Inhaltszusammenfassung:
Die RS ist eine seltene kraniofaziale Fehlbildung, welche aus der Symptomtrias der mandibulären Retrognathie, Glossoptose und daraus resultierenden erheblichen Obstruktionen der oberen Atemwege besteht, weshalb initial nach der Geburt behandelt werden muss. Ziel der vorliegenden Studie war es von den in Tübingen mit der TPP behandelten Kinder die kieferorthopädisch skelettalen und dentalen Parameter zu erheben und auf die Langzeiteffekte dieser Therapie zu untersuchen. Zusätzlich wurde die kieferorthopädische Behandlungsnotwendigkeit bestimmt. Es wurde ein Vergleich zu einer gesunden alters- und geschlechtsgleichen Kontrollgruppe, ohne RS oder andere kraniofaziale Anomalien, gezogen. Dafür wurde ein kieferorthopädischer Basisbefund erhoben, eine Modellanalyse an digitalen Modellen und eine Fotostatanalyse durchgeführt, Fernröntgenseitenbilder und Panoramaschichtaufnahmen ausgewertet und der IOTN erhoben. Insgesamt ist festzustellen, dass die viele funktionelle Parameter und dentoalveolären Platzverhältnisse bei Kindern im Schulalter mit RS nach der Behandlung mit der TPP mit den gesunden Kontrollkindern vergleichbar sind. Trotz des vermehrten auftretenden Schnarchens war der PAS-Wert auf Höhe des Mandibularplanums uneingeschränkt, sodass die Wahrscheinlichkeit für eine Obstruktion der oberen Atemwege, durch den retrognathen Unterkiefer verursacht, minimiert werden kann. Die vertikalen und sagittalen skelettalen Parameter im FRS sind auffällig in der RS-Gruppe und auf das besondere skelettale Wachstumsmuster der RS zurückzuführen. Am Weichgewebe ist die Erkrankung der RS ebenso weiterhin feststellbar, da dieses dem restlichen skelettalen Wachstum nicht vollständig folgen konnte. Das Weichteilprofil ist weiterhin konvex und die unteren Gesichtsproportionen weisen Defizite auf. Bei der Auswertung des IOTN ist ein erhöhter kieferorthopädischer Behandlungsbedarf bei den Kindern mit RS festzustellen, welcher nicht auf das Vorhandensein der Spalte, sondern auf Zahnanomalien und Zahnfehlstellungen zurückzuführen ist. Diese Ergebnisse sollten das Verständnis von Kieferorthopäden/-innen für diese kraniofaziale Fehlbildung verbessern und zeigen, dass der Behandlungsschwerpunkt auf einem funktionell guten Ergebnis liegen muss, welches dem der gesunden Kinder gleicht oder zumindest ähnlich ist. Bei RS-Patienten/-innen sollte daher immer ein möglicher kieferorthopädischer Behandlungsbedarf überprüft werden. Die Einteilung nach Caouette-Laberge zur Therapieentscheidung kann als obsolet angesehen werden, da bei einer nicht-syndromalen RS jeder Schweregrad mit dem Tübinger Therapiekonzept und der TPP behandelt werden kann (Caouette-Laberge et al., 1994). Abschließend kann festgestellt werden, dass die TPP-Behandlung durch die funktionelle Anpassung des stomatognathen Systems einen Wachstumsstimulus für den Unterkiefer und das Kiefergelenk verursacht. Dies wirkt sich einerseits auf ein positiv gefördertes ventro-kaudales Wachstum der Mandibula initial nach der Geburt aus, aber auch langfristig.