Inhaltszusammenfassung:
Die letzten Jahrzehnte waren Zeuge eines beträchtlichen Forschungsaufwands in der
Materialwissenschaft der organischen Halbleiter, welcher zu einem enormen Fortschritt
im Bereich der organischen elektronischen Bauteile geführt hat. Hocheffiziente organische
Leuchtdioden (OLEDs) haben Marktreife erreicht und sind dabei, der Standard in der
Displaytechnologie zu werden. Auch organische Photovoltaikzellen (OPVs) eröffnen einzigartige
Vorteile gegenüber ihren anorganischen Gegenstücken. Besonders die Möglichkeit
chemisch die strukturellen, optischen und elektronischen Eigenschaften den Bedürfnissen
anzupassen, macht organischen Halbleiter auch in Zukunft zu vielversprechenden Materialien
für verschiedenste (opto-)elektronische Anwendungen.
Während frühe Bauteile aus nur einer aktiven Lage zwischen zwei Elektroden aufgebaut
waren, weisen moderne und effizientere Bauteile mehrere übereinandergeschichtete
Lagen verschiedener organischer Materialien auf. Die Funktionalität dieser komplexen
Heterostrukturen leitet sich großteils von der relativen Angleichung der Energie von
Molekülorbitalen einer Lage in Beziehung zur Molekülorbitalenergie in allen anderen
ab. Dabei spielen besonders die Energien der höchsten besetzten Orbitale (HOMOs,
engl.: highest occupied molecular orbitals) und die der niedrigsten unbesetzten Orbitale
(LUMOs, engl.: lowest unoccupied molecular orbitals) eine Rolle. Trotz der signifikanten
Relevanz für technologische Anwedungen und trotz des ungebrochenen wissenschaftlichen
Interesses, fehlt bis heute ein Modell, welches diese Energieniveauanpassung an organischen
Grenzflächen zuverlässig und quantitativ vorhersagen kann.
Ein Grund für die komplizierten elektronischen Eigenschaften organischer Materialien
im Allgemeinen und für Heterostrukturen im Besonderen liegt in ihrer strukturellen
Komplexität. Organische Moleküle bilden meist polykristalline Filme, in denen die Bestandteile
durch relativ schwache van-der-Waals-Wechselwirkungen zusammengehalten
werden. Zusammen mit der anisotropen molekularen Form führt dies zu Dünnfilmstrukturen
und Filmmorphologien, welche hochgradig anisotrop sind und vom Substrat, sowie
von den gewählten Wachstumsgegebenheiten abhängen.
Vor einigen Jahren wurde ein Modell, welches die strukturellen Eigenschaften - besonders
im Hinblick auf die strukturellen Defekte der Filme - mit der elektronischen Energieniveauangleichung
in Verbindung bringt, vorgeschlagen. Verantwortlich für eine
Verschiebung sind dabei zusätzliche elektronische Zustände innerhalb der Energielücke
zwischen HOMO und LUMO. Diese sogenannten Lückenzustände (engl. gap states)
entstehen dabei durch kleine Abweichungen der Moleküle aus ihrer optimalen Lage,
welche die Energielandschaft empfindlich stören können. Abhängig von der relativen
Position der HOMO- und LUMO-Niveaus, sowie der dazugehörigen Lückenzustandsdichte
zur Fermienergie des Substrates werden Elektronen entweder zum oder vom Substrat
übertragen und führen zu den oben beschriebenen Verschiebungen der Energieniveaus.
Da die Lückenzustandsdichte mit strukturellen Parametern korreliert ist, lassen sich also
auf diesem Wege elektronische Eigenschaften kontrollieren.
Der spezifische Ursprung der Lückenzustände und ihre Auswirkung auf die Energieniveauangleichung
in organischen Dünnfilmen einzelner Komponenten sowie in komplexeren
(planaren) Heterostrukturen ist das Hauptthema dieser Arbeit.