Evaluierung eines neuen Biomarkers und eines neuen neuroprotektiven Wirkstoffes für ischämischen Schlaganfall in Ratten mit Positronen-Emissions-Tomographie und Magnetresonanztomographie

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/151129
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1511297
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-92469
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2024-02-19
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Biologie
Gutachter: Herfert, Kristina (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2023-12-05
DDC-Klassifikation: 570 - Biowissenschaften, Biologie
Freie Schlagwörter: Schlaganfall
MRT
PET
EPO
Ambroxol
MCAO
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Deutschlandweit erleiden jährlich mehr als eine Viertelmillionen Menschen einen Schlaganfall mit teilweise schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Überleben die Patienten den Hirninfarkt, müssen viele von ihnen mit zum Teil lebensveränderten Einschränkungen leben, was wiederum die wirtschaftliche Belastung des Gesundheitssystems erhöht. Eine wirksame Behandlung sowie eine schnelle und zuverlässige Diagnose des Schlaganfalls sind daher für die Betroffenen als auch für das Gesundheitssystem von größter Bedeutung. Denn je schneller ein Schlaganfall erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Aussichten auf Genesung. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde in vivo die spezifische Bindung des radioaktiven Tracers [89Zr]Zr-DFO-EPO an die Erythropoietinrezeptoren (EPOR) an Ratten als neuer Ansatz zur Diagnose von Schlaganfällen untersucht. Im weiteren Verlauf wurde dann untersucht, ob mittels Ambroxolhydrochlorid (Ambroxol) ein Schlaganfall an Ratten therapiert werden kann. Zur Evaluierung der Hypothese wurden zwei bildgebende Verfahren angewendet: Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) sowie die Magnetresonanztomographie (MRT). Des Weiteren wurden die Auswirkungen der Ambroxolgabe in schlaganfallinduzierten Ratten anhand verschiedener Verhaltensexperimente analysiert. EPOR sind nach einem Schlaganfall sowohl in humanem als auch murinem Schlaganfallgewebe überexprimiert, wobei eine spezifische Bindung in vorangegangen Versuchen bisher nur ex vivo nachgewiesen werden konnte. Um zu überprüfen, ob sich radioaktiv markiertes Erythropoietin (EPO) als Bildgebungsmarker zur Schlaganfalldetektion eignet, wurde im ersten Teil dieser Arbeit untersucht, ob der Tracer [89Zr]Zr-DFO-EPO spezifisch an den EPOR bindet. Dafür wurde in Ratten artifiziell ein Schlaganfall mittels Verschluss der mittleren zerebralen Arterie (engl.: „middle cerebral artery occlusion, MCAO“) induziert und mit Hilfe von [89Zr]Zr-DFO-EPO im PET untersucht. Um die spezifische Bindung des Tracers nachzuweisen, wurden außerdem Blockierungsexperimente durchgeführt, indem ein Teil der Tiere nicht-radioaktives EPO appliziert bekamen, damit dieses mit dem radioaktive EPO um dieselben Bindungsstellen konkur-rieren konnte. Die Tiere wurden infolgedessen zu mehreren Zeitpunkten im MRT und PET gemessen. Die Bindung des Tracers im Gehirn war sehr gering und es konnte zu keinem Zeitpunkt, weder in vivo noch ex vivo, eine Blockierung der Bindung erreicht werden. Gründe dafür könnten die geringe spezifische Aktivität (3,33 MBq/µg), eine potenziell schlechte Affinität des Tracers gegenüber der EPOR sowie eine ungeeignete Wahl der Messzeitpunkte sein. Eine Loslösung des radioaktiven Isotops 89Zr vom Tracer-Komplex konnten hingegen durch einen Serumstabilitätstest weitestgehend ausgeschlossen werden, da der Tracer eine Woche lang stabil im Serum verblieb. Zusammenfassend konnte in den Experimenten der vorliegenden Arbeit keine spezifische Bindung [89Zr]Zr-DFO-EPO nachgewiesen werden. In künftigen Studien sollte die spezifische Aktivität des Tracers verbessert werden, sowie anderer Messzeitpunkte gewählt werden, um eine spezifische Bindung des Tracers in vivo zu ermitteln. Im zweiten Teil dieser Doktorarbeit wurden neue Therapieansätze für Schlaganfallgewebe mittels moderner Bildgebungsmethoden untersucht. Der Verschluss einer Hirnarterie während eines Schlaganfalls führt durch den Sauerstoff- und Glukosemangel im vaskularisierten Hirngewebe in den betroffenen Regionen innerhalb kürzester Zeit zum Zelltod. Durch den Energiemangel können energieabhängige Prozesse innerhalb der Neuronen nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Folge sind erhöhte Ionenkonzentrationen von Na+ und Ca2+, die wiederum zu einer erhöhten Wasseraufnahme, Depolarisation, Exzitotoxizität und schlussendlich zu intrazellulären Kaskaden führen, die wiederum in Nekrose und Apoptose resultieren. Außerdem wer-den Sauerstoffradikale und Stickstoffmonoxid produziert, die durch die Aktivierung von bestimmten Enzymen zu einer größer werdenden Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke und ebenfalls zur Apoptose führen. Eine medizinische Intervention im Rahmen einer schnellen Reperfusion kann zwar nachweislich das Schlaganfallvolumen reduzieren, birgt aber auch das Risiko weiterer Gewebsverletzungen und hat zudem nur ein sehr geringes Anwendungszeitfenster. Neuroprotektive Therapien stellen daher eine vielver-sprechende Möglichkeit dar, gefährdetes Gewebe zu retten. Der Wirkstoff Ambroxol, der bisher zur Schleimlösung bei Atemwegserkrankungen eingesetzt wird, könnte ein potenzielles Therapeutikum sein, da frühere Studien gezeigt haben, dass Ambroxol so-wohl Na+- als auch Ca2+-Ionenkanäle blockiert und darüber hinaus die Produktion von Sauerstoffradikalen reduziert. Im Rahmen dieser Arbeit wurde durch die Injektion von Ambroxol direkt nach der Reperfusion der Blutgefäße untersucht, ob Ambroxol positive bildgebungs- und verhaltensbezogene Merkmale aufweist. Mit Hilfe von T2- und diffusionsgewichteter, sowie funktioneller MRT (fMRT)-Bildgebung wurden die Infarktgröße und Infarktstärke be-rechnet sowie die strukturelle und funktionelle Konnektivität vor und in der Zeit nach Ambroxolgabe gemessen. Darüber hinaus wurden Veränderungen im Verhalten mittels sensitiver Verhaltenstests bewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass das Schlaganfallvolumen in Ambroxol-behandelten Tieren in der subakuten Phase (24 h bis 72 h nach Schlaganfallbeginn) und in der frühen chronischen Phase (1 Woche nach Schlaganfall-beginn) im Striatum signifikant kleiner war als das Volumen in der Kontrollgruppe. Die Tiere aus der Ambroxolgruppe schnitten im Vergleich zur Kontrollgruppe zudem in zwei der vier durchgeführten Verhaltenstest besser ab. Darüber hinaus konnte mittels MRT und immunhistochemischen Färbungen gezeigt werden, dass nach einem Monat Tiere aus der Ambroxolgruppe weniger nekrotisches Schlaganfallgewebe aufwiesen als Tiere aus der Kontrollgruppe. Die strukturelle Konnektivität, die anhand der fraktionellen Anisotropie (FA) des Corpus callosum bewertet wurde, zeigte ebenfalls, dass die Tiere aus der Ambroxolgruppe im Gegensatz zur Kontrollgruppe ihre Integrität der Axone beibehalten hatten. Konsequenterweise zeigten die fMRT-Messungen in der subakuten Phase eine deutlich reduzierte funktionelle Konnektivität in der Ambroxolgruppe im Vergleich zu den Tieren aus der Kontrollgruppe. In Übereinstimmung mit der ursprünglichen Hypothese wurde eine vorherrschende Verringerung der globalen funktionellen Konnektivität in beiden Hemisphären der Ambroxol-Tiere im Vergleich zu den Kontrolltieren festgestellt. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit eine deutliche Wirkung von Ambroxol auf die Gehirnfunktion und das Schlaganfallvolumen. Obwohl der genaue Mechanismus nicht eindeutig geklärt werden konnte, deuten die Daten darauf hin, dass die Wirkung von Ambroxol die folgenreichen Kaskaden eines Schlaganfalls, die zu Apoptose und Nekrose führen, unterbrochen und abgemildert haben könnte.

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