Kongenitale Lungenmalformationen: Ergebnisse nach minimal-invasiver und konventioneller Chirurgie im Kindesalter

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/137892
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1378922
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-79243
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2023-03-09
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Lieber, Justus (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2023-02-10
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Zusammenfassung Hintergrund & Zielsetzung: Kongenitale Lungenmalformationen sind seltene, angeborene Fehlbildungen der Lunge, die mit Hilfe von pränatalen Ultraschalluntersuchungen heutzutage häufig bereits während der Schwangerschaft diagnostiziert werden können. Die Detektion allein lässt jedoch keine Aussage über den weiteren Verlauf nach Geburt zu. Postpartal variieren die klinischen Symptome zwischen asymptomatischen und lebensbedrohlichen Zuständen. Allerdings bestehen auch bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten relevante Risiken für rezidivierende respiratorische Infektionen, chronische Lungenerkrankungen und eine maligne Transformation im weiteren Lebensverlauf. Daher wird die Behandlung von asymptomatischen Patientinnen und Patienten mit kongenitalen Lungenmalformationen nachgeburtlich kontrovers diskutiert. Das Ziel der Arbeit ist die Analyse von prä- und postpartaler Diagnostik, Indikationsstellung zur Therapie, Art und Technik der Behandlung sowie Ergebnissen bei Kindern mit kongenitalen Lungenmalformationen unter Berücksichtigung von Änderungen und Optimierungen der Vorgehensweisen über den Verlauf des Untersuchungszeitraumes. Methodik: Es wurden retrospektiv Daten von Patientinnen und Patienten analysiert, die von März 2002 bis Dezember 2019 in der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen aufgrund einer kongenitalen Lungenmalformation operativ behandelt wurden. Zur spezifischen Analyse und statistischen Auswertung wurden die Patientinnen und Patienten in zwei Gruppen unterteilt: Patientinnen und Patienten, die minimal-invasiv operiert wurden und Patientinnen und Patienten, die konventionell offen-chirurgisch operiert wurden. Ergebnisse: Im angegebenen Zeitraum wurden 76 Patientinnen und Patienten mit angeborenen Lungenfehlbildungen in die Arbeit inkludiert. Bei diesen fand sich als häufigste Entität eine CPAM (48,7%) gefolgt von der bronchopulmonalen Lungensequestration (17,1%). Weitere Fehlbildungen waren die bronchogene Zyste (11,8%), das kongenitale lobäre Emphysem (10,5%), die Hybridläsion 65 (4%), das Mittellappensyndrom (4%) die Lungenzyste (2,6%) sowie der akzessorische Lungenlappen (1,3%). Die Seitendifferenzierung der Fehlbildung war rechts zu links 55,3% : 44,7%. Bei 72,6% der Patientinnen und Patienten konnte die Fehlbildung bereits pränatal detektiert werden. Ab 2011 wurde in 12,7% der Fälle die präpartale Diagnostik um eine intrauterine Magnetresonanz- Tomographie ergänzt. Es zeigte sich eine Zunahme in der pränatalen Detektion kongenitaler Lungenmalformationen. Postpartal entwickelten 47,4% der Patientinnen und Patienten eine klinische Symptomatik. Am häufigsten waren dies rezidivierende Infektionen und Pneumonien (50%) sowie ein erhöhter Sauerstoffbedarf (41,7%). Insgesamt bekamen 98,6% der Patientinnen und Patienten als präoperative Bildgebung eine Computer-Tomographie. Bei 86,4% der Patientinnen und Patienten wurde ausschließlich eine Computer-Tomographie des Thorax gewählt. Im Verlauf des Untersuchungszeitraumes wurden Patientinnen und Patienten zunehmend mittels thorakaler Magnetresonanz-Tomographie untersucht. Die Untersuchung erfolgte zunächst unter Sedierung und später in feed-and-sleep-Technik, die keine Sedierung/Narkose erfordert. Alle Patientinnen und Patienten wurden operiert. Hierbei handelte es sich in 53 Fällen um thorakoskopische Eingriffe und in 23 Fällen um konventionelle Thorakotomien. Insgesamt wurden 61 anatomische Resektionen (80,3%) und 15 nicht-anatomische Resektionen (19,7%) durchgeführt. Die anatomischen Resektionen verteilten sich auf 58 Lobektomien (am häufigsten der Unterlappen) und drei Segmentektomien. Nicht-anatomisch wurden am häufigsten die Lungenzyste und die bronchopulmonale Lungensequestration reseziert. Am häufigsten wurden die Operationen elektiv durchgeführt (76,3%), bei 10,5% der Patienten bestand eine aufgeschobene Dringlichkeit (innerhalb der ersten drei Lebensmonate) und bei 13,2% wurde eine Notfalloperation durchgeführt. Alle Notfälle wurden konventionell offen-chirurgisch operiert und elektive Eingriffe wurden überwiegend minimal-invasiv durchgeführt (81%). Im Gesamtkollektiv befanden sich 14 Neugeborene; von diesen wurden drei minimal-invasiv operiert (5,7% aller Patientinnen und Patienten) und elf konventionell operiert (47,8%). 66 Die Patientinnen und Patienten mit minimal-invasiven Eingriffen waren im Median älter als die konventionell operierten Patientinnen und Patienten (5,2 vs. 1,2 Monate; p = 0,18) und schwerer (9,5 vs. 6,9 kg; p = 0,45). Die minimal-invasiven Eingriffe dauerten im Durchschnitt signifikant länger als die konventionellen Eingriffe (161,2 vs. 105 Minuten; p = 0,02). Die Konversionsrate bei minimal- invasiven Eingriffen betrug 14,5%, allerdings sank die Rate in den letzten fünf Jahren des Untersuchungszeitraumes auf 8,7%. Als Risikofaktoren für eine Konversion konnten vorausgegangene Pneumonien (55,6%), Blutungen, die meist aufgrund von anatomischen Varianten erfolgten (33,3%) und anästhesiologische Schwierigkeiten (11,1%) isoliert werden. Im postoperativen Verlauf fanden sich folgende Unterschiede zwischen minimal- invasiv und konventionell operierten Patientinnen und Patienten: Nach minimal- invasiven Eingriffen war die Verweildauer einer Thoraxdrainage kürzer (5 vs. 6,1 Tage; p = 0,35), die Dauer der mechanischen Beatmung signifikant kürzer (0,5 vs. 2,3 Tage; p < 0,001), die Verweildauer auf der Intensivstation signifikant kürzer (1,6 vs. 5,2 Tage; p < 0,001) und auch die Hospitalisierungszeit signifikant kürzer (7,9 vs. 12,9 Tage; p = 0,02). Ferner fand sich nach minimal-invasiven Eingriffen eine geringere Komplikationsrate (30,2% vs. 52,2%). Im Speziellen trat nach der Klassifikation von Dindo und Clavien nach minimal-invasiver Chirurgie häufiger eine Komplikation Grad I (9,4% vs. 4,3%) auf. Nach minimal-invasiver Chirurgie traten seltener Komplikationen von Grad II (13,2% vs. 30,4%) und von Grad III (7,5% vs. 17,4%) auf. Komplikationen von Grad IV oder V traten nicht auf. Die letzte Nachkontrolle der Patientinnen und Patienten erfolgte im Durchschnitt nach 34 Monaten (0,3-186). Bei dieser waren 92% der minimal- invasiv und 66,7% der konventionell operierten Patientinnen und Patienten beschwerdefrei. Bei letzteren konnten Beschwerden vor allem auf Rippenfusionen (22,2%) und Thoraxwand-Asymmetrien (16,7%) zurückgeführt werden. Bei allen Patientinnen und Patienten konnte abschließend eine histologische Diagnose gestellt werden. Diese fand sich in 92,1% mit der präoperativen CT-Diagnose übereinstimmend. Fazit: Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Behandlung kongenitaler Lungenmalformationen heutzutage bereits mit der pränatalen Diagnostik beginnt. 67 Neben der etablierten Sonographie werden mit zunehmender Häufigkeit fetale Magnetresonanz-Tomographie-Untersuchungen durchgeführt, allerdings ist eine sichere Prädikation zum Verlauf nicht möglich. Die operative Therapie angeborener Lungenfehlbildungen indiziert sich über das Risiko rezidivierender Lungeninfektionen, das Entstehen chronischer Lungenerkrankungen sowie die sowie die Möglichkeit der malignen Entartung, auch wenn die Patientinnen und Patienten postpartal asymptomatisch sind. Als sichere Behandlungskonzepte bei kongenitalen Lungenmalformationen haben sich sowohl die minimal-invasive als auch die konventionelle Chirurgie gezeigt. Vorteile der minimal-invasiven Chirurgie sind kürzere Beatmungszeiten, eine kürzere Verweildauer der Thoraxdrainage, geringere Komplikationsraten sowie kürzere Intensiv- und Krankenhausaufenthaltsdauern. Es zeigte sich eine Lernkurve für die minimal- invasive Vorgehensweise, die sich an der Abnahme der Konversionsrate im zeitlichen Verlauf messen lässt. Um Risiken zu minimieren, ist die Intervention bei kongenitalen Lungenmalformationen frühzeitig elektiv und vorzugsweise minimal-invasiv durchzuführen. Bei postpartal rasch zunehmend symptomatischen Patientinnen und Patienten ist in der Notfallsituation die konventionelle Chirurgie weiterhin das Mittel der Wahl.

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