Inhaltszusammenfassung:
In der vorliegenden retrospektiven Studie wurden 314 Patienten mit einer isolierten RS, welche im Zeitraum von 1998 bis 2019 zur Plattenbehandlung ins Universitätsklinikum Tübingen kamen, eingeschlossen. Zur Überprüfung einer möglichen Beeinflussung der Gewichtsentwicklung durch das Tübinger Therapiekonzept, insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt des Einsatzes der Platte und den Schweregrad der initialen Polygraphiebefunde, wurden Gewichtsverläufe (Z-Score-Differenzen) bis zum 15. Lebensmonat ermittelt. Insbesondere zur Geburt, zur Aufnahme und Entlassung der initialen Plattenanpassung, zum 1. Follow-up, zu den Nachuntersuchungen NU4-9 und NU9-15 sowie zur Palatoplastik wurden Z-Score-Werte berechnet. Zusätzlich wurde der Einfluss des Tübinger Therapiekonzeptes auf die Notwendigkeit einer Sondenernährung zum Zeitpunkt der Entlassung geprüft. Bei 307 Kindern wurde ein Plattenbehandlungsversuch durchgeführt, wobei dieser lediglich in 1% der Fälle (3 Kinder) aufgrund von Druckstellen, ausgeprägter Schleimbildung oder einem insuffizienten Offenhalten des Atemweges durch die Platte erfolglos blieb. Die überwiegende Mehrzahl der Fälle (84%) konnte mit einer konventionellen TPP behandelt werden. Bei 53% der beschriebenen Kinder mit RS musste die Nahrung initial vollständig oder teilweise sondiert werden. Die Fütterungsschwierigkeiten konnten durch das Tübinger Therapiekonzept, bestehend aus einer Plattenanpassung, Trinktraining und Logopädie, deutlich verbessert werden. Dementsprechend konnten 86% der Kinder mit vollständiger oraler Nahrungsaufnahme und ohne Magensonde entlassen werden. Auch bei der Gewichtsentwicklung bis zum 15. Lebensmonat konnte eine Verbesserung in den Gewichtsverläufen festgestellt werden. Es wurde eine Verschlechterung der Gewichtszunahme von Geburt bis zur Aufnahme zur initialen Plattenanpassung (Z-Score -0,28 und -1,12) und nachfolgend eine Verbesserung dieser Zunahme zwischen Entlassung von der initialen Plattenanpassung bis zur NU9-15 (Z-Score -1,17 und -0,49) festgestellt. Zur NU4-9 lag der Z-Score-Wert um 0,76 und zur NU9-15 um 0,32 niedriger als zur Geburt. Es konnte ein signifikanter Unterschied der Z-Score-Differenzen zur initialen Aufnahme zur Plattenanpassung, in Abhängigkeit vom postnatalen Alter festgestellt werden (p<0,001). Hierbei zeigten Kinder einen besseren Gewichtsverlauf, je früher die initiale Plattenanpassung postnatal erfolgte (r= -0,633). Eine früh erfolgte Plattenanpassung stellt demnach einen wichtigen prognostischen Faktor für die Gewichtsentwicklung nach Entlassung dar. Allerdings konnte bei Kindern mit einer spät erfolgten Plattenanpassung bis zur NU9-15 kein signifikanter Unterschied mehr im Gewicht zu Kindern mit früh erfolgter Plattenanpassung festgestellt werden. Dies zeigt, dass selbst bei einem späteren Therapiebeginn ein Aufholwachstum bis zum Ende des ersten Lebensjahres erreicht werden konnte. Es konnte kein Einfluss des initialen Polygraphiebefundes auf die langfristige Gewichtsentwicklung festgestellt werden. Dies ist dadurch erklärbar, dass nach der Plattenanpassung die MOAI-Werte bei 92% der Kinder einen normalen oder nur geringfügig abnormen Befund zeigten und dementsprechend der potentielle Einfluss einer erhöhten Atemarbeit auf die Gewichtsentwicklung bei der Mehrheit der Kinder reduziert werden konnte. Diese Daten legen nahe, dass RS-Kinder sowohl mit leichten als auch mit ausgeprägtem OSAS erfolgreich mit dem Tübinger Therapiekonzept behandelt werden können. Zusammenfassend konnte durch das Tübinger Therapiekonzept eine Gewichtsverbesserung von der initialen Plattenanpassung bis zur NU9-15 trotz überwiegender Entfernung der Magensonden erreicht werden. Dabei ist das Konzept wenig invasiv, komplikationsarm und im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten konnte zumeist eine kürzere Dauer des Therapieaufenthaltes festgestellt werden. Die Studie konnte eine früh erfolgte Plattenanpassung als einen wichtigen prognostischen Faktor für die Gewichtsentwicklung ermitteln.