Inhaltszusammenfassung:
Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ist mit einer weltweiten Prävalenz von ca. 5% eine der häufigsten psychischen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters und kann zu erheblichen Beeinträchtigungen der Betroffenen im Alltag, insbesondere im schulischen Umfeld, führen.
Neben der medikamentösen Therapie, welche bisher den am meisten verbreiteten Therapieansatz darstellt, richtete sich der therapeutische Fokus in den letzten Jahren zunehmend auf nicht-medikamentöse Therapieansätze, wie z.B. das Neurofeedbacktraining (NFT). Ein NFT ist mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand für die Betroffenen verbunden. Gleichzeitig wurde in früheren Studien wiederholt nachgewiesen, dass nicht alle Personen mit der Diagnose einer ADHS die regulatorischen Strategien eines NFTs erlernen. Folglich ist von großem Interesse, inwieweit Lernerfolg und auch Therapieerfolg auf klinischer Ebene bereits vor Beginn eines NFTs eingeschätzt werden können.
In dieser Arbeit wurden die durchschnittlicher Trainingsmotivation der Versuchspersonen sowie die regulatorische Kapazität der frühen Trainingssitzungen als Prädiktoren für Lern- und Therapieerfolg in einem NIRS-basierten NFT untersucht. Weiterhin wurde geprüft, ob Lernerfolg konsekutiv zu einem Therapieerfolg auf klinischer Ebene führt. Die Studie wurde mit Kindern zwischen 6 und 10 Jahren mit der Diagnose einer ADHS nach DSM-5-Kriterien durchgeführt. Sie durchliefen 15 Trainingssitzungen eines NIRS-basierten NFTs in einem virtuellen Klassenzimmer. Die Effekte wurden direkt nach Beendigung des NFTs im Post-Test und nach 6 Monaten im Follow up-Test untersucht. Die Beurteilung des Therapieerfolgs erfolgte in dieser Arbeit zum einen auf neuropsychologischer Ebene anhand der Auswertung der Reaktionszeitvariabilität in einer Go/NoGo Aufgabe sowie auf klinisch-behavioraler Ebene anhand der Beurteilung der Symptomatik im Conners Fragebogen durch die Eltern und Klassenlehrkräfte der Kinder. In den Ergebnissen zeigte sich für die Trainingsmotivation kein prädiktorischer Wert auf den Lern- und Therapieerfolg. Die regulatorische Kapazität besaß ebenfalls keinen prädiktorischen Wert für den Lernerfolg, jedoch einen partiell signifikanten prädiktorischen Wert für den Therapieerfolg auf behavioraler Ebene. Dies zeigte sich insbesondere an einer signifikanten Verbesserung in der Beurteilung durch die Eltern im Conners Fragebogen nach Beendigung des NFTs zum Post-Testzeitpunkt, jedoch nicht anhaltend zum Follow up-Testzeitpunkt. Zwischen Lernerfolg und Therapieerfolg zeigte sich kein Zusammenhang. Es ist anzunehmen, dass der therapeutische Effekt eines NFTs zusätzlich durch weitere Faktoren moderiert wird.
Die Ergebnisse spiegeln die Heterogenität sowohl interindividueller Wirk- und Einflussfaktoren auf die Ausprägung und Entwicklung der ADHS als auch konsekutiv vielschichtiger Einflussmechanismen auf die Effektivität eines NFTs als Therapiemethode wider.