Inhaltszusammenfassung:
Die fossilen Fundstellen aus dem Känozoikum Südostasiens dokumentieren eine äußerst dynamische Periode der Säugetierevolution. Viele Gruppen moderner Säugetiere entwickelten sich in dieser biogeographischen Region oder erlebten dort bedeutende Radiationen. Zu diesen zählen zum Beispiel anthropoide Primaten im Eozän und hominoide Primaten im Miozän. Hier möchte ich den ökologischen Kontext charakterisieren, in dem diese Entwicklungen stattfanden, insbesondere im Hinblick auf Paläosaisonalität, Vegetationsstruktur, Ernährung und Nischenaufteilung. Zu diesem Zweck habe ich mich auf zwei fossile Säugetierfaunen aus dem heutigen Myanmar konzentriert, die zwei Schlüsselzeiträume in der Evolutionsgeschichte der Primaten repräsentieren.
Die Treibhauswelt der Pondaung Formation (Fm.) aus dem mittleren Eozän ist ein Fenster zur Erforschung der Ökosystemdynamik der Tierwelt eines Lebensraums, der eine große Anzahl verschiedener früher anthropoider Primaten sowie eine vielfältige Fauna pflanzenfressender Säugetiere beherbergte. Frühere Studien konzentrierten sich auf das Klima und die Vegetation in der Umwelt, die die Pondaung Fm. prägte. Obwohl ich mich auch mit Aspekten der Paläosaisonalität und der Vegetationsstruktur beschäftige, liegt mein Schwerpunkt auf der Struktur der Mikrohabitate an den verschiedenen Fundstellen der Pondaung Fm. sowie ihrer Nutzung durch die verschiedenen taxonomischen Gruppen. Auf der Grundlage dieser Habitatsrekonstruktionen konnte ich für einige der anthropoiden Primatenarten aufgrund ihres Vorkommens in verschiedenen Mikrohabitaten auf ein gewisses Maß an ökologischer Flexibilität schließen. Der zweite Schwerpunkt meiner Arbeit an der Pondaung-Fauna waren die Anthracotheriidae und eine detaillierte Rekonstruktion ihrer Paläoökologie und der Konkurrenzdynamik zwischen den fünf Arten, die in der Pondaung Fm. gefunden wurden.
Mit der zweiten Säugetierfauna bearbeite ich offene Fragen zur evolutionären Ökologie der Ponginae in Südostasien, die im Miozän ihren Anfang hatte. Heute gibt es nur noch eine Gattung (Pongo), deren geographische Verbreitung auf die beiden Inseln Borneo und Sumatra beschränkt ist. Vom Miozän bis zum Pleistozän waren die Artenvielfalt und das geographische Verbreitungsgebiet jedoch weitaus größer. Die Fossilien von Ponginae erstrecken sich von der Türkei bis nach Südchina. Die Irrawaddy-Fm. aus dem späten Miozän ist ein Beispiel für den Lebensraum der Schwestergruppe der heutigen Orang-Utans, Khoratpithecus, die dort durch die Art Khoratpithecus ayeyarwadyensis vertreten ist. In meiner Dissertation charakterisiere ich den Lebensraum dieser fossilen Ponginae, indem ich die Paläosaisonalität, die Vegetationsstruktur und die Dynamiken zwischen den ökologischen Nischen der fossilen Fauna rekonstruiere. Anschließend konzentriert sich meine Arbeit auf die Frage, ob es eine ökologische Kontinuität in Bezug auf Ernährung, Habitatspräferenzen und –nutzung in der Familie Ponginae seit dem Miozän gibt, wobei ich die verschiedenen Taxa aus Süd- und Südostasien vergleiche.
Für meine Studien habe ich verschiedene analytische Ansätze verwendet, um die Paläoökologie und Ernährung in diesen fossilen Säugetierfaunen zu bewerten. Hier präsentiere ich die Analyse stabiler Isotope und die anschließende Nischenmodellierung der eozänen und miozänen Fossilien aus Myanmar sowie die Analyse der Mikroläsionen an okklusalen Kaufacetten der Zähne. Die Resultate der zweiten Methode ermöglichen einen detaillierteren Einblick in die evolutionäre Ökologie der Ponginae durch den Vergleich der Subsistenzstrategien miozäner Ponginae mit pleistozänen und heutigen Orang-Utans. Mit den verschiedenen Studien meines Dissertationsprojekts konnte ich Möglichkeiten aufzeigen, wie man die Grenzen der Modellierung von Nischen mit stabilen Isotopen erweitern kann. Zum einen indem ich eine andere Gruppe von Isotopen verwendet habe, die eher allgemeine ökologische Merkmale einer Nische darstellen als nur trophische oder ernährungsbezogene Dimensionen. Zum anderen habe ich erfolgreich neue Interpretationsansätze für die modellierten Isotopennischen aus geologische Zeiträume erprobt, die bisher nur von Ökologen, die an modernen Ökosystemen arbeiten, angewendet wurden. Ein Beispiel dafür ist die Bewertung der Dynamik des Konkurrenzpotenzials in den Anthracotheriidae aus der Pondaung Fm. Die Arbeit an den Mikroläsionen (dental microwear) der Selenka-Orang-Utans war eine weitere Möglichkeit, eine Brücke zwischen der Paläontologie einerseits und Ökologie und Biologie andererseits zu schlagen. Der daraus hervorgegangene Datensatz eröffnet neue Forschungsmöglichkeiten in beiden Disziplinen, besonders im Hinblick auf den Arterhalt der Orang-Utans.
Abstract:
The Cenozoic fossil formations of Southeast Asia document a highly dynamic period in mammalian evolution. Many clades of modern mammals originated from this biogeographic region or experienced important radiations there including anthropoid primates and pongines. Here, I want to characterize the ecological and environmental contexts in which these developments took place, specifically regarding palaeoseasonality, vegetation structure, diet and niche partitioning. To do so, I focused on two fossil mammal assemblages from the Central Basin of Myanmar representing two key time periods in the evolutionary history of primates.
The greenhouse world of the middle Eocene Pondaung Fm. is a window to explore the ecosystem dynamics in the faunal assemblage of a habitat, which sustained a large number of different early anthropoid primates as well as a diverse fauna of herbivorous mammals. Previous studies focused on climate and vegetation of the Pondaung environment. While I also worked on aspects of paleoseasonality and vegetation structure, my focus lay on the structure of microhabitats across the different localities of the Pondaung Fm. and their use by the different taxonomic groups. Based on this work, I could infer ecological flexibility for at least some of the anthropoid primate species, based on their occurrences in different microhabitats. The second focal point of my work on the Pondaung fauna were the anthracotheres and a detailed reconstruction of their paleoecology and the competition dynamics between the five species.
With the second mammal assemblage, we want to address open questions surrounding the evolutionary ecology of Ponginae in Southeast Asia. Today, there only is one genus (Pongo), whose geographical distribution is highly restricted to the islands of Borneo and Sumatra. From the Miocene to the Pleistocene however, species diversity and geographic range were much more extensive. The fossil record of pongines spans the area from Turkey to southern China. The late Miocene Irrawaddy Fm. is an example for the habitat of the sister-group of extant orangutans, Khoratpithecus, which is represented here by the species Khoratpithecus ayeyarwadyensis. I characterized the habitat of this fossil pongine by reconstructing its paleoseasonality, vegetation structure and niche partitioning dynamics. Then focused my work on the question if there was ecological continuity in the pongine clade since the Miocene, with a comparison of the different taxa from South and Southeast Asia.
For my studies, I used to different analytical approaches to assess paleoecology and diet in these fossil mammal faunas. Here, I present the stable isotope analysis and subsequent niche modelling of the Eocene and Miocene fossil assemblages from Myanmar and the dental microwear texture analysis I used to get a more detailed insight into pongine evolutionary ecology with the comparison of subsistence strategies of Miocene pongines to Pleistocene and extant orangutans. With the different studies of my dissertation project I could show possibilities to push the boundaries of stable isotope niche modelling by using a different set of isotopes that are representing more general ecological characteristic of a niche rather than just trophic or dietary dimensions. I also successfully explored the application of new approaches with the modelled isotopic niches that previously were only used by stable isotope ecologists working on modern ecosystems to geological time periods. One example is the evaluation of competition potential dynamics in the anthracothere assemblage from the Pondaung Fm. The work on the Selenka orangutans was another way in which I could bridge the gap between palaeontology and ecologists and biologists working on extant primate faunas in providing a data set that opens new research directions in both fields.