Inhaltszusammenfassung:
Pupillographische Verfahren wie die Chromatische Pupillenkampimetrie (CPC) werden im klinischen und Forschungs-Alltag zunehmend zur Evaluierung der Netzhautfunktion sowie des Gesichtsfelds erforscht, angewendet und etabliert. Gleichzeitig ist das Wissen über photorezeptorspezifische Summationseffekte auf die Pupillenlichtreaktion gering. Deshalb war es Ziel dieser Arbeit, diese näher zu untersuchen. Wir verfolgten die Fragestellung, welchen Einfluss zentrale und periphere Zapfen und Stäbchen auf die Pupillenlichtreaktion (PLR) haben. Dabei sollten potentielle Inhibitions- und/oder Sättigungseffekte auf die PLR detektiert werden sowie untersucht werden, ob eine lineare oder eine nichtlineare räumliche Summation der Lichtsignale erfolgt.
Die Methodik bestand aus einer Modifikation der an der Universitäts-Augenklinik entwickelten Pupillenkampimetrie, bei der über einen OLED-Monitor zapfen- und stäbchenspezifische Lichtreize verschiedener Konfiguration präsentiert werden und mittels einer Infrarotkamera und einer entsprechenden Software kontinuierlich die Pupillengröße aufgezeichnet wird. Zum Einsatz kamen zentral präsentierte, unter Helladaptation zapfen-, beziehungsweise unter Dunkeladaption stäbchenspezifische Kreisstimuli mit Radien von 3°, 5°, 10°, 20° und 40° sowie ebenfalls zentral präsentierte zapfen- und stäbchenspezifische Ringstimuli mit einem konstanten Außenradius von 40° und Innenradien von 20°, 10°, 5° und 3°. Untersucht wurden 30 gesunde Probanden im Alter von 24 ± 5 Jahren (Mittelwert ± Standardabweichung). 29 Probanden wurden in die Ergebnisauswertung miteinbezogen. Ausgewertet wurden die Parameter relative maximale Pupillenkonstriktion (relMCA), Latenz bis zum Konstriktionsbeginn (Latenz) sowie Pupillenausgangsweite vor Stimuluspräsentation (PAW).
Für die relMCA ergab sich bei Kreisstimuli für beide Photorezeptoren ein logarithmischer Zusammenhang zwischen relMCA und ansteigender Fläche beziehungsweise CFD (Corneal Flux Density), was die Ergebnisse aus der Literatur bestätigte. Ringstimuli waren in Bezug auf ihre CFD weniger effektiv im Auslösen einer relMCA als Kreisstimuli. Zwischen Ringstimuli ansteigender Fläche/CFD (= abnehmender Innenradius bei gleichbleibendem Außenradius) und relMCA ergab sich formal sowohl im zapfen- als auch im stäbchenspezifischen Protokoll ein exponentieller Zusammenhang, dieser war für Stäbchen jedoch deutlich schwächer ausgeprägt. Eine Verkleinerung des Innenradius (und damit eine Vergrößerung der zentral stimulierten Fläche) bewirkte bei Stäbchen nur einen geringen Anstieg der relMCA. Ein zentraler Stäbchenstimulus allein bewirkte hingegen eine ausgeprägte relMCA. Die relMCA, die durch rechnerische Addition der relMCAs solcher Stimuli erzielt wurde, die übereinandergelegt einen 40°-Kreisstimulus ergeben (z. B. Kreisstimulus mit Radius von 3° und Ringstimulus mit Innenradius von 3°), war für alle Kombinationen deutlich größer als die auf den 40°-Stimulus gemessene relMCA. Dies spricht gegen eine lineare räumliche Summation. Zur Erklärung des beobachteten Verhaltens der relMCAs kommen folgende Mechanismen in Frage: Zum einen für zapfenspezifische Stimuli eine Dominanz des Zentrums mit potentieller Hemmung der Peripherie bei zentraler Stimulation und für stäbchenspezifische Stimuli eine Dominanz der Peripherie mit potentieller Hemmung des Zentrums bei peripherer Stimulation. Zum anderen für beide Photorezeptoren ein Sättigungseffekt oder eine Kombination aus Sättigungseffekt mit Inhibitionseffekten.
Außerdem ergab sich für beide Photorezeptoren ein negativ logarithmischer Zusammenhang zwischen Stimulusfläche/CFD und Latenz. Das Verkleinern des
Innenradius eines Ringes bewirkte keinen signifikanten weiteren Latenzabfall. Dies spricht am ehesten für einen durch die Stimulusfläche bedingten Sättigungseffekt. Hierbei tritt die Sättigung bei Stäbchen bereits bei einer höheren Latenzzeit ein als bei Zapfen, was wahrscheinlich auf deren längere Signalprozessierungszeit zurückzuführen ist.
Die in dieser Arbeit aufgedeckten Inhibitions-/Sättigungseffekte geben Aufschluss über photorezeptorspezifisch getriggerte rezeptive Felder abhängig von der Exzentrizität der stimulierten Netzhautareale. Diese Arbeit macht auch deutlich, dass umschriebene Defekte der Netzhaut beziehungsweise des Gesichtsfelds bei Verwendung von Ganzfeld-Pupillographie der Detektion entgehen. Das heißt, dass vorhandene, relevante Skotome unentdeckt bleiben. Die Verwendung lokaler Stimuli mit Radien von ca. drei bis fünf Grad wie in der CPC wird somit als objektive Methode zur Untersuchung der Netzhautfunktion als nützlich und sinnvoll bestätigt. Weitere Untersuchungen mit den in dieser Arbeit verwendeten Kreis- und Ringstimuli, aber kleineren Stimulusradien und einer anderen Lokalisation, zum Beispiel in den Netzhautquadranten oder entlang konzentrischer Kreise, können künftig weitere Erkenntnisse zu pupillomotorischen Summationseffekten liefern.