Inhaltszusammenfassung:
Die ICB hat die Therapie des metastasierten malignen Melanoms revolutioniert und zeichnet sich durch vergleichsweise hohe Ansprechraten aus. Notwendig für das Ansprechen auf die ICB ist, dass zentrale Signalwege der Zellzyklusregulation durch schwere Mutationen nicht so sehr beeinträchtigt sind, dass in den Tumorzellen die Seneszenz nicht mehr induziert werden kann. In diesem Kontext wird die Seneszenz durch die TH1-Zell-Zytokine IFN- und TNF ausgelöst und als ZIS bezeichnet. Bei Nichtansprechen auf die ICB können beim metastasierten malignen Melanom auch Zellzyklusinhibitoren oder Zytostatika eingesetzt werden, wobei Letztere dem Patienten nur bei Versagen jeder höherwertigen Therapie als Option angeboten werden sollten. Auch durch diese Therapeutika kann Seneszenz im Melanom induziert werden, welche als TIS bezeichnet wird. Die Seneszenz wird häufig als Stressreaktionsprogramm einer Zelle bezeichnet und ist durch einige Merkmale definiert, bspw. Wachstumsarrest, SA--Gal-Aktivität, Hochregulation von Zellzyklusregulatoren wie p16 oder p21, modifizierte Genexpression, morphologische Veränderungen und makromolekularen Schaden. Die Effekte von seneszenten Zellen auf ihre Umgebung können je nach Umgebung sehr variabel und sogar gegensätzlich sein; vermittelt werden diese Effekte durch die Sekretion zahlreicher v.a. proinflammatorischer Faktoren, welche als SASP zusammengefasst werden. Dabei ist der SASP enorm kontextabhängig. Über den SASP von Melanomzellen im Kontext der ZIS und TIS ist wenig bekannt. Dabei könnten Erkenntnisse über die Zusammensetzung und die Effekte des SASPs in diesem Bereich entscheidende Hinweise dafür liefern, wieso das Melanom so gut auf die ICB anspricht, und warum die Seneszenzinduktion eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Ansprechen dieser Therapie ist.
In dieser Arbeit wurden die beiden Melanomzelllinien SK-MEL-28 und WM115 mit den Zytokinen IFN- und TNF, dem Zytostatikum Doxorubicin und dem Zellzyklusinhibitor Palbociclib für jeweils 96 h behandelt. Zum Zeitpunkt nach Behandlungsende (96 h) wurde für einige Versuche ein Mediumwechsel durchgeführt, dem entsprechende Analysen 48 h später folgten. Um die Seneszenzinduktion zu verifizieren und zu charakterisieren, wurden zunächst die SA--Gal-Aktivität, der Wachstumsarrest, die LDH-Freisetzung, die Regulation von p16, p21, p27 und p53 sowie der Zellzyklusarrest untersucht. Dabei stellte sich färberisch in allen Behandlungsgruppen eine gesteigerte Aktivität der SA--Gal gegenüber der Kontrollgruppe dar. Weiterhin erzielte jede Behandlung einen Wachstums- sowie Zellzyklusarrest. Letzterer wurde mittels 7-AAD-BrdU-APC-FACS untersucht. Analysen mittels Western Blot zeigten, dass dieser Wachstumsarrest nach Zytokin- und Doxorubicin-Behandlung durch Hochregulation von p21 vermittelt wurde; die Wachstums-arretierten, Palbociclib-behandelten Melanomzellen zeigten keine stabile Hochregulation von einem der untersuchten Zellzyklusregulatoren. Für die anschließende Charakterisierung des SASPs wurden Analysen auf mRNA- und Proteinebene durchgeführt. Die Untersuchungen von über 80 Zytokinen und Chemokinen mit qPCR- und Proteome Profiler-Arrays zeigten bei der ZIS eine Hochregulation zahlreicher proinflammatorischer Faktoren, welche bei der TIS deutlich geringer ausfiel. Die Sekretion einzelner Faktoren (IL-1, IL-6, IL-8, IL-12) wurde mittels ELISA exakt quantifiziert: Nur bei ZIS wurden IL-1, IL-6 und IL-8 von beiden Zelllinien stärker freigesetzt im Vergleich zur entsprechenden Kontrolle. IL-12 wurde überhaupt nicht freigesetzt. In einem abschließenden funktionellen Experiment wurden die Effekte der freigesetzten Faktoren auf naive Melanomzellen untersucht, indem SK-MEL-28- und WM115-Melanomzellen 96 h mit den verschiedenen SASPs behandelt wurden, bevor die SA--Gal-Aktivität färberisch dargestellt wurde. Die Behandlung mit den SASPs nach Behandlung mit IFN- und TNF sowie Palbociclib bewirkte über unterschiedliche Mechanismen eine Seneszenzinduktion, während der SASP nach Behandlung mit Doxorubicin keinen solchen Effekt hatte. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es therapeutisch von Vorteil sein könnte, im Rahmen eines „one-two punch“ Therapieversuchs, Tumorpatienten zunächst mit Seneszenz-induzierenden und anschließend mit senolytischen Medikamenten zu behandeln. Dadurch könnte man die Vorteile des SASPs ausnutzen, welche tendenziell eher bei vorübergehendem Vorhandensein eines entzündlichen Milieus überwiegen, und die schädlichen Nebenwirkungen einer länger andauernden Sekretion proinflammatorischer Faktoren vermeiden.