Inhaltszusammenfassung:
Seltene und schwere neurologische Erkrankungen im Kindesalter beeinträchtigen nicht nur die Lebensperspektive der Patienten, sondern auch deren Bezugspersonen und Familien stark. Das Ziel dieser Arbeit war es, die Auswirkungen solcher Erkrankungen auf die Familie, insbesondere auf die Lebensqualität und Lebensperspektiven der Eltern, aber auch auf den Alltag der Familien, am Beispiel zweier Erkrankungen zu untersuchen, die in den letzten Jahren hinsichtlich Symptomatik und Verlauf gut beschrieben wurden: Die Metachromatische Leukodystrophie und die Pontocerebelläre Hypoplasie Typ 2. PCH 2 ist eine primäre schwere Entwicklungsstörung, während sich Kinder mit MLD zunächst normal entwickeln und dann progressiv verschlechtern.
Unter Verwendung eines semi-standardisierten Fragebogens wurden von 43 Familien mit Kindern, die an MLD (n = 30) oder PCH 2 (n = 19) erkrankt waren, Daten zum Schweregrad der Erkrankung/Symptome, zur familiären Unterstützung und zur Betreuungssituation sowie zu den Lebensumständen nicht betroffener Geschwister und der Arbeitssituation der Eltern erhoben. Zusätzlich wurde die Lebensqualität der Eltern und die allgemeine Funktionsfähigkeit der Familie anhand des PedsQL™ Moduls zu Auswirkungen auf die Familie (Varni et al., 2004) abgeschätzt. Die Ergebnisse für Letzteres wurden mit veröffentlichten Daten von Familien mit Kindern ohne chronische Erkrankung mittels t-Test für unabhängige Stichproben verglichen. Potenzielle Einflussfaktoren, die die PedsQL™ FIM-Werte beeinflussen, wurden mittels Spearman’schen Rangkorrelation analysiert.
Eltern von Kindern mit MLD und PCH 2 berichteten über eine signifikant schlechtere HRQOL im Vergleich zu Eltern gesunder Kinder (p < 0,001). Mütter zeigten eine signifikant schlechtere HRQOL (p < 0,05) und waren signifikant unzufriedener mit ihrer beruflichen Entwicklung (p < 0,05) als Väter, und zwar in Bezug auf die Erkrankung ihres Kindes. Weder die Form der Erkrankung („primär“ symptomatische PCH 2 oder „sekundär“ symptomatische MLD) noch der Schweregrad der Erkrankung des Kindes (in Bezug auf Grobmotorik und Sprachfunktion) hatten einen spezifischen Einfluss auf die HRQOL der Familien. Allerdings wurde die Zeit der Diagnosefindung und fortgeschrittene Symptome im Endstadium der Erkrankung als besonders belastend erlebt.
Diese Arbeit verdeutlicht, dass MLD und PCH 2 insbesondere die Mütter, aber auch die gesamte Familie belasten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer personalisierten Betreuung und Beratung von Eltern und Familien, insbesondere nach der Diagnose und im Endstadium bei einem Kind mit einer schweren, seltenen chronisch-neurologischen Erkrankung.