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Bei Gliomen der ZNS-WHO-Grade 3 und 4 handelt es sich um maligne hirneigene Tumore, die nicht kurativ behandelt werden können. Daher wird aktuell intensiv nach neuen Therapiestrategien zur Verbesserung der Prognose dieser Patienten geforscht. Von Interesse ist dabei u.a. die Antikörper-Klasse der Immuncheckpoint-Inhibitoren. Unter der Behandlung mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor konnten bereits bei einer Reihe von extrakraniellen Tumoren verbesserte Überlebensdaten mit teilweise langanhaltendem Therapieansprechen verzeichnet werden. Dem Therapieerfolg zugrunde liegt eine verstärkte, gegen den Tumor gerichtete Immunantwort. Zu dieser Medikamenten-Klasse gehören PD-1-, PD-L1- und CTLA-4-Inhibitoren.
Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein Kollektiv von 22 Patienten mit erstdiagnostizierten oder progredienten Gliomen der ZNS-WHO-Grade 3 und 4, die mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab bzw. Pembrolizumab behandelt wurden, retrospektiv analysiert. Für alle 22 Patienten liegen Befunde einer somatischen Tumorpanel-Sequenzierung vor. Die dabei detektierten molekulargenetischen Veränderungen wurden mit den klinischen und bildmorphologischen Eigenschaften der Patienten korreliert. Ziel war es, Hypothesen für potentielle prädiktive Marker für Therapieansprechen bzw. -versagen zu identifizieren.
Das mediane PFS im Gesamtkollektiv lag bei 2,4 Monaten und das mediane OS bei 5,4 Monaten nach Beginn der Immuncheckpoint-Inhibition. Es erfolgte eine Einteilung in Patienten mit „früher Progression“ (63,6%) und „keine frühe Progression“ (36,4%). Im Rahmen der Untersuchung klinischer Eigenschaften fiel auf, dass unter den rasch progredienten Patienten prozentual häufiger Patienten vertreten waren, die eine hohe Tumorlast vor Therapiebeginn aufwiesen. Weiterhin waren Patienten, die bereits zuvor eine oder mehrere Progressionen erlitten hatten, prozentual häufiger rasch progredient. Jedoch fanden sich auch Patienten mit erstdiagnostizierten Gliomen und geringerer Tumorlast, die rasch progredient waren, und wiederum Patienten mit progredienten Gliomen und höherer Tumorlast, die dennoch ein längeres Überleben aufwiesen. Eine längerfristige klinische und radiologische Stabilität konnte nur vereinzelt beobachtet werden.
Eine hohe Mutationslast, die bei einigen extrakraniellen Tumoren bereits als positiver prädiktiver Marker für Therapieansprechen und Überleben unter Immuncheckpoint-Blockade beschrieben wurde, konnte im Kollektiv dieser Arbeit bei sieben Patienten (31,8%) festgestellt werden, ging hier aber nicht mit einem verbesserten Überleben einher. Der Patient mit dem mit Abstand längsten PFS (33,3 Monate) und OS (64,1 Monate) wies die geringste Mutationslast des gesamten Kollektivs auf. Alterationen der folgenden Gene waren in diesem Kollektiv mit rascher Progression unter Immuncheckpoint-Inhibition assoziiert: RB1, TP53, MDM2, MDM4, NF1 sowie NOTCH1.
Die wesentlichen Limitationen der vorliegenden Arbeit liegen in der geringen Fallzahl des Patientenkollektivs sowie dessen Heterogenität bzgl. Diagnosen, Vorbehandlung und des Krankheitsstatus (Erstdiagnose vs. Progression).
Eine Reihe von aktuellen Studien ergab, dass die Immuncheckpoint-Inhibition bei Gliomen nicht zu einem „Therapiedurchbruch“ führen wird wie bei einigen anderen Tumorentitäten. In dieser Arbeit konnte jedoch aufgezeigt werden, dass vereinzelt Gliom-Patienten von der Immuncheckpoint-Blockade profitieren, während andere Patienten wiederum durch diese Therapie im Sinne einer Hyperprogression gefährdet sein könnten. Um diese beiden Patientengruppen identifizieren zu können, fehlen bisher jedoch geeignete prädiktive Marker. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden daher für ein Kollektiv von Gliom-Patienten potentielle prädiktive Marker für die Behandlung mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor beschrieben. Diese könnten für weiterführende prospektive Therapiemonitoring-Studien interessant sein, bedürfen jedoch einer Validierung im Rahmen größerer Studien-Kohorten. |
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