Die Dissertation ist gesperrt bis zum 15. Februar 2025 !
Die bakterielle Zelle ist von einer schützenden Zellwand umgeben, welche sie von ihrer Umgebung abschirmt und als Gegenkraft zum intrazellulären Turgor wirkt. Der bakterielle Lebenszyklus aus Zellwachstum und -teilung erfordert eine ständige Anpassung der Zellwand, genauer gesagt ihrer Kernstruktur, des Peptidoglykans. Während dieser Umstrukturierungsprozesse werden Bestandteile des Peptidoglykans freigesetzt. Viele Bakterien haben Strategien zur Wiederverwertung von Zellwandzuckern und -peptiden entwickelt, um den Verlust von Ressourcen zu kompensieren. In Bacillus subtilis umfasst die Wiederverwertung des Aminozuckers N-Acetylmuraminsäure (MurNAc) die Bildung von MurNAc-6P, gefolgt von der intrazellulären Umwandlung in GlcNAc-6P durch die Etherase MurQ. GlcNAc-6P kann schließlich über weitere Zwischenschritte entweder in die Peptidoglykansynthese oder in die Glykolyse eingeführt werden. Staphylococcus aureus und das gramnegative Bakterium Escherichia coli verfügen über homologe Enzyme, die die Gewinnung von extrazellulärem MurNAc ermöglichen. Beide Organismen setzen jedoch andere Fragmente des Peptidoglycans als B. subtilis frei. Während in E. coli Disaccharide mit daran gebundenen Peptiden freigesetzt und wiederverwertet werden, ist über den Wiederverwertungsprozess in S. aureus wenig bekannt.
In S. aureus werden während der Autolyse offenbar eher Disaccharide als Monosaccharide produziert, und MurNAc-GlcNAc als Hauptumsatzprodukt freigesetzt. Die vorliegende Arbeit stellt diese Tatsache in den Kontext des MurNAc-Recyclingweges.
In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass der PTS-Transporter MurP nicht nur der Aufnahme des Monosaccharids MurNAc dient, sondern auch die Aufnahme und Phosphorylierung des Disaccharids MurNAc-GlcNAc bewerkstelligt. Das entstehende MurNAc-6P-GlcNAc ist jedoch kein direktes Substrat für die Etherase MurQ. In S. aureus umfasst das MurNAc-Recycling-Operon ein zusätzliches Gen, dessen theoretisches Translationsprodukt weder in E. coli noch in B. subtilis eine Entsprechung hat. Hier wurde gezeigt, dass das Gen für eine Phosphomuramidase kodiert, welche das Disaccharid MurNAc-6P-GlcNAc in MurNAc-6P und GlcNAc spaltet. Entsprechend wurde das Enzym MupG (für MurNAc-6P-Glycosidase) genannt. Das von MupG produzierte MurNAc-6P wird anschließend von MurQ prozessiert. MupG stellt somit eine Anpassung des MurNAc-Recyclingweges an die Bedürfnisse von S. aureus dar. MupG ist der erste charakterisierte Vertreter einer Proteinfamilie, die die Domäne mit unbekannter Funktion DUF871 enthält.
Bakterien haben nicht nur für Zellwandzucker, sondern auch für Zellwandpeptide Wiederverwertungsstrategien entwickelt. E. coli importiert Zellwandpeptide über einen ABC-Transporter und verarbeitet sie intrazellulär in mehreren Schritten. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass B. subtilis Enzyme kodiert, die den Abbau auf ähnliche Art und Weise ermöglichen. Die γ-d-Glu-meso-Dpm-Endopeptidase YkfC hydrolysiert unverzweigte und verzweigte Zellwandpeptide in l-Ala-d-Glu und Dpm-haltige Reste. Das Dipeptid kann nach Epimerisierung zu l-Ala-l-Glu weiter verstoffwechselt werden. Im Gegensatz zu E. coli, liegt meso-Dpm in B. subtilis fast ausschließlich amidiert vor. Diese Besonderheit erfordert die Aktivität von DppA, welches meso-Dpm deamidiert und dadurch YkfA ermöglicht, die ld-Bindung zwischen meso-Dpm und d-Ala in den Dpm-haltigen Resten zu spalten. Das Endprodukt meso-Dpm dieses sequenziellen Abbaus, kann schließlich in der Peptidoglykansynthese wiederverwendet werden.
Zusammengefasst, ermöglichen diese Ergebnisse weitere Einblicke in den grundlegenden Wiederverwertungsprozess der bakteriellen Zellwand. Sie zeigen auch, dass grampositive Bakterien, obwohl sie keine äußere Membran besitzen und daher nicht in der Lage sind, Zellwandumsatzprodukte in einem Periplasma zurückzuhalten, ähnliche Strategien zur Wiederverwertung von Zellwandzuckern und -peptiden anwenden wie gramnegative Bakterien.