Inhaltszusammenfassung:
Wissenschaftlicher Hintergrund:
Ein polytraumatisierter Patient weist in der Regel ein komplexes Verletzungsbild auf, das durch den Schwergrad der Beckenring-/Acetabulumfraktur und/oder die Begleitverletzungen bestimmt wird. Schwierig und individuell zu entscheiden ist immer die Frage des optimalen Behandlungszeitpunktes für eine definitive Frakturversorgung. Bei hämodynamisch instabilen Patienten ist eine Notfallstabilisierung der ursächlichen Fraktur mittels Beckenzwinge, C-Clamp oder supraacetabulärem Fixateur externe obligat. Im Intervall muss dann eine definitive osteosynthetische Stabilisierung erfolgen. Abhängig vom Zustand des Patienten und der chirurgischen Expertise, sollte die definitive chirurgische Behandlung innerhalb der ersten 3-5 Tage nach dem Unfall erfolgen.
Allgemein zeigt sich, dass eine verzögerte Versorgung von mehr als drei Wochen mit einem schlechteren Ergebnis in Bezug auf die Qualität der Frakturreposition verbunden ist. Dies ist relevant, da die Exaktheit der chirurgischen Reposition der Fraktur vor allem beim Acetabulum direkt mit dem Ergebnis im klinischen Outcome korreliert. Das Ziel dieser Arbeit war ein Vergleich des klinischen und operativen Outcomes bei Patienten mit isolierten Beckenringverletzungen und Acetabulumfrakturen und Patienten mit Kombinationsverletzungen von Beckenring bzw. Acetabulum und Thorax-, Schädel- Hirn- und Wirbelsäulentrauma.
Material und Methoden:
14.937 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 55 Jahren, mit Becken- und/oder Acetabulumverletzungen aus einem Zeitraum von 15 Jahren (2003 – 2017) wurden evaluiert. Bei der Datenerfassung wurden die Begleitverletzungen dokumentiert und in dieser Arbeit in 8 Subgruppen unterteilt, jeweils mit Begleitverletzungen von SHT, Thorax und Wirbelsäule.
Ergebnisse:
Durchschnittlich verbrachen die Patienten 24 Tagen in stationärer Behandlung und wiesen einen ISS-Wert von 28 auf. Im Nachuntersuchungszeitraum verstarben 7,1% (1.060) Patienten an kombinierten Ursachen. Die Patienten mit einer kombinierten Beckenringverletzung und SHT zeigten die höchste Mortalitätsrate (11,3%). Die Tranfusionsrate in den ersten 6 Stunden nach dem Unfall betrug durchschnittlich 6,5 Ek ́s. Bei Patienten mit Begleitverletzungen wurden mehr Notfallstabilisierungen durchgeführt. Ebenso wurden Patienten mit einer isolierten Beckenring- oder Acetabulumverletzung häufiger primär mit einer definitiven osteosynthetischen Stabilisierung versorgt, was aufgrund der stabilen Kreislauf-Situation häufig möglich war. 18,2% unserer Patienten entwickelten eine Komplikation während des stationären Aufenthaltes.
Fazit:
Patienten mit Kombinationsverletzungen aus Beckenring-/Acetabulumfraktur und Thorax-, Schädel-Hirn- oder Wirbelsäulentrauma zeigen höhere Komplikations- und Sterblichkeitsraten, sowie eine längere stationären Aufenthaltsdauer als isolierte Beckenring-/Acetabulumfrakturen. Die Versorgungsqualität hingegen wird durch die Begleitverletzung nicht beeinträchtigt.