Inhaltszusammenfassung:
Als sehr seltenes neuropädiatrisches Krankheitsbild ist die metachromatische Leukodystrophie Teil der Forschung in spezialisierten Zentren. Mit diesem Promotionsprojekt soll untersucht werden, wie die Diffusions – Tensor – Bildgebung wichtige Aspekte zur Beschreibung der MLD und zur Prädiktion des Krankheitsverlaufes beitragen kann. Diffusionsgewichtete MRT-Sequenzen geben Aufschluss über die Bewegungsmöglichkeit von Wassermolekülen sowohl in gesunden als auch in durch Demyelinisierung pathologisch veränderten neuronalen Strukturen.
Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Diffusionsparameter ADC und FA die pathologischen Veränderungen der zerebralen Mikrostruktur bei Patienten mit MLD quantifizieren können und bereits zum Diagnosezeitpunkt Hinweise auf die Dynamik des weiteren Krankheitsverlaufs geben können.
Für den wissenschaftlichen Vergleich wurden 188 MRT-Scans von 120 gesunden Individuen im Alter vom ersten Lebensjahr bis in die junge Adoleszenz (19. Lebensjahr) identisch zu den seit 2006 erhobenen klinischen Daten von Patienten untersucht. Es lagen zum Zeitpunkt der Datenanalyse 111 MRT-Scans von 83 Patienten im Alter von einem halben bis ca. 40 Jahren vor. Bei den Untersuchungen wurden ebenfalls die klinischen Parameter GMFC-MLD, welcher die motorische Verschlechterung im Krankheitsverlauf beschreibt, und der Intelligenzquotient erhoben.
Zur Korrelation mit der kognitiven Funktion (IQ) wurden die Diffusionsparameter in der frontalen weißen Substanz gemessen. Zur Korrelation mit der motorischen Funktion (GMFC-MLD) wurden die Diffusionsparameter in der Zentralregion gemessen. Da der hintere Kapselschenkel der Capsula interna (PLIC) homogenere Fasern unter anderem des corticospinalen Trakts aufweist, wurden auch hier die Diffusionsparameter ADC und FA gemessen und mit dem GMFC-MLD korreliert.
Patienten mit MLD weisen in allen drei Hirnregionen signifikant von den gesunden Kontrollen abweichende Diffusionsparameter auf.
Bei der Messung des apparenten Diffusionskoeffizienten, welcher ein Maß für freie Diffusivität und damit Beweglichkeit der Wassermoleküle ist, konnten bei Patienten mit MLD in allen drei Hirnregionen über den zeitlichen Verlauf hinweg erhöhte Werte festgestellt werden. Die Wassermoleküle diffundieren also in den pathologisch veränderten Hirnarealen ungehinderter als in den nicht betroffenen Arealen. Die ADC-Werte korrelieren positiv mit dem GMFC-MLD-Level in den motorischen Arealen und negativ mit dem Intelligenzquotienten in der frontalen weißen Substanz.
Der Diffusionsparameter der fraktionellen Anisotropie, also der Gerichtetheit von Faserbahnen, gibt Aufschluss über die im Krankheitsverlauf eingeschränkte Konnektivität neuronaler Strukturen. Die Messwerte sind in allen drei Hirnregionen im zeitlichen Verlauf niedriger als bei gesunden Kontrollen. Die Wassermoleküle diffundieren ungerichteter, da die durch die Demyelinisierung geschädigten Nerven keine Leitstruktur mehr darstellen. Die FA-Werte korrelieren negativ mit dem GMFC-MLD-Level in den motorischen Arealen und positiv mit dem Intelligenzquotienten in der frontalen weißen Substanz.
Für den klinischen Alltag ist die Prädiktion des Krankheitsverlaufes ein wichtiger Aspekt für die Beratung der Patienten und deren Familien sowie der Therapieplanung. Bei Patienten, bei denen sich nach Diagnosestellung einen schnell-progredienter Krankheitsverlauf manifestierte, wurde zum Diagnosezeitpunkt ein ADC-Wert >0,001 mm²/s in der Zentralregion gemessen.
Die Diffusionsparameter ADC und FA können also einen wichtigen und klinisch relevanten Beitrag zur Quantifizierung der zerebralen Mikrostruktur von Patienten mit MLD geben und prädiktive Aussagen über den Krankheitsverlauf treffen.