Inhaltszusammenfassung:
Das maligne Melanom steigt in der Inzidenz weiter an, so dass die Anzahl zu versorgender Patienten seit Jahren weiter zunimmt. Hierbei nimmt die Nachsorge einen großen Stellenwert ein, um Zweitmelanome in möglichst frühen Stadien – bei noch geringer Tumordicke – sowie deren Rezidive frühzeitig zu erkennen, um einen Progress zu verhindern. Die achte Version der AJCC führte eine neue Stadieneinteilung für Melanome ein. In der vorliegenden Dissertation wurde untersucht, ob sich durch die neue Klassifizierung Änderungen für das Nachsorgeschema bei Melanomen mit einer Tumordicke von bis zu 1 mm erforderlich machen. Hierzu wurden in der vorliegenden Arbeit anhand eines Datensatzes des Zentralregisters der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und ebenso der Universitätshautklinik Tübingen prognostische Faktoren und Verläufe bei dünnen Melanomen untersucht. Die Einschlusskriterien setzten sich zusammen aus invasiven, kutanen malignen Melanomen der Tumordicke ≤2.0mm, Erstdiagnose zwischen 2000-2010 mit der T-Subklassifikation T1a/T1b oder T2a und einer Nachsorgezeit (Follow-up Time) von >3 Monaten. So ergab sich ein Kollektiv aus 12.132 Patienten. Der Datensatz wurde stratifiziert nach Tumordicke, die gemäß der aktuellen Tumordickeneinteilung der AJCC klassifiziert wurde: Die drei Subgruppen <0.8mm (n=7324), 0.8-1.0mm (n=1879) und 1.01-2.0mm (n=2929) wurden hinsichtlich des Rezidivverhaltens, der Rezidivhäufigkeit, des Rezidivfreien Überlebens und des Melanomspezifischen Überlebens analysiert. Außerdem wurden Patientencharakteristika, Prognosefaktoren und Häufigkeitsverteilungen innerhalb des Kollektivs nach Tumordickeneinteilung bestimmt. Die Analysen erfolgten mittels IBM SPSS Statistics (Version 27). Statistische Methoden wie die Kaplan-Meier-Überlebensanalyse, Bestimmung der Hazard Raten und Cox-Regressionsanalysen wurden angewandt.
In der vorliegenden Studie zeigten sich Tumordicke und Ulzeration als signifikante, unabhängige prognostische Faktoren mit einem relativen Risiko von 2.1 für die Tumordicke und 3.0 für die Ulzeration in der Cox-Regressionsanalyse. Mit steigender Tumordicke ergibt sich ein Anstieg der Rezidive von 3.7% bei <0.8mm, über 9.8% bei 0.8-1.0mm, bis 15.8% bei 1.01-2.0mm. Die mediane rezidivfreie Zeit beträgt 32 Monate. In allen drei Gruppen zeigen sich lokoregionäre Metastasen als häufigste Rezidivart mit 2.7% bei <0.8mm, 7.2% bei 0.8-1.0mm und 9.9% bei 1.01-2.0mm. Eine Fernmetastasierung konnte in allen drei Gruppen seltener beobachtet werden. Das Melanomspezifische Überleben liegt in den drei Gruppen nach Tumordicke (<0.8mm, 0.8-1.0mm, 1.01-2.0mm) bis zum 5-Jahres-Zeitpunkt bei über 94%. Beim 10-Jahres-Überleben zeigt die Gruppe mit 0.8-1.0mm eine Wahrscheinlichkeit von 89.8% und die Gruppe mit 1.01-2.0mm eine Wahrscheinlichkeit von 88.1%. Das Rezidivfreie Überleben (1-10-Jahres-Überleben) liegt bei der Gruppe mit <0.8mm zwischen 91.5%-99.4%, für die Gruppe mit 0.8-1.0mm bei 81.9%-98.1% und für die Gruppe mit 1.01-2.0mm bei 74.0%-97.0%.
Hazard Raten für das Auftreten von Rezidiven zeigten bei Melanomen einer Tumordicke von <0.8mm ein ähnliches Risiko über die gesamte Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren. Patienten mit einer Tumordicke von 0.8-1.0mm zeigten in den ersten 5 Jahren nach Primärdiagnose ein erhöhtes Rezidivrisiko, das sich im Verlauf der Kurve der Melanome <0.8mm annäherte. Die Hazard Raten für MM <1.05mm ohne Ulzeration befanden sich im Bereich von 1:75 bis 1:133. Patienten mit Melanomen einer Tumordicke von 1.01-2.0mm zeigten über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum von 10 Jahren ein höheres Rezidivrisiko als die ersten beiden Gruppen mit Hazard Raten im Bereich von 1:26 bis 1:49 unter Berücksichtigung der oben genannten Überlebensdaten (RFS, MSS). Ähnliche Ergebnisse zeigten sich, wenn Ulzeration und Tumordicke zugleich berücksichtigt wurden. Ulzerierte Melanome der Tumordicke <1.05mm und nicht ulzerierte MM der Tumordicke >1.04mm zeigen ein vergleichbar hohes Risiko unter Berücksichtigung der Hazard Raten über 1:40 im 3- und 8-Jahresabstand mit ebenso vergleichbaren Überlebensdaten (RFS, MSS).
Die Veränderungen durch die Anpassung der T-Klassifikation in der aktuellen AJCC Definition mit den Tumordicken <0.8mm, 0.8-1.0mm und 1.01-2.0mm und Änderung der Zusammensetzung in den Tumorstadien IA und IB, ergaben keine Hinweise, dass eine Änderung der Nachsorge in diesen Tumorstadien angepasst werden müsste.