Inhaltszusammenfassung:
Phänotypische oder entwicklungsbedingte Plastizität ist der Prozess, durch den identische Genotypen unterschiedliche Phänotypen in Reaktion auf Umweltreize hervorrufen können. Phänotypische Plastizität kann auch als Treiber von evolutionären Ereignissen wirken. Diese Theorie hat jedoch erst kürzlich an Popularität gewonnen, und daher sind weitere Studien notwendig, um den Prozess der Plastizität und die genetischen Mechanismen, die sie regulieren, besser zu verstehen. Ideale Organismen, um den Einfluss der Plastizität auf evolutionäre Prozesse zu untersuchen, sind Nematoden, die zur Familie der Diplogastriden gehören und die phänotypische Plastizität im adulten Mundphänotyp aufweisen. Die Mehrheit der Arten der Diplogastriden bildet als Erwachsene in Reaktion auf Umweltreize eine von zwei Mundformen. Der hermaphroditische Diplogastride Pristionchus pacificus wurde umfassend erforscht, und verschiedene Gene wurden identifiziert, die als Hauptregulatoren der Formen wirken. Knock-outs dieser "Schaltergene" führen zu einer konstitutiven Expression nur einer Form. Obwohl P. pacificus intensiv erforscht wurde, stellte sich die Frage, ob das regulatorische Netzwerk der Mundformplastizität bei den Diplogastriden insgesamt konserviert ist. Um diese Frage zu untersuchen, untersuchte ich einen anderen hermaphroditischen Diplogastriden, der früh im Stammbaum verzweigte und Allodiplogaster sudhausi genannt wird. Im Zuge der Charakterisierung dieses Organismus machte ich eine Reihe überraschender Entdeckungen, darunter 1) ein kürzlich stattgefundenes Ereignis der gesamten Genomduplikation, 2) die Evolution der umweltbedingten Geschlechtsbestimmung und insbesondere 3) die Evolution einer dritten Mundform. Diese Form wird bei schlechter Ernährung und auf Pilzen induziert und zeigt kannibalistisches Verhalten. Um die Regulation dieser Form zu untersuchen, identifizierte ich zwei Gene, die Sulfatasen kodieren, in A. sudhausi, die durch eine gesamte Genomduplikation entstanden sind und homolog zu einem Schlüsselgen für die Mundformumschaltung in P. pacificus sind. Unter Verwendung von CRISPR zeigte ich dann, dass doppelte knock-out-Mutanten in beiden Genen verhindern, dass zwei der drei Formen gebildet werden, einschließlich der neuen Form. Dies legt nahe, dass die Mundformgene innerhalb der Familie der Diplogastriden funktional konserviert sind. Außerdem weisen Einzelmutanten dieser Gene unterschiedliche Rollen in der Regulation der verschiedenen Formen auf, was auf Dosiseffekte bei der Regulation einer Form und Redundanz bei der anderen hinweist. Insgesamt machte ich eine Reihe überraschender Entdeckungen bei A. sudhausi und identifizierte unerwartete Merkmale, die es zu einem potenziell nützlichen Modell für die Bewertung der Evolution neuer Merkmale machen.
Abstract:
Phenotypic or developmental plasticity is the process whereby identical genotypes can produce different phenotypes in response to environmental cues. Phenotypic plasticity can also act as a driver of evolutionary events. However, this theory only recently started to gain popularity and thus further studies are needed to better understand the process of plasticity and the genetic mechanisms regulating it. Ideal organisms to study the impact of plasticity on evolutionary processes are nematodes that belong to the diplogastrid family, which ancestrally display phenotypic plasticity in adult mouth phenotype. The majority of diplogastrid species form one-of-two mouth-form morphs as adults in response to environmental cues. The hermaphroditic diplogastrid Pristionchus pacificus has been well- studied, and various genes have been identified that act as master regulators of the morphs. Knock-outs of these ‘switch genes’ lead to constitutive expression of only one morph. Although P. pacificus has been well-studied, the question arose as to whether the regulatory network of mouth-form plasticity was conserved within diplogastrids as a whole. To investigate this, I examined another hermaphroditic diplogastrid that branched early in the lineage, called Allodiplogaster sudhausi. In the process of characterising this organism, I made a number of surprising findings, including 1) a recent whole genome duplication event, 2) the evolution of environmental sex determination and, notably, 3) evolution of a third mouth-form morph. This morph is induced in poor nutrition and on fungus and displays cannibalistic behaviour. To examine regulation of this morph, I identified two sulfatase-encoding genes in A. sudhausi, that arose via whole genome duplication, and are homologous to a key mouth-form switch gene in P. pacificus. Using CRISPR, I then showed that double mutant knock-outs in both genes prevent two of the three morphs from being formed, including the novel morph. This strongly suggests that the mouth-form genes are functionally conserved within the diplogastrid family. Further, single mutants of these genes display diverged roles in regulation of the different morphs, suggesting dosage effects in regulation of one morph and redundancy in the other. Overall, I made a number of surprising findings in A. sudhausi and identified unexpected features that make it a potentially useful model for evaluating the evolution of novel traits.