Inhaltszusammenfassung:
Zahlreiche Essstörungen zählen immer noch zu den häufigsten psychiatri-schen Erkrankungen. Eine Form dieser Essstörungen ist die Binge-Eating-Störung (BES), bei welcher Patienten unter wiederholten Essattacken leiden bzw. ein Verlust der Kontrolle über die Nahrungsaufnahme vorherrscht. Die Patienten leiden häufig unter Übergewicht und weiteren physischen und psy-chischen Begleiterkrankungen. Um die Erkrankung besser zu verstehen und schlussendlich geeignete Therapiemöglichkeiten zu etablieren, ist es v. a. er-forderlich, die Entstehungsmechanismen, insbesondere das Persönlichkeits-merkmal „Impulsivität“, zu ergründen.
In der vorliegenden Arbeit wurde sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit für die inhibitorische Kontrolle ein neuronales Korrelat ausgemacht werden kann und ob die inhibitorische Kontrolle von Patienten mit einer BES gegenüber Kontrollprobanden ohne Essstörungen vermindert ist. Dazu wurden 24 Patien-ten mit einer BES, welche im Rahmen einer größer angelegten Untersuchung an einer Therapiestudie teilnahmen, und 12 Kontrollprobanden in einer Na-hinfrarotspektroskopiestudie untersucht. Die Probanden wurden während ei-ner „Go“-/„No-Go“-Aufgabe gebeten, schnellstmöglich zwischen gesunden und ungesunden Nahrungsmitteln, welche auf einem Computerbildschirm präsentiert wurden, per Tastendruck zu diskriminieren. Während der Aufga-benbearbeitung wurde mittels funktioneller Nahinfrarotspektroskopie die korti-kale Aktivierung gemessen.
Es konnte bei allen Probanden ein Anstieg von oxygeniertem Hämoglobin (O2Hb) gezeigt werden, nachdem ein Kontrast gebildet wurde, indem alle „Go“-Blöcke von den „No-Go“-Blöcken („No-Go“ minus „Go“) abgezogen wurden, was als Anzeichen für gesteigerte präfrontale Aktivität und damit als vermehrte inhibitorische Kontrolle gewertet werden kann. Des Weiteren wurde bei Pati-enten mit einer BES verglichen mit den Kontrollprobanden nach Aufforderung ihre Antwort (Tastendruck) bei Betrachten eines ungesunden Nahrungsmittels zu unterdrücken („No-Go“) eine signifikante, v. a. rechtshemisphärische, ver-minderte kortikale Aktivität beobachtet. Auch zeigte sich, dass die Patienten mit einer BES, die sich anhand des BIS-15-Fragebogens subjektiv als sehr impul-siv einschätzten, eine verminderte Aktivität in den Präfrontalkortices aufwie-sen, wenn sie während der „Go“-/„No-Go“-Aufgabe aufgefordert wurden, ihre Antwort bei gesunden Nahrungsmitteln zu unterdrücken.
Abschließend lässt sich sagen, dass diese Arbeit die aktuell gültige Meinung, dass Patienten mit einer Binge-Eating-Störung eine verminderte inhibitorische Kontrolle und eine gesteigerte Impulsivität aufweisen, bestätigt, und die Nahin-frarotspektroskopie ein probates Werkzeug darstellt, um kortikale Aktivität zu visualisieren.