Inhaltszusammenfassung:
Das Ziel dieser Untersuchung war zunächst die Seneszenzinduktion durch die HDACI Vorinostat und Trichostatin A in Zellreihen, in denen die Möglichkeit einer Seneszenzinduktion bereits gezeigt wurde, zu untersuchen und mit der extrinsischen Seneszenzinduktion durch die Zytokine IFNγ und TNFα zu vergleichen. Wir haben A204-Zellen und MCF-7-Zellen gewählt, da diese Zellen die Voraussetzung erfüllen (Rentschler et al., 2018).
Im ersten Teil dieser Untersuchung haben wir die HDACI in unseren Zelllinien etabliert, d.h. mittels eines XTT-Assays die Viabilität der Zellen in unterschiedlichen Proliferationsphasen unter Behandlung untersucht, um einen Wirkbereich festzulegen, der eine möglichst hohe Proliferationshemmung bei nur geringer Toxizität der HDACI aufweist. Anschließend haben wir die Wirkungsweise der HDACI in den Zellreihen untersucht. Hierfür haben wir die Expression der HDACs mittels Western Blot semiquantifiziert und hierbei eine starke Expression von HDAC4 und weniger ausgeprägt von HDAC7 und HDAC2 festgestellt. Eine Wirksamkeit der HDACI in diesen Zellen war also anzunehmen, da entsprechende Zielmoleküle vorhanden sind. Dabei gingen wir in der Behandlung mit HDACI von einer Vermittlung der Wirkung insbesondere über die HDACs mit einer höheren Expression aus.
Die Wirksamkeit der HDACI über die Zunahme der Acetylierung an Histonseitenketten konnte mit Hilfe einer Immunfluoreszenzfärbung gezeigt werden. Hierbei zeigte sich eine Zunahme der Acetylierung der Lysinseitenkette 9 an Histonkörper 3 (H3K9ac) durch Behandlung mit beiden getesteten HDACI. H3K9ac ist hierbei ein bekanntes Target der epigenetischen Acetylierung durch HATs. In der Behandlung mit IFNγ und TNFα konnte diese Zunahme nicht beobachtet werden. Für die Seneszenzinduktion scheint die Histonacetylierung somit nicht obligat, da IFNγ und TNFα Seneszenz auch ohne diese Zunahme induzieren können. Allerdings könnte die Histonacetylierung die Induktion der Seneszenz durch HDACI möglicherweise vermitteln.
Nachdem wir die prinzipielle Wirksamkeit der HDACI in den Zelllinien gezeigt haben, erfolgten morphologische Untersuchungen der behandelten Zellen. Hierbei konnten wir distinktive Veränderungen der Zellmorphologie, wie eine Vergrößerung des Zellkerns oder Zunahme des Zellplasmas, feststellen, die mit einem seneszenten Phänotyp assoziiert werden. Die Veränderungen zeigten sich hierbei sowohl in den mit IFNγ und TNFα als auch in den mit HDACI behandelten Zellen.
Ein wichtiges Kriterium der Seneszenz ist ein permanenter Wachstumsarrest, der auch nach der Behandlung weiterhin anhält. Wir konnten diesen mit IFNγ und TNFα erreichen, jedoch nicht in der Einzelbehandlung mit HDACI, auch wenn sich hier eine deutliche Proliferationshemmung zeigte, die sich jedoch in den weiteren Passagen ohne Behandlung wieder an die ursprüngliche Proliferationsrate anglich. Allerdings haben wir die Behandlungskonzentrationen der HDACI bewusst entsprechend des Viabilitätsassays so niedrig gewählt, dass kaum Toxizität durch Apoptose oder Nekrose der Zellen eintritt. Aufgrund der konzentrationsabhängigen Zunahme der Proliferationshemmung gehen wir von der Möglichkeit eines vollständigen Wachstumsarrests durch die HDACI in höheren Konzentrationen aus. Zudem müssen wir von der Notwendigkeit eines Zusammenspiels von Seneszenzinduktion und Apoptose zum Erreichen von konstanten Zellzahlen in jeder Passage im Sinne eines vollständigen Wachstumsarrestes ausgehen.
Der SA-beta-Galaktosidase-Assay zeigte hingegen eine deutliche Zunahme der SA-beta-Galaktosidase-Aktivität, eines etablierten Seneszenzmarkers, sowohl in der Behandlung mit HDACI als auch mit IFNγ und TNFα. Hierbei erreichten die HDACI ein ähnliches Aktivitätsniveau wie IFNγ und TNFα.
Auch die Zunahme von seneszenzassoziierten Heterochromatinfoci (SAHF) zeigte sich in der Behandlung mit den HDACI, wie auch in der Behandlung mit IFNγ und TNFα.
Dadurch sehen wir unsere Vermutung bekräftigt, dass die HDACI in unseren Zellreihen in höherer Konzentration einen seneszenten Phänotyp induzieren können.
In der weiteren Untersuchung haben wir die Kombination der Wirkung je eines HDACI mit IFNγ mit der Kombination aus IFNγ und TNFα verglichen. Die Behandlung erfolgte hierbei simultan mit IFNγ und je einem der HDACI. Wir haben zur Analyse die in der Einzelbehandlung verwendeten Methoden und Seneszenzmarker genutzt.
Die Kombination aus IFNγ und Vorinostat konnte einen vollständigen und über die Behandlung anhaltenden Wachstumsarrest erreichen und auch die Kombination aus IFNγ und Trichostatin A zeigte einen Effekt auf die Proliferationshemmung, der über die Effekte der Einzelbehandlungen hinausging. In der Betrachtung der SA-beta-Galaktosidase-Aktivität und der SAHF zeigte sich eine Zunahme in der Kombination mit IFNγ und je einem der HDACI, die mit der Kontrollbehandlung mit IFNγ und TNFα vergleichbar sind. Zudem zeigte sich eine konzentrationsabhängige Zunahme der Wirksamkeit in steigenden Konzentrationen der HDACI. Wir sehen in der Kombination von IFNγ und HDACI einen additiven Effekt auf Proliferationshemmung und Seneszenzinduktion.
Dies erklären wir durch eine IFNγ-vermittelte Aktivierung des p53/p21-Signalwegs bei zeitgleicher Induktion des p16-Signalwegs durch HDACI, welche beide über die Hemmung von Cyclinen die Aktivierung von Rb hemmen und damit zum Zellzyklusarrest und zur Seneszenzinduktion führen. Dieser synergistische Effekt ist insbesondere unter dem Kontext onkologischer Therapien bedeutend.
Zudem decken sich unsere Ergebnisse weitgehend mit bisherigen Daten, welche seneszenzinduzierende und antitumorale Effekte der HDACI in vielen Tumorzelllinien beschreiben, als auch die Verstärkung der Wirksamkeit vieler antitumoraler Substanzen durch die HDACI, wie in unserem Fall IFNγ. Die genaue Wirkungsweise der HDACI ist aufgrund des Wirkungsprofils als pan-HDAC-Inhibitoren, sowie der Beeinflussung weiterer Targets abseits der Histone, bisher nicht vollständig geklärt und kann zukünftig weiter entschlüsselt werden. Hierbei kommen HDACI ins Spiel, die spezifisch nur bestimmte HDACs inhibieren und somit die Wirkung einzelner HDACs und den Effekt durch deren Inhibition besser aufdecken können.