Inhaltszusammenfassung:
Im Zentrum dieser Arbeit stand die technische Umsetzung zur Methodenkopplung von
Röntgenbeugung und Differenzthermoanalyse. Das Ziel war es, eine DTA-Einheit zum Einbau
in ein kommerziell erhältliches Laborröntgendiffraktometer zu entwerfen, entwickeln
und diese an unterschiedlichen natürlichen und synthetischen Materialien zu evaluieren.
Aus der Literatur bekannte Apparaturen waren bisher auf Synchrotronstrahlung angewiesen
oder hatten Einschränkungen im Temperatur- oder XRD-Winkelbereich. Der in dieser Arbeit
entwickelte DTA-Messaufbau ermöglicht Messungen zwischen Raumtemperatur bis 600°C
mit Heiz-/Kühlraten zwischen 1-20 K/min. Experimente unter nicht-Raumatmosphäre und
eine Kontrolle der Atmosphärenfeuchte sind möglich. Der Winkelbereich der Röntgenbeugung
wird nur minimal eingeschränkt, es kann von 3° ��� 2��� ��� 85° gemessen werden. Die
Verwendung von Röntgenkapillaroptiken in Kombination mit einem großen 2DFlächendetektor
ermöglichen es innerhalb von 10-20 Sekunden ein Diffraktogramm mit ausreichender
Zählstatistik zur Phasenbestimmung aufzunehmen.
„1+1>2“: Durch die in-situ Kopplung von ortsaufgelöster 2-dimensionaler Mikrodiffraktion
(μ-XRD²) und Differenzthermoanalyse (DTA) entsteht ein Mehrwert, der tiefere Einblicke in
temperaturabhängige Prozesse liefert, als es bei unverschränkten ex-situ Messungen möglich
wäre. Temperaturabhängige Veränderungen in der Kristallstruktur und Kristallinität der
Probe, als auch das Wissen über Reaktionstemperaturen, Reaktionsenthalpien und Reaktionskinetik
werden simultan miteinander verknüpft und so ein tieferes Verständnis für die
ablaufenden Prozesse entwickelt.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden mit Hilfe der Methodenkopplung aus μ-XRD² & DTA in
verschiedenen Studien verschiedenste Substanzen untersucht und neue Erkenntnisse in
temperaturabhängige Prozesse gewonnen. In zahlreichen kleineren Kooperationsstudien
wurden Untersuchungen in Methodenkopplung an Gibbsit, Wavellit, Strontiumcyanurat,
Yttriumacetat und Hemicarboaluminat durchgeführt. Zur Kalibration der Methodenkopplung
wurden Analysen an Korund, Kaliumnitrat, Rubidiumnitrat, Silbersulfat und Quarz
ausgeführt und mit Literaturdaten verglichen. Die Ergebnisse der Untersuchungen an Rubidiumnitrat
zeigen deutlich das Potential der Methodenkopplung von μ-XRD2 & DTA: Durch
die Kombination von Thermischer Analyse und Röntgenbeugung können nicht nur das
DTA-Signal und die Phasenanalyse direkt miteinander verknüpft werden, sondern durch
den großen 2D-Detektor erhält man in diesem Fall einen zusätzlichen Einblick in Kristallitreifungs-
und Rekristallisationsphänomene. Dadurch können Veränderungen in der Beugungsstatistik
während des Experiments erkannt und somit Intensitätsveränderungen im
Diffraktogramm auch korrekt interpretiert werden. Ein eigenes Kapitel behandelt die Untersuchungen
am System CaSO4 - H2O. Hier spielt die Erforschung des De- und Rehydratationsverhaltens
von Bassanit, CaSO4���0,5H2O eine große Rolle. Sowohl beim Erhitzen, als auch
beim Abkühlen treten Intensitätsveränderungen und geringe Positionsshifts der Bassanitreflexe
auf und stehen mit der De- und Rehydratation des Bassanits in Verbindung. Es konnte
ein direkter Zusammenhang zwischen dem Wassergehalt und dem Betrag der Intensitätsveränderung
abgeleitet werden. Die Rehydratation von Bassanit wurde als langsamer und
kontinuierlicher Prozess beobachtet. Im Experiment konnte ein entwässerter Bassanit unter
trockenen Bedingungen auch bei Raumtemperatur konserviert werden. Wasserfreier Bassanit
ist stark hygroskopisch und rehydriert bei Raumtemperatur beim Kontakt zu feuchter
Atmosphäre spontan zurück zu Bassanit, begleitet von einer deutlich exothermen Reaktion.
Die Ergebnisse der Untersuchungen deuten darauf hin, dass Bassanit (CaSO4· xH2O) im
Gleichgewicht mit der umgebenden Atmosphäre steht und sein Wassergehalt nicht exakte
x=0,5 betragen muss. Die Verwendung des Begriffs ���-Anhydrit und die Abgrenzung als eigenständige
Phase werden in dieser Arbeit in Frage gestellt und abgelehnt; stattdessen wird
in dieser Arbeit in Bassanit und wasserfreien Bassanit im Sinne einer Wirt-Gast-Beziehung
unterschieden.
Abstract:
Aim of this work was coupling of the two methods of two- dimensional, space-resolved microdiffraction (μ-XRD²) and differential thermal analysis (DTA). The main scope was to design
and develop a DTA-unit, which is able to be implemented into a commercially available x-ray diffractometer. Method coupling setups known from literature were built either for use
at synchrotron radiation sources or were restricted concerning the temperature or XRDangular range. The in-house designed DTA-heating chamber allowed to measure between
room temperature and 600°C with common heating and cooling rates of 1-20 K/min. Experimental conditions under non-ambient atmosphere and even the regulation of the relative
humidity of the atmosphere were practiced. X-ray diffraction measurements can be performed between
3-85°2����. The use of X-ray capillary optics in combination with a large two-dimensional detector are enabling very short measurement times of around 10-20 seconds for one diffraction
pattern.
“1+1>2”: The in-situ combination of two-dimensional microdiffraction (μ-XRD²) and differential
thermal analysis (DTA) creates additional benefit, which offers deeper insight in temperature
dependent processes than with uncoupled ex-situ measurements. Temperature dependent
changes inside the sample as crystal structure and crystallinity are linked simultaneously
to reaction temperature, reaction enthalpy and reaction kinetics in order to develop
a profounder understanding of the ongoing processes.
Within this work several different substances were analyzed in coupling μ-XRD² with DTA
and new information about the temperature depending processes was gained. The studies
were performed with gibbsite, wavellite, strontium cyanurate, yttrium acetate and hemicarboaluminate.
Calibration of the method coupling analyses were conducted with corundum, potassium
nitrate, rubidium nitrate, silver sulfate and quartz which were compared to literature data.
The results of the analyses with rubidium nitrate are demonstrating the potential of the
method coupling of μ-XRD²&DTA very well: Thanks to the combination of thermal analysis
and x-ray diffraction the DTA-signal and phase analysis can be linked directly and as a surplus
the large two-dimensional detector provides additional information about crystallite
ripening and recrystallization phenomena. Thus changes of reflex intensities in the diffraction
patterns can be assigned to these effects and interpreted correctly.
The de- and rehydration of bassanite, CaSO4*0,5H2O, was part of a larger study. During heating
and cooling the diffraction patterns showed changes in reflex intensities accompanied by
small shifts of reflex positions, which correlate with de- and rehydration of the bassanite
structure. A proportional dependence between water content of the bassanite structure and
the amount of the reflex intensity change could be observed. The rehydration of bassanite
was perceived to be a slowly and continuously running process. Under dry atmosphere a
water-free bassanite structure could be preserved at room temperature. Water-free bassanite
is highly hygroscopic and a spontaneous rehydration accompanied by an obviously exothermal
reaction occurs at room temperature, when humid atmosphere is added. The results
of the conducted investigations indicate that bassanite (CaSO4*xH2O) is in equilibrium with
its surrounding atmosphere and that its water content x must not be exactly 0,5. In this work
the commonly used term “gamma-anhydrite” and its classification as a discrete phase is questioned and rejected; instead the concept of water-free bassanite is established in terms of a
host-guest-relation.