Inhaltszusammenfassung:
In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung nach der Frage, wie Raum im Gehirn
repräsentiert wird, ein weit verzweigtes Netzwerk von spezialisierten Zellen aufgedeckt. Es ist nun klar, dass Räumlichkeit auf irgendeine Art repräsentiert sein muss,
aber die genaue Umsetzung wird nach wie vor debattiert. Folgerichtig liegt das
übergeordnete Ziel meiner Dissertation darin, das Verständnis von der neuronalen
Repräsentation, der Kognitiven Karte, mithilfe von theoretischer Computermodellierung (im Gegensatz zu datengetriebener Modellierung) zu erweitern. Die Arbeit
setzt sich aus vier Publikationen zusammen, die das Problem aus verschiedenen,
aber miteinander kompatiblen Richtungen angehen:
In den ersten beiden Publikationen geht es um zielgerichtete Navigation durch
topologische Graphen, in denen die erkundete Umgebung als Netzwerk aus loka len Positionen und sie verbindenden Handlungen dargestellt wird. Im Gegensatz zu
Koordinaten-basierten metrischen Karten sind Graphenmodelle weniger gebunden
und haben verschiedene Vorteile wie z.B. Algorithmen, die garantiert optimale Pfade
finden. Im ersten Modell sind Orte durch Populationen von einfachen Bildfeatures
im Graphen gespeichert. Für die Navigation werden dann mehrere Pfade gleichzeitig zwischen Start- und Zielpopulationen berechnet und die schlussendliche Route
folgt dem Durchschnitt der Pfade. Diese Methode macht die Wegsuche robuster und
umgeht das Problem, Orte entlang der Route wiedererkennen zu müssen.
In der zweiten Publikation wird ein hierarchisches Graphenmodell vorgeschlagen,
bei dem die Umgebung in mehrere Regionen unterteilt ist. Das Regionenwissen ist
ebenfalls als übergeordnete Knoten im Graphen gespeichert. Diese Struktur führt
bei der Wegsuche dazu, dass die berechneten Routen verzerrt sind, was mit dem
Verhalten von menschlichen Probanden in Navigationsstudien übereinstimmt.
In der dritten Publikation geht es auch um Regionen, der Fokus liegt aber auf der
konkreten biologischen Umsetzung in Form von Place Cell und Grid Cell-Aktivität.
Im Gegensatz zu einzigartigen Ortsknoten im Graphen zeigen Place Cells multiple
Feuerfelder in verschiedenen Regionen oder Kontexten. Dieses Phänomen wird als Remapping bezeichnet und könnte der Mechanismus hinter Regionenwissen sein. Wir
modellieren das Phänomen mithilfe eines Attraktor-Netzwerks aus Place- und Grid
Cells: Immer, wenn sich der virtuelle Agent des Modells von einer Region in eine
andere bewegt, verändert sich der Kontext und die Zellaktivität springt zu einem
anderen Attraktor, was zu einem Remapping führt. Das Modell kann die Zellaktivität von Tieren in mehreren Experimentalumgebungen replizieren und ist daher eine
plausible Erklärung für die Vorgänge im biologischen Gehirn.
In der vierten Publikation geht es um den Vergleich von Graphen- und Kartenmodellen als fundamentale Struktur der kognitiven Karte. Im Speziellen geht es
bei dieser Debatte um die Unterscheidung zwischen nicht-metrischen Graphen und
metrischen euklidischen Karten; euklidische Karten sind zwar mächtiger als die Alternative, aber menschliche Probanden neigen dazu, Fehler zu machen, die stark
von einer metrischen Vorhersage abweichen. Deshalb wird häufig argumentiert, dass
nicht-metrische Modelle das Verhalten besser erklären können. Wir schlagen eine
alternative metrische Erklärung für die nichtmetrischen Graphen vor, indem wir die
Graphen im metrischen Raum einbetten. Die Methode wird in einer bestimmten
nicht-euklidischen Beispielumgebung gezeigt, in der sie Versuchspersonenverhalten
genauso gut vorhersagen kann, wie ein nichtmetrischer Graph. Wir argumentieren
daher, dass unser Modell ein besseres Modell für Raumrepräsentation sein könnte.
Zusätzlich zu den Einzelergebnissen diskutiere ich außerdem die Gemeinsamkeiten
der Modelle und wie sie in den derzeitigen Stand der Forschung zur kognitiven Karte
passen. Darüber hinaus erörtere ich, wie die Ergebnisse zu komplexeren Modellen
vereint werden könnten, um unser Bild der Raumkognition zu erweitern.
Abstract:
Decades of research into the neural representation of physical space have uncovered
a complex and distributed network of specialized cells in the mammalian brain. It
is now clear that space is represented in some form, but the realization remains
debated. Accordingly, the overall aim of my thesis is to further the understanding
of the neural representation of space, the cognitive map, with the aid of theoretical
computational modeling (as opposed to data-driven modeling). It consists of four
separate publications which approach the problem from different but complementing
perspectives:
The first two publications consider goal-directed navigation with topological graph
models, which encode the environment as a state-action graph of local positions
connected by simple movement instructions. Graph models are often less constrained
than coordinate-based metric maps and offer a variety of computational advantages;
for example, graph search algorithms may be used to derive optimal routes between
arbitrary positions. In the first model, places are encoded by population codes of
low-level image features. For goal-directed navigation, a set of simultaneous paths
is obtained between the start and goal populations and the final trajectory follows
the population average. This makes route following more robust and circumvents
problems related to place recognition. The second model proposes a hierarchical
place graph which subdivides the known environment into well-defined regions. The
region knowledge is included in the graph as superordinate nodes. During wayfinding,
these nodes distort the resulting paths in a way that matches region-related biases
observed in human navigation experiments.
The third publication also considers region coding but focuses on more concrete
biological implementation in the form of place cell and grid cell activity. As opposed
to unique nodes in a graph, place cells may express multiple firing fields in different
contexts or regions. This phenomenon is known as “remapping” and may be fundamental to the encoding region knowledge. The dynamics are modeled in a joint
attractor neural network of place and grid cells: Whenever a virtual agent moves
into another region, the context changes and the model remaps the cell activity to
an associated pattern from memory. The model is able to replicate experimental
findings in a series of mazes and may therefore be an explanation for the observed
activity in the biological brain.
The fourth publication again returns to graph models, joining the debate on the
fundamental structure of the cognitive map: The internal representation of space
has often been argued to either take the form of a non-metric topological graph or
a Euclidean metric map in which places are assigned specific coordinates. While the
Euclidean map is more powerful, human navigation in experiments often strongly
deviates from a (correct) metric prediction, which has been taken as an argument for
the non-metric alternative. However, it may also be possible to find an alternative
metric explanation to the non-metric graphs by embedding the latter into metric
space. The method is shown with a specific non-Euclidean example environment
where it can explain subject behavior equally well to the purely non-metric graph,
and it is argued that it is therefore a better model for spatial knowledge.
Beyond the individual results, the thesis discusses the commonalities of the models and how they compare to current research on the cognitive map. I also consider
how the findings may be combined into more complex models to further the understanding of the cognitive neuroscience of space.