung vom Körperschwerpunkt im Romberg auf der Matte mit geschlossenen Augen, und dies bereits bei Probanden im präataktischen Krankheitsstadium. Mutationsträger, deren Alter zeitlich näher am berechneten Erkrankungsalter liegt, zeigen eine signifikant größere Abnahme der Variabilität in der Schrittdauer im Tandemgang auf der Matte. In der gesamten Studienpopulation wirken sich höhere Trainingsintensitäten positiv auf den Trainingserfolg aus, im Sinne einer Abnahme der Schrittlängenvariabilität im Tandemgang auf der Matte. Im SARA-Score zeigten sich keine signifikanten Veränderungen nach dem Trainingsintervall. BDNF-Spiegel unterschieden sich nicht zwischen Mutationsträgern und Nicht-Mutationsträgern, nach dem Training ergaben sich inkonsistente Ergebnisse.
Schlussfolgerung:
Mithilfe der Studie konnte gezeigt werden, dass eine Erfassung von Veränderungen der Motorik schon in einem präataktischen Stadium der spinocerebellären Ataxie mittels Bewegungsanalyse möglich ist, während klinische Untersuchungen – gerade in diesem frühen präsymptomatischen Krankheitsstadium - noch keinen signifikanten Unterschied zeigen konnten. Koordinatives Training mit Exergames könnte möglicherweise bereits in einem präataktischen Stadium der spinocerebellären Ataxie einen positiven Einfluss auf komplexe Bewegungsmuster haben. Es ist unklar, inwieweit sich dies auf den Langzeitverlauf auswirkt. |
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